Hamburg. In der Hansestadt dürfen nur noch Geimpfte und Genesene vor Ort shoppen. Wie das klappt und welche Ausnahmen es gibt. Ein Rundgang.

In dem kleinen Laden für Schals und Mützen im Hauptbahnhof ist die Kontrolle der neuen Regeln für den Handel offenbar kaum umzusetzen. Eine Mitarbeiterin steht hinten an der Kasse, sonst ist kein Angestellter zu sehen. Die Kunden können am Schild mit dem 2G-Hinweis ungehindert vorbei in das Geschäft gehen und die Handschuhe ausprobieren, die bei den Temperaturen draußen allmählich sinnvoll werden.

Bei Stichproben des Abendblattes am gestrigen Montag waren solche Schludrigkeiten allerdings die Ausnahme. Die große Mehrheit der Kaufleute hat die 2G-Regeln kontrolliert, also den Zutritt auf Genesene und Geimpfte beschränkt. Zudem gaben sich die Kunden kooperativ und zeigten meist schon das Handy mit dem Zertifikat und den Personalausweis, bevor sie danach gefragt wurden.

Einzelhandel Hamburg: Bändchen soll Einkaufen erleichtern

Eine Erleichterung beim Einkaufen sollen zudem die Bändchen fürs Handgelenk bringen, die in diesen Tagen etwa bei der Europapassage ausgegeben werden. Am Montag waren es grüne Papierstreifen, die Passanten in der Passage am Jungfernstieg gegen Vorlage ihres Impf- und Personalausweises bekommen konnten. Mit diesem Nachweis ist es möglich, bei allen teilnehmenden Shops einzukaufen, ohne nochmals das Impfzertifikat vorzeigen zu müssen.

Inwieweit diese für Verbraucher und Geschäfte komfortable Praxis in größerem Umfang umgesetzt werden kann, ist noch unklar. „Gestartet ist die Ausgabe der Bändchen in den Shoppingcentern“, sagte Brigitte Nolte vom Handelsverband Nord. Nun gehe es darum, das Verfahren auszuweiten und allen Händlern und Kunden bekannt zu machen.

Organisation für die ganze Stadt wäre schwierig

„Ob es möglich sein wird, dass ein einmal erworbener Zugangsberechtigungsnachweis an dem Tag in der ganzen Stadt gilt, ist derzeit fraglich. Das müsste ja privatwirtschaftlich organisiert werden, was für die gesamte Stadt schwierig ist“, verweist Brigitte Nolte auf die Herausforderungen des Systems. Dennoch versuche der Verband nun, die Interessengemeinschaften auch in anderen Quartieren für diese Lösung zu gewinnen. Auch die Business Improvement Districts könnten und wollten dies umsetzen, ergänzte die Geschäftsführerin des HV Nord über die entsprechend organisierten Einkaufszonen etwa am Neuen Wall oder am Großen Burstah.

„Wir klären gerade mit dem Senat noch einmal die Bedingungen für die Ausgabe der Bändchen, bevor wir in die weitere Planung einsteigen können“, ergänzt Brigitte Engler vom City Management Hamburg, der Dachorganisation der Interessengemeinschaften der Innenstadt und der HafenCity.

Bestimmungen bisher noch verwirrend

Doch nicht nur die Handhabung der Kontrolle, sondern auch die geltenden Bestimmungen werfen noch einige Fragen auf. So lässt ein Seifenshop in der Spitalerstraße die Kunden unkontrolliert herein, mit Verweis auf den Status als Drogerie, und damit Laden des täglichen Bedarfs, der auch für Ungeimpfte nach wie vor geöffnet ist. Gegenüber hängt beim Laden von Yves Rocher, in dem Shampoo und Bodylotion verkauft werden, ein Schild mit dem 2G-Hinweis.

Auf der Uhlenhorst bedient der Verkäufer eines Computer- und Handyladens auch Ungeimpfte. Schließlich seien Smartphones und anderes technisches Equipment ja lebensnotwendig, argumentiert der junge Mann hinter dem Tresen, wohl mit Blick auf viele Zeitgenossen, die ohne das Smartphone tatsächlich aufgeschmissen wären. Zugleich hält sich der Telekom-Shop in der Nähe des Hauptbahnhofs an 2G.

Schleswig-Holstein führt stichprobenartige Kontrollen durch

Die Konfusion angesichts der aktuellen Regeln beobachtet auch Brigitte Nolte. In den ersten Tagen mit den neuen Bestimmungen herrsche noch große Unsicherheit bei den Händlern. „Welche Geschäfte fallen unter die 2G-Regelung und welche nicht? Wie gehen wir mit Attesten um? Wie mit den gelben Impfausweisen, die insbesondere viele ältere Kunden noch vorlegen?“, zählt die Branchenexpertin die offenen Fragen auf, die angesichts des Corona-Flickenteppichs in Deutschland immer wieder neu und unterschiedlich zu beantworten sind. So reichen dem Nachbarland Schleswig-Holstein im Handel stichprobenartige Kontrollen. „Das entlastet die Händler zwar nicht von ihrer Verantwortung, macht den Aufwand aber erträglicher“, findet Brigitte Nolte.

Mit dem grünen Band können Kundinnen und Kunden in der Europa-Passage shoppen. Abendblatt-Praktikantin Emilia Schäffer machte den Test.
Mit dem grünen Band können Kundinnen und Kunden in der Europa-Passage shoppen. Abendblatt-Praktikantin Emilia Schäffer machte den Test. © M. Hernandez

Der Test des Abendblatts zeigt indes, dass viele Kaufleute in Hamburg die Regeln gewissenhaft kontrollieren und auch befürworten. „Es gibt keine Probleme“, findet die Inhaberin eines Handarbeitsladens im Osten der Stadt. Die geltende Praxis sei besser als ein erneuter Lockdown. „Jetzt ist es einfacher als früher mit der Luca-App und der Nachverfolgung der Kontakte“, ergänzt eine Verkäuferin bei Görtz in der Innenstadt.

Keine langen Schlangen im Alstertal-Einkaufszentrum

Auch im Norden Hamburgs, im Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ), ist die Lage recht entspannt. Eine Schlange von knapp zehn Personen hat sich vor Kaufhof gebildet. Der Corona-Türsteher scannt das Impfzertifikat in der CovPass-App. Dann folgt der Blick auf den Personalausweis – und der Weg in das Geschäft im AEZ ist frei. „Danke dir, viel Spaß noch“, wünscht der Kontrolleur am Eingang. Dem Shopping-Erlebnis im 2G-Status steht nichts mehr entgegen.

An vielen Geschäften hängen Hinweise auf 2G. Mitunter scheint das anhand der Zielgruppe schwierig. So weist beim Kinderschuhladen Görtz ein Schild explizit auf diese gesetzlich vorgeschriebene Regelung hin. Für Kinder unter zwölf Jahren gibt es aber keine Impfung. Ein zweites Schild weist auf die Distanzpflicht von 1,50 Meter hin. „Das Personal wird Ihnen beim Messen der Füße und beim Probieren der Schuhe mit Abstand zur Seite stehen. Den direkten Kontakt zu den Kindern haben bitte nur Sie persönlich“, steht dort geschrieben.

Nur wenige Kunden reagieren gereizt

Bei den Modehäusern Anson’s und Peek & Cloppenburg wird der Impfnachweis ebenfalls schnell gescannt und freundlich an das Vorzeigen des Personalausweises erinnert. Im Großen und Ganzen funktioniere es reibungslos, nur wenige seien gereizt, sagt der Anson’s-Kontrolleur. Die Leute seien gut informiert, am gesamten Sonnabend hätten sich nur zwei Kunden beschwert, so der P&C-Türsteher.

Eine zentrale Anlaufstelle im Center, um sich einmal als Einkäufer zu legitimieren und beispielsweise ein Bändchen zu erhalten, ist im AEZ indes nicht auszumachen. „Wir müssen die Regelung mit den Bändern jeweils mit den Bezirken abstimmen“, sagt Lukas Nemela vom Einkaufscenter-Konzern ECE, die sowohl das AEZ als auch die Europa-Passage betreiben.

Einzelhandel Hamburg: Drogerien müssen nicht kontrollieren

Daher kommen die Erleichterungen an den Standorten erst nach und nach. Zugleich gibt es in dem Poppenbütteler Center eine Vielzahl von Läden, die auf Checks verzichten dürfen. Drogerien wie dm, Budni sowie die Lebensmittelhändler Rewe, Edeka und Arko oder der Buchhändler Thalia gehören dazu – aber auch die Weinhändler. „Freier Eintritt“, steht in großen Buchstaben auf einem DIN-A4-Zettel in der Enoteca.

Und darunter in kleinerer Schrift die Erklärung: „Wir sind ein Geschäft für Artikel des täglichen Bedarfs.“ Auch beim Konkurrenten del Vino weist ein Zettel darauf hin, dass die Kunden sich nicht ausweisen müssen. „Wir sind natürlich systemrelevant“, steht dort versehen mit einem gelben, augenzwinkernden Smiley.