Hamburg. Die Stadtreinigung übernimmt Abfälle aus Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen. Seit August kommen regelmäßig Ladungen an.
Polternd und krachend rutscht ein Haufen Sperrmüll aus einem Lkw und auf den Boden der Hamburger Müllverwertungsanlage. Holzbretter, Teppiche, Gardinen, Schutt – kein gewöhnlicher Abfall. Hinter jedem einzelnen Stück steckt eine schmerzhafte Geschichte. Der Lkw ist aus Eschweiler in Nordrhein-Westfalen angefahren.
Mit dabei: etwa 23 Tonnen Sperrmüll aus dem Überflutungsgebiet. Denn die Hamburger Stadtreinigung hat sich bereiterklärt, den Müll zu verbrennen, mit dem die betroffenen Länder überfordert sind. „Als die ersten Fernsehbilder von den Überflutungen kamen, habe ich direkt mit meinen Mitarbeitern überlegt, wie wir helfen können“, erzählt Rüdiger Siechau, Geschäftsführer der Stadtreinigung.
Nach Flutkatastrophe: Stadtreinigung hilft seit August
Im Unternehmen hätten sich Viele freiwillig gemeldet, um bei den Aufräumarbeiten vor Ort zu helfen. Schnell stellte sich heraus, dass es dort bereits genug Helfer gab. Das größere Problem war: wohin mit dem ganzen Müll?
„Circa 500.000 Tonnen sind durch die Überschwemmungen in den betroffenen Gebieten angefallen“, so Siechau. „Um das alles zu verbrennen, bräuchte unsere Anlage fast eineinhalb Jahre“. Nicht nur im Überflutungsgebiet selbst, sondern in ganz Deutschland seien alle Müllverwertungsanlagen ausgelastet, sagt Hartwig Söth, Geschäftsführer der Anlage im Rugenberger Damm. „Bis zum Frühjahr wollen wir 10.000 Tonnen entgegennehmen.“ Seit Ende August kommen die Lieferungen in Hamburg an, und seit dieser Woche sind es zwei pro Tag.
Der gelieferte Müll ist nicht nass
Was überrascht: Der Müll ist gar nicht nass, sondern eher staubig. Im Überflutungsgebiet wurde er in Deponien gelagert, sortiert, geschreddert und gesiebt. Übrig bleiben Materialien, die für die Hamburger Müllverwertungsanlage geeignet sind. Und doch sind es mehr als nur Materialien: „Da ist sicherlich der Teppich von einer Familie dabei, der bei uns verbrannt wird. Das ist schon traurig“, findet Siechau.
Der Lkw aus Eschweiler kippt die Ladung in einen riesigen Bunker, in dem der Hamburger Hausmüll der vergangenen Tage gelagert wird. Ein Mitarbeiter steuert eine Greifzange – wie aus einem Spieleautomaten auf dem Jahrmarkt, nur viel größer – und hebt damit mehrere Tonnen Müll in einen Schacht.
Müll wird in Hamburg verwertet
Zwischen dem Greifer ragen Sofateile und ein Zaun heraus. Bald darauf wird das Sofa nicht mehr zu erkennen sein. Auf einem Rost werde es erst vorgewärmt und dann bei mehr als 1000 Grad verbrannt, erklärt Söth. Übrig bleibe Schlacke, also ein Gemisch aus Asche, Kies, Glas und Sand.
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Nutzlos sei das nicht, denn die Schlacke könne im Straßenbau verwendet werden. Ein weiteres Abfallprodukt ist Strom. Die Wärme der Verbrennung erhitzt Wasser. So entsteht Dampf, der eine Turbine antreibt. „So verwerten wir 98 Prozent des Mülls in dieser Anlage“, sagt Siechau.