Hamburg. Die Vollsperrung von Wellingsbüttler Weg und Landstraße ist vom Tisch. Der Hamburger Senat würdigt die Bürger-Proteste und plant neu.

Der Senat rudert zurück: Die geplante Großbaustelle an Wellingsbütteler Landstraße und Wellingsbütteler Weg wird verschoben. Sie wäre nach den bisherigen Ansagen aus Umwelt- und Verkehrsbehörde ab Frühjahr 2022 auf eine gut fünf Jahre lange Vollsperrung der beiden Straßen hinausgelaufen und hätte weite Teile des Alstertals samt zweier Nahversorgungszentren isoliert.

„Die Umweltbehörde und die Verkehrsbehörde haben sich im Austausch mit den Anwohnenden und den Gewerbetreibenden vor Ort davon überzeugt, dass die bislang geplante Sperrung für den Durchgangsverkehr zu einer übermäßigen Belastung führt. Sie haben deswegen entschieden, die Planung noch einmal zu überarbeiten“, erklärte die Umweltbehörde dem Abendblatt.

Verkehr Hamburg: Keine Vollsperrung im Alstertal

Mitte November hatten die Bürgerinitiativen zu einer Informationsveranstaltung über die Umleitungspläne eingeladen, zu der auch Vertreter der Umweltbehörde und des Baustellenkoordinierers Hamburg Wasser gekommen waren. An diesem Abend hätten die Senatsvertreter „sehr viel mitgenommen“ und nach Abwägung der komplexen Gemengelage entschieden, die Planung ganz neu aufzusetzen, erklärte die Behörde. Ein neuer Termin für den Start der Baumaßnahme stehe noch nicht fest.

Die Umweltbehörde ist federführend bei der von der Vorgängerregierung übernommenen Planung von 2019, weil die Straße wegen des maroden Mischwassersiels aufgegraben werden muss. Die Auswirkungen des Sielbaus sind allerdings in erster Linie verkehrlicher Art.

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne): „Es führt kein Weg daran vorbei, die alten Leitungen zu sanieren. Die Herausforderungen vor Ort sind komplex: Es geht um die störungsfreie Grundversorgung mit Wasser, Strom und Gas, um die besondere Verkehrssituation und den Schutz wertvollen alten Baumbestands. Wir wollen einen besseren Ausgleich der einzelnen Anliegen erreichen.“

Tjarks: „Wir nehmen die Sorgen und Anregungen der Menschen vor Ort sehr ernst“

Ähnlich äußerte sich Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne), der von einem „herausfordernden, engen Raum in Insellage mit schützenswerten Straßenbäumen“ sprach. „Wir nehmen die Sorgen und Anregungen der Menschen vor Ort sehr ernst.“

Die betroffenen Stadtteile Klein Borstel und Wellingsbüttel liegen zwischen den Grüngebieten Alstertal und Ohlsdorfer Friedhof. Mit der gut vier Kilometer langen Vollsperrung von Wellingsbütteler Weg und Landstraße müsste jeder Autofahrer, der von dieser „Insel“ in Richtung City strebt, die Grüngebiete weiträumig umfahren.

Eine wechselnde Einbahnstraßen­regelung wie an der Elbchaussee wurde bislang unter Hinweis auf die alten Bäume abgelehnt. Ebenso die erneute Öffnung des Friedhofs für den Durchgangsverkehr. In Sachen Bäume musste die Umweltbehörde einräumen, dass mehr als die Hälfte von ihnen Rosskastanien sind, denen die Experten der Behörde den unabwendbaren, baldigen Tod durch die Miniermotte vorausgesagt haben.

Forderungen: Öffnung des Friedhofs und Einbahnstraßenregelung

Offen ist, wie sich der Lieferverkehr für die gut 50 Läden und Betriebe durch die engen Wohnstraßen bewegen soll und wo die Laternenparker bleiben. Die Geschäftsleute fürchten, dass die Läden an den Bahnhöfen Wellingsbüttel und Kornweg nach fünf Jahren Abriegelung „nicht mehr da sein“ werden.

Als Ersatzwege in die Stadt stehen im Wesentlichen nur die umständlich zu erreichende Alte Landstraße und die Saseler/Bramfelder Chaussee offen. Letztere aber wird selbst Engpass: 2022 soll der Bau der U 5 starten, und der in offener Baugrube zu errichtende Bahnhof Bramfelder Dorfplatz würde die Situation im Alstertal zusätzlich verschärfen.

Die Alstertaler fordern eine Öffnung des Friedhofs und mehrheitlich eine Einbahnstraßenregelung für Wellingsbütteler Weg und Landstraße.