Hamburg. Als Blümchen wurde sie bekannt, jetzt ist die 41-Jährige wieder zurück. Hier spricht sie über ihre Karriere und eine gescheiterte Ehe.

Sie war als Blümchen in den 90er-Jahren ein großer Teenie-Star. Jetzt ist Jasmin Wagner unter ihrem richtigen Namen zurück – mit einem neuen Album („Von Herzen“) und in ihrer Heimatstadt Hamburg.

Warum die 41-Jährige wieder singt, was das Ganze mit David Hasselhoff und der Scheidung von ihrem Mann zu tun hat und wieso sie eigentlich immer so fröhlich ist, erzählt sie in unserer Reihe „Entscheider treffen zu Haider“.

Das sagt Jasmin Wagner über …

… ihr bisheriges Leben zwischen Hamburg, Berlin und Zürich und die Menschen dort:

„In Berlin ist es tatsächlich so, dass der Ton auf der Straße härter ist. Die Leute pöbeln gern und sagen, dass sie unzufrieden sind. Wenn du die als gut erzogener Hamburger verschüchtert ansiehst, sind sie ganz verblüfft. Ein Berliner hat mal zu einem Auftritt von mir in eine Fernsehkamera gesagt: „Früher fand ich sie scheiße, heute finde ich sie nur noch halbscheiße.“

Ich habe mir übrigens irgendwann angewöhnt, zurückzupöbeln, dann bekommt man selbst von einem Berliner ein Lächeln. Die Schweizer sind dagegen sehr brav und noch höflicher als die Hamburger. Es gibt die Geschichte von meinem Mann, der mit dem Zug nach Hamburg gekommen ist und am Hauptbahnhof einfach nicht rauskam, weil er alle anderen vorgelassen hat. In Dammtor hat er es auch nicht geschafft, am Ende habe ich ihn in Altona abgeholt.“

… ihr Hamburg-Gefühl:

„Ich reise sehr viel, aber egal wo ich bin, sage ich immer: Das haben wir in Hamburg auch, das ist in Hamburg besser. Ich bin in Jenfeld groß geworden, also im Osten der Stadt, das war ein anderes Leben, als ich es heute führe. Ich wohne, seit ich von zu Hause ausgezogen bin, in St. Georg. Aber ich habe durchs Theaterspielen viele verschiedene Teile Hamburgs sehr intensiv erlebt.

Überhaupt gibt es kaum einen Stadtteil, in dem ich nicht war. Ich mag St. Georg, weil es mitten in einer Metropole so dörflich und der Zusammenhalt einmalig ist, die Nachbarschaft ist bunt wie herzlich. Ich möchte hierbleiben, könnte mir aber einen zweiten Wohnsitz außerhalb der Stadt vorstellen. So eine Stunde Fahrtzeit entfernt, wie das alle gerade schick finden, und gern in einem Dorf im Grünen.“

… ihren Auszug von zu Hause mit 25:

„Für mich war es eine große Veränderung, mit 14, 15 ein Popstar zu werden. Durch die Karriere bin ich mit meiner Mutter noch enger zusammengerückt; die Phase, in der man als Jugendliche gegen die Eltern rebelliert, fiel weg. Dann hat meine Mutter unser Zuhause wie ein Hotel Mama gestaltet und war immer sehr nett zu uns Kindern. Bis heute verwöhnt sie mich, wenn ich zu ihr komme, und wenn es sehr stressig wird, darf ich ihr auch mal die Wäsche mitbringen.

Sie bügelt sogar meine Unterwäsche. Es war immer sehr schön und kommod bei meiner Mutter, ich hatte gar keinen Grund, früh auszuziehen. Ausgezogen bin ich mit 25, weil eine Freundin eine schöne Wohnung gefunden hatte, die sie sich allein nicht leisten konnte. Für meine Mutter war das sehr emotional, wie ein kleiner Tod, übrigens genauso wie meine Hochzeit. Dieser Abnabelungsprozess ist für Mütter eben anders …

… Google und Bikini-Fotos auf Instagram:

„Ich habe mich noch nie selbst gegoogelt. Ich bin viel sensibler als die Leute denken, und wenn ich lesen würde, was sie über mich schreiben, würde ich lange darüber nachdenken. Ich gebe gern Interviews, aber mit dem Ergebnis möchte ich nichts zu tun haben. Unterhaltung und die Berichterstattung darüber hat sich komplett geändert. In den 90er-Jahren wären erfolgreiche Künstler niemals auf die Idee gekommen, eine Homestory zu machen, das tat man einfach nicht.

Heute mache ich die ganze Zeit selbst in meiner Wohnung, im Urlaub oder wo auch immer Fotos, auch im Bikini, weil das halt die meisten Likes bringt. Die Spielregeln haben sich durch solche Medien wie Instagram komplett verändert. Die Leute haben sich daran gewöhnt, dass Prominente sich dort präsentieren, und deshalb muss man dabei sein. Das Ganze hat auch einen Vorteil: Früher haben Redaktionen entschieden, was über mich berichtet wurde, heute bin ich der Designer meiner eigenen Botschaft. Es ist ein anderer Austausch von Informationen geworden.“

… ihre Scheidung und den richtigen Moment, um zu gehen:

„Wenn man es zu gemütlich hat, ist das auch eine Form von Stillstand. Das sehe ich bei Freundinnen, die sich wie ich in einer Scheidung befinden und die auf einmal aus diesem gemütlichen Trott rauskommen. Die werden durch Scheidung viel cooler, attraktiver, wacher und erfolgreicher. Ich bin zehn Jahre verheiratet gewesen und kam irgendwann in die Phase, in der ich gemerkt habe: So könnte jetzt der Rest deines Lebens sein.

Das war eine seltsame Vorstellung. Leute fragen mich immer, wann der richtige Zeitpunkt ist, um zu gehen. Ich definiere ihn so: Wenn die Angst vor Veränderung kleiner ist als die Angst davor, dass alles so bleibt, ist ein guter Zeitpunkt, sich zu trennen. Ich habe das Gefühl, dass Ehe eine Institution sein kann, die faul macht. Wobei zwei Menschen, die wirklich zusammengehören, diese Komfortzone auch sehr lebendig ausfüllen können.“

… die Zeit nach der Ehe:

„Jetzt ist die Zeit des Datens angebrochen. Ich treffe halt, wenn ich Lust haben, Leute, männliche Leute, und schaue, ob die mir Freude machen. Ich finde es spannend, was andere machen. Was mir wichtig ist, ist, dass man dieselbe Neugierde hat, dieselbe Lebenslust.“

… ihre Zeit als Blümchen und was die heute bedeutet:

„Als Blümchen war ich den 90er-Jahren sehr polarisierend, um es vorsichtig zu sagen, es konnte damals nicht jeder etwas mit elektronischer Musik anfangen. Heute ist das völlig normal, und ich freue mich, dass diese Zeit und meine Lieder wieder gefeiert werden. Außerdem war es früher alles andere als normal, dass ein Teenager Musik macht, das gab es vorher in Deutschland kaum. Das war ungewöhnlich. Ich durfte ja gar nicht in die Clubs rein, in denen ich aufgetreten bin. Heute gibt es sehr viele junge Popstars, die sich relativ aggressiv vermarkten und sich zeigen, wie sie sind.“

… das Geheimnis langer Jugend:

„Ich habe mir vorgenommen, in meinem Leben maximal viel Freude zu haben, und das kann man tatsächlich auch üben. Man kann sich aussuchen, ob man sich über alles ärgern möchte oder ob man versucht, auch an kleinen Dingen, an Details Spaß zu haben. Glücksforscher haben herausgefunden, dass es gut für die Psyche ist, wenn man jeden Tag drei Dinge findet, für die man dankbar ist. Das versuche ich, und das ist auch überhaupt nicht schwer. Außerdem habe ich persönlich den Vorteil, dass ich an mir noch nichts manipuliert habe. Man sieht gar nicht mehr so viele Frauen in meinem Alter, die natürlich aussehen. Das lässt mich vielleicht irgendwie jünger wirken.“

… ihr Comeback als Sängerin:

„Im Jahr 2020 funktionierte alles, was ich mir vorgenommen hatte, nicht mehr. Das Einzige, was ging und was mich glücklich gemacht hat, war die Aufnahme meines Albums „Von Herzen“. Den Deal hatte ich schon, als ich mich 2019 als Blümchen wieder auf die Bühne begeben habe. Ich habe davor zehn Jahre am Theater gearbeitet und hatte in meiner letzten Produktion einen unangenehmen Regisseur. Beides hat mich darin bestärkt, wieder etwas Neues zu machen. Ich habe mal mit Hape Kerkeling zusammengearbeitet, und der hat gesagt: „Wenn man etwas zehn Jahre macht, dann ist man wirklich gut.“

Ich habe klassisch gearbeitet, Goethe, Schiller, Arthur Miller, aber auch zeitgenössische Stücke gespielt, Musicals. Ich war sehr glücklich mit diesen zehn Theaterjahren, und dann gab es das Angebot, bei dieser großen 90er-Party auf Schalke vor 60.000 Zuschauern dabei zu sein. In der Nacht vor dem Konzert habe ich geheult, weil ich Angst hatte, dass es vielleicht schiefgehen könnte. Aber dann haben die Leute so laut mitgesungen, ich hätte gar nicht singen müssen, die hätten das ganz allein abgefeiert. Das war richtig groß, und hat mich sehr glücklich gemacht. Außerdem habe ich dort David Hasselhoff kennengelernt, und schon sein zweiter Satz war, dass wir einen Song zusammen machen wollten. Dabei wollte ich erst mal nur ein gemeinsames Foto…“

… ihre neue Rolle als Schlagersängerin:

„Eigentlich war Blümchen auch schon Schlager, wir haben das nur nicht gemerkt, weil die Beats so geballert haben. Ich habe überhaupt keine Berührungsängste mit dem Schlager. Die Zeiten, in denen Schlager kein gutes Image hatte, sind lange vorbei. Jetzt haben wir viele tolle Schlagerhelden, allein Helene Fischer hat die Branche auf ein ganz neues Level gebracht.

Mir selbst geht es nur darum, gute Musik zu machen, aber irgendwie braucht in Deutschland alles immer einen Namen, damit wir eine Gesprächsgrundlage haben. Wichtig ist, dass meine Lieder diese Beats haben, zu denen ich tanzen kann und zu denen die Leute sich bewegen. Langsame Songs sind nichts für mich, ich brauche einen großen elek­tronischen Anteil, der mir diese Energie gibt.“

… „Deutschland sucht den Superstar“:

„Es ist schlau, daran teilzunehmen, weil man Aufmerksamkeit bekommt. Und in der Welt, in der wir leben, sind die einzige Währung Instagram-Follower. Die braucht man, und die bekommt man schnell über das Fernsehen. Wenn ich als Künstlerin gesehen werden will, gehe ich dahin, wo Licht ist.“