Hamburg. Das Kunstspiel zum Mitmachen – jeden Montag im Abendblatt. Heute: Max Ernst „Ein schöner Morgen (Un beau matin)“.

Als Max Ernst (1891–1976) im Jahr 1965 sein Bild „Ein schöner Morgen (Un beau matin)“ malte, hatte er auch einen Kollegen im Sinn. Der große Roman­tiker Philipp Otto Runge hatte 1808 ein Bild gemalt, das er „Der Morgen“ nannte (das ebenfalls in der Kunsthalle gezeigt wird und das hier an gleicher Stelle vor einer Woche besprochen wurde). Wollte Runge mit seiner Kunst die christliche Kunst erneuern, will Ernst mit seinem Bild den Weg zum Erleben des Wunderbaren ebnen.

"Ein schöner Morgen (Un beau matin)" von Max Ernst. © © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk © VG Bild-Kunst, Bonn Foto: Elke Walford

Ernsts Bild wird von zwei großen Farbflächen dominiert. Natürlich verzichtet der Meister des deutschen Surrealismus’ auf Elemente realistischer Naturdarstellung. In der oberen gelben Farbfläche, man könnte sie als Himmelszone auffassen, experimentiert er mit der Technik. Mit Ölfarbe und Spachtel hat er hier die Struktur eines Parkettfußbodens durchgepaust. Grattage nennt man diese von ihm erfundene und an die Frottage angelehnte Technik.

Kunsthalle Hamburg: Ernst verrätselte seine Bilder

Im Zen­trum dieser Fläche findet man ein blaues Quadrat, vielleicht die Sonne. Von dem Quadrat gehen einige Kraftlinien aus – verfremdete Strahlen? Eine eindeutige Bestimmung ist wie fast immer bei Ernst, nicht möglich.

Der Künstler hat seine Bilder konsequent verrätselt. Auch unter der unteren orangeroten Fläche lassen sich Strukturen erahnen. Dagmar Lott-Reschke hat über das Bild geschrieben, dass hier die subversive Technik surrealistischer Identitätsverschiebung die Umkehr der herrschenden Verhältnisse ermögliche: „Banales wird erhaben, Materielles immateriell, alles verbindet sich in kosmischer Einheit.“

Der in Brühl geborene Ernst war mit August Macke, Hans Arp und Robert Delauney befreundet. Im Ersten Weltkrieg meldet er sich freiwillig. Nach Kriegs­ende wurde er Leiter der Kölner Dada-Gruppe. Die Nationalsozialisten zeigten zwei Ernst-Bilder in der Ausstellung „Entartete Kunst“. Er emigrierte in die USA und war mit Peggy Guggenheim verheiratet. „Die Nacktheit der Frau ist weiser als die Lehre der Philosophen“, soll er gesagt haben. Nach dem Kriegs­ende lebte er in der Provence.