Hamburg. Vorwurf: Der Bau produziere Millionen Tonnen CO2. Machen die Klagen die U5 in Hamburg zu einer Hängepartie wie die Elbvertiefung?

Für Hamburgs größtes Bau- und Verkehrsprojekt gibt es neue Hindernisse: Beim Oberverwaltungsgericht sind sieben Klagen gegen die geplante U-Bahnlinie U5 eingegangen. Sie richten sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Ost zwischen Bramfeld und der City Nord. Nach Abendblatt-Informationen geht es den Klägern, die zum Teil aus Bramfeld kommen, natürlich um den Lärm und die Verkehrsbelastungen durch die jahrelangen Baustellen. Allerdings ma-chen sie vor allem die klimaschädlichen Aspekte des U-Bahnbaus geltend. Es würden Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen – was Hochbahn und Senat ignorierten.

Die Hochbahn erklärte: „Selbstverständlich werden wir beim Bau der U5, für die es mit Blick auf die Herausforderungen an eine nachhaltige Mobilität in unserer Stadt schlicht keine ähnlich leistungsfähige Alternative gibt, alle Hebel nutzen, um eine möglichst gute Klimabilanz auch beim Bau der U-Bahn zu erreichen.“

Verkehr: Hamburgs neue U-Bahn U5 klimaschädlich?

Es sind schwere Geschütze, die die Kritiker der geplanten U5 da aufgefahren haben: Vom Personenbeförderungsgesetz über den Hamburger Klimaplan bis zum Grundgesetz führen sie Paragrafen, Artikel und Regelungen an, die aus ihrer Sicht gegen die Idee einer führerlosen Untergrundverbindung von Bramfeld über die City Nord und den Hauptbahnhof bis zum UKE und weiter zu den Arenen im Volkspark sprechen. Alle Einwände eint ein Gedanke: Die U5 sei ein Klimakiller.

10,2 Millionen Tonnen CO2 stoße ihr Bau aus, 2,3 Millionen Tonnen seien es auf dem Teilstück der U5 Ost ab Bramfeld. Diese Zahlen entstammen einer privaten Studie zur Umweltverträglichkeit, die aus dem Kreis der Kläger stammt (zumeist Anwohner in Bramfeld) und die das Abendblatt bereits Anfang Oktober veröffentlichte. Genau diese Argumentation findet sich unter den sieben Klagen gegen die U5, die jetzt beim Oberverwaltungsgericht eingegangen sind. Das Gericht bestätigte den Eingang und wird nun den Bahnhofs- und Gleisbauern eine Frist setzen, um zu antworten.

U5 in Hamburg: Das ist die Strecke

Die Hochbahn erklärte dem Abendblatt, man sei sich der Verantwortung beim Klimaschutz sehr bewusst. „Nicht zuletzt die Umstellung der kompletten Busflotte innerhalb einer Dekade auf emissionsfreie Antriebe und die klimaneutrale Aufstellung des gesamten Unternehmens bis 2030 sind klare Belege hierfür“, so eine Sprecherin. Auch bereits beim Bau solle die Klimabilanz berücksichtigt werden.

Wie kann eine U-Bahn überhaupt klimaschädlich sein, die, mit Ökostrom betrieben, für Hunderttausende Fahrgäste ja gerade Auto- und Busverkehr ersetzen soll? Ist die U5 irgendwann Ende der 2030er-Jahre fertig, gibt es eine klare Vision: Hauptverkehrsadern wie Grindelallee und Hoheluftchaussee sollen von Motorenlärm und Abgasen entlastet und zu wahren grünen Alleen werden.

Klagen gegen Planfeststellungsbeschluss zur U5

Es ist der Bau, den die Kläger einrechnen: von jeder LKW-Fahrt zum Abtransport von Erde und Bauschutt bis zur Produktion von Beton, Stahl und Glas. Sie sagen: All das gehöre zur Ökobilanz und werde im Planfeststellungsbeschluss nicht ausreichend gewürdigt. Der Senat könne sich nicht damit herausreden, dass diese Baumaterialien ja nicht in Hamburg produziert würden und deshalb nicht mitzählten.

Weiter heißt es: „Die baubedingten CO2-Emissionen, die hierdurch induziert werden, vergeuden unnötig in hohem Maße Teile des verfügbaren CO2-Restbudgets, das für Deutschland nach den Berechnungen des IPCC (Weltklimarat, die Red.) noch gerade einmal ca. 6,5 Jahre reicht.“ Es gebe, so die Kläger, sogar eine „Regelungslücke“ bei „schienengetriebenen Infrastrukturprojekten“ wie der U5. Denn das Gesetz über die Umweltverträglichkeit schreibe vor, dass alle Einflüsse auf die Klimabilanz berücksichtigt werden müssten.

Und hier kommt das Bundesverfassungsgericht ins Spiel, das im März 2021 befand, dass der Klimaschutz Staatsziel sei. Jedwede Politik, jede Planung müsse die CO2-Reduzierung im Auge behalten. Doch wie werden die Verwaltungsrichter das sehen?

Wird die U5 eine juristische Hängepartie wie die Elbvertiefung?

Die Hochbahn räumt sogar ein, dass die private Studie zum CO2-Ausstoß beim U5-Bau zum Teil „richtige Ansätze“ enthalte. Sie komme nach Angaben von Hochbahn-Experten aber wegen methodischer Fehler zu falschen oder nicht nachvollziehbaren Schlussfolgerungen.

Es ist noch nicht abzusehen, ob die Klagen schnell abgebügelt werden oder sich die U5 zur Elbvertiefung für Hamburgs öffentlichen Nahverkehr entwickelt. Dann könnte der juristische Streit Jahre dauern.

Der Streckenbau hat mit dem Roden von Bäumen und Planieren von Flächen bereits begonnen. Während die Gleisführung unterirdisch gebuddelt wird, müssen die neuen Bahnhöfe mit großen Baustellen in „offener Bauweise“ errichtet werden. Das wird zu jahrelangen Verkehrsbehinderungen und Lärm führen. Das ist unstrittig. Die Hochbahn hat dazu bereits Gutachten in Auftrag gegeben und Ausgleichsmaßnahmen für Anwohner geplant. Schon im Planfeststellungsbeschluss ist klar notiert, dass für die 1776 fallenden Bäume an der U5 Ost, für die es einen „verbleibenden Ersatzpflanzbedarf“ gibt, an die Umweltbehörde 1500 Euro pro Baum zu zahlen sind – plus Verwaltungspauschale.