Hamburg. 400.000 Säcke voll Laub gibt es jährlich in Hamburg. Die Stadtreinigung holt sie alle ab – und wenn nicht, hat das gute Gründe.
Die Blätter an vielen Bäumen färben sich schon gelb und fallen beim kleinsten Windhauch auf die Straßen und Fußwege. Heute startet die Hamburger Stadtreinigung deshalb wieder mit der Abholung der Laubsäcke. Bis Dezember gibt es für jeden Stadtteil fünf feste Abholtermine.
Beim Laubsammeln sind die Hamburger sehr akribisch: „Jedes Jahr sammelt die SRH mehr als 400.000 mit Laub gefüllte Säcke, 2020 sogar rund 470.000, und führt deren Inhalt der Kompostierung zu“, sagt Kay Goetze, Sprecher der Stadtreinigung. 2020 seien 4500 Tonnen Laub eingesammelt worden. Er plädiert an Gartenbesitzer und Grundstückseigentümer, das Laub nicht in die Restmülltonne zu werfen, sondern die Laubsäcke zu benutzen, alternativ die Biotonne.
Mülltrennung: Zu viel Kunststoff im Biomüll
Doch die Hamburger sind nicht in allen Bereichen so vorbildlich wie beim Laubsammeln. Bei den rund 147.00 Biomüllbehältern, die in Hamburg aufgestellt sind, gibt es nämlich ein gravierendes Problem: Es landet viel zu viel Kunststoff zwischen Essensresten und Grünabfällen. „Kunststoffe machen den größten Störstoffanteil im Biomüll aus“, sagt Goetze.
Dabei geht die Mülltrennung seinen Angaben zufolge grundsätzlich in die richtige Richtung. Im vergangenen Jahr haben die Hamburger deutlich mehr Biomüll gesammelt – 75.000 Tonnen, eine Steigerung um mehr als acht Prozent gegenüber 2019. Der Sprecher nennt drei wesentliche Faktoren: Die Menschen hätten wegen des Lockdowns mehr zu Hause gekocht, ihre Gärten verschönert, dadurch gab es größere Mengen an Grünschnitt, und es sei der wärmste Sommer seit Wetteraufzeichnung, deshalb seien die Pflanzen stark gewachsen.
Stadtreinigung stellt kostenlos recyclebare Biotüten zur Verfügung
Besonders problematisch sind sogenannte kompostierbare Plastiktüten, wie sie in vielen Super- und Drogeriemärkten verkauft werden. „Aufgrund ihrer Verrottungseigenschaften können sie in unserem Biogas- und Kompostwerk (BKW) Bützberg nicht vollständig abgebaut werden“, sagt Kay Goetze. Der gesammelte Biomüll werde dort spätestens nach 14 Tagen verarbeitet – zu Biogas und Kompost. Für das Sammeln von Küchenabfällen empfehle die Stadtreinigung deshalb ihre wachsbeschichteten Biotüten aus Papier.
Sie bestehen aus 100 Prozent Recyclingmaterial, seien vollständig kompostierbar und auch bei Nässe stabil. Jeder Haushalt kann jährlich mindestens 30 kostenlose Tüten erhalten – sowohl auf den Recyclinghöfen als auch bei der Drogeriemarktkette Budni gegen Vorlage eines Coupons, den man im Internet ausdrucken kann. „Werden mehr als 30 Tüten benötigt, so können die Bürgerinnen und Bürger sie bei Budni kaufen oder kostenfrei auf den Recyclinghöfen abholen“, sagt der Sprecher. Im vergangenen Jahr seien mehr als 2,8 Millionen Tüten abgegeben worden.
„Von Elektroschrott bis Bauschutt“: Alles landet in der Biotonne
Dass Biotonnen, die es mit einem Volumen zwischen 80 und 1100 Litern gibt, nicht geleert werden, kommt in Hamburg eher selten vor. „Bei 70.000 Leerungen pro Woche haben wir im vergangenen Jahr nur 500 Behälter stehen lassen“, sagt Goetze. Entweder, weil sie falsch be- oder überfüllt waren, der Inhalt so gepresst oder festgefroren war, dass er sich beim Kippen in den Müllwagen nicht löste, der Zugang zugeparkt war oder weil ein Behälter nicht rechtzeitig zur Leerung am Fahrbahnrand stand.“
Während im Hamburger Umland Entsorger zuletzt geklagt hatten, dass viele Tonnen zu schwer befüllt waren, beispielsweise mit Fallobst oder nassem Grünabschnitt, gibt es damit in Hamburg weniger Probleme. Wenn eine Tonne den Mitarbeitern sehr schwer vorkommt, gucken sie schon mal nach. „Von Elektroschrott bis Bauschutt finden sie alles Mögliche“, sagt Goetze. Dann müsse der Verursacher direkt Kontakt mit der Stadtreinigung aufnehmen, um eine Lösung zu finden.
Biotonnen in fast allen Hamburger Haushalten
Hat ein Haushalt einmal mehr Grünabfälle, als er in der Biotonne unterbringen kann, so wird er diese auch auf den Recyclinghöfen los. Bis zu einem Kubikmeter ist das gebührenfrei, der zweite und dritte Kubikmeter kostet je 1 Euro.
Von den knapp über einer Million Haushalten in Hamburg sind nach Angaben der Stadtreinigung nahezu alle anschlussfähigen Haushalte mit einer Biotonne ausgestattet. In eng bebauten Gebieten sei aber oft schlicht kein Platz vorhanden, sagt Goetze.
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Eigentümer, die selbst kompostieren können, könnten eine Befreiung beantragen. „Da Hamburg eine wachsende Stadt ist, liegt unser Fokus auf den vielen Neubauten. Hier muss der erforderliche Platz für alle Abfallfraktionen immer eingeplant werden. Das unterstützen wir unter anderem durch ein kostenfreies Beratungsangebot“, sagt Goetze.
#wirfuerbio: Müllsünder aufklären und sensibilisieren
Um die Zahl der Müllsünder, die ihre Beutel nicht in die richtigen Behälter werfen, zu reduzieren, gibt sich die Stadtreinigung viel Mühe. Sie testet in Wohnanlagen mit unterirdischen Müllcontainern unterschiedliche Maßnahmen. Dazu zählen die Installation einer LED-Beleuchtung an der Einwurfsäule, fluoreszierende Beschriftungen der Behälter und der Einsatz von Blindenschrift.
„Nach der Testphase werden wir auswerten, wie sich die Maßnahmen auswirken. Bei Bedarf werden sie angepasst und auf weitere Quartiere ausgeweitet“, sagt Goetze. Es sei der Stadtreinigung ein Anliegen, die Bevölkerung für die Problematik von Kunststoffen im Bioabfall und die richtige Trennung zu sensibilisieren. Dafür ist sie mit rund 60 weiteren Abfallwirtschaftsbetrieben Teil der „#wirfuerbio“-Kampagne.
Die Biotonne ist viel billiger als die für Restmüll
Mülltrennung lohne sich auch finanziell für die Bürger, betont der Sprecher: „Die Gebühren für die Biotonne sind deutlich geringer als für den Restmüll. Mit einer konsequenten Abfalltrennung können somit entsprechende Einsparungen erzielt werden.“
Die Entsorgung des Abfalls aus einer Biotonne kostet im Schnitt nur ein Fünftel dessen, was als Gebühr für eine gleich große Restmülltonne zu bezahlen wäre. „Eine 240-Liter-Tonne etwa, die alle zwei Wochen geleert wird, kostet für Bioabfall 3,05 Euro pro Monat. Für Restmüll werden bei gleicher Größe und gleichem Intervall 16,11 Euro pro Monat fällig“, so der Sprecher.
Im Restmüll landet zu knapp 70 Prozent falscher Abfall
Noch immer landen aber zu viele Fremdstoffe im Restmüll, wie die jährliche Auswertung der Stadtreinigung ergibt. Im Hausmüll enthalten waren 2020 nur 31,3 Prozent echter Restmüll. Darüber hinaus fanden sich 2,5 Prozent Metall, 5,8 Prozent Glas, 6,5 Prozent Kunststoffe, 5,1 Prozent Verbundstoffe, 41,3 Prozent organischer Abfall sowie 7,5 Prozent Papier und Pappe.
Viele Kontoauszüge und Briefe finde man darunter, sagt Goetze. Offenbar vertrauten viele Hamburger diese persönlichen Informationen lieber dem Feuer in der Müllverbrennung an als dem Papiercontainer. Die Auswertung zeigt aber auch, dass mehr als zwei Drittel aus dem Hausmüll eigentlich weiterverwertet werden könnten.
Wenn nun die Laubsammlung beginnt, werden sich viele Nutzer wieder fragen, warum die Säcke aus Kunststoff sind. „Im Jahr 2019 haben wir gemeinsam mit einem Forschungsinstitut geprüft, welches Material für diese Säcke am umweltfreundlichsten ist. Dafür nahmen wir neben den derzeit verwendeten Säcken aus recyceltem Kunststoff auch solche aus neuem sowie aus biologisch abbaubarem Kunststoff, Säcke aus Papier und Jutesäcke in den Blick“, sagt der Stadtreinigungssprecher.
Laub füllt bis zu 400.000 Mülltonnen jährlich
„Betrachtet wurde jeweils der Lebenszyklus von der Herstellung bis zur Entsorgung, wobei der Fokus auf Treibhausgasemissionen, Energieeinsatz und Wasserverbrauch lag. Unser Ergebnis: In der Gesamtbetrachtung haben die Laubsäcke aus recyceltem Kunststoff die beste Ökobilanz. Entsprechend werden wir diese Säcke weiterhin verwenden.“ Die Säcke fassen 100 Liter und sind auf den Recyclinghöfen und bei Budni für je 1 Euro erhältlich. Sie finden unter www.stadtreinigung.hamburg alle Termine.
Das Laub der Straßenbäume beseitigen die Mitarbeiter der Stadtreinigung. Die Menge liegt bei bis zu 20.000 Tonnen Laub pro Jahr. Götze hat ausgerechnet: „Diese Laubmenge füllt rund 400.000 Standardmülltonnen (120 Liter). Nebeneinandergestellt reicht die Reihe der mit Laub gefüllten Mülltonnen von Hamburg bis nach Osnabrück.“