Hamburg. Der Rohbau des aufgestockten grünen Bunkers an der Feldstraße ist fertiggestellt – Eröffnung im ersten Halbjahr 2022 geplant.

Aus der Ferne ist die Pyramide schon unübersehbar: Sie krönt inzwischen den Feldstraßenbunker und erhöht ihn um rund 20 auf nunmehr 58 Meter. Imposant thront sie über dem Heiligengeistfeld, unterscheidet sich aber noch beträchtlich von den hübschen Simulationen, die auf dem Dach einen immergrünen Garten, ja eine Dschungellandschaft, zeigten.

Allerdings soll sich die Wirklichkeit in den kommenden Monaten dem bestechenden Bild angleichen: Zwischen 15 bis 100 Zentimeter tief sind die Pflanzschächte, in denen bald Bäume, Sträucher und Bodendecker wurzeln sollen. Die eingepflanzten Bäume und Großgehölze werden zusätzlich unterirdisch verankert, um sie gegen Windstoß zu sichern. Auch bei Starkregen drohen keine Überschwemmungen.

Pyramide voller Pflanzen auf dem Feldstraßenbunker

Zur Bewässerung wird vor allem Regenwasser nachhaltig genutzt. Zwei je nach Wetterlage durch Sensoren individuell geregelte Bewässerungssysteme reduzieren die Regenmenge, die normalerweise dem öffentlichen Siel zufließen würde, um rund 75 Prozent. Eine sorgfältige Auswahl der Pflanzenarten, die raue Witterung und heftige Winde vertragen, macht den Garten hoch über den Dächern Hamburgs möglich.

„Wir pflanzen vor allem nordeuropäische und alpine Gehölze, die Frost, Hitze und Sturm und Wetterlagen, wie sie in mehr als 50 Metern Höhe herrschen, gewöhnt sind“, sagt Frank Schulze, Sprecher des Bunkerprojekts. „Ab Herbst wird gepflanzt – und dann noch einmal in den ersten Monaten des kommenden Jahres. Dabei werden wir von unten nach oben vorgehen.“ Insgesamt 4700 Pflanzen, darunter Feldahorn, Felsenbirne, Strauch-Waldkiefer, Efeu, Hecken, Rosen und überhängende Gehölze, sollen gepflanzt werden. Bei der Baumschule von Ehren stünden viele Pflanzen mit Ballen abholbereit.

Bunker-Eröffnung erst im Jahr 2022

Auf den Dachgarten führt der etwa 300 Meter lange sogenannte Bergpfad, der in den kommenden Wochen gebaut werden soll. Überdimensionierte Stahlträger – Regalbefestigungen gleich – werden derzeit an den Außenmauern des Bunkers montiert. Der Sommerdom hatte die Arbeiten unterbrochen, nun hat der Kran wieder Platz: Insgesamt 24 freitragende Arme, jeder allein rund fünfeinhalb Tonnen schwer, sollen den später bepflanzten Pfad tragen, die Befestigungsgewindestangen messen zwei bis drei Meter. Das Großprojekt ist in all seinen Maßen XXL.

An der Außenseite wird ein grüner „Wanderweg“ gebaut.
An der Außenseite wird ein grüner „Wanderweg“ gebaut. © Matthias Iken

Die Eröffnung, lange für das laufende Jahr geplant, wird sich in das erste Halbjahr 2022 verschieben. Erst warf die Pandemie mit ihren Beschränkungen den Zeitplan über den Haufen, nun bremsen Lieferschwierigkeiten und Baustoffknappheit. Logistisch hat der Bunker die Gewerke in den zurückliegenden Monaten voll gefordert – jede Schraube, jeden Hammer mussten die Handwerker von null auf 40 Meter bringen, zudem bietet der Vorplatz des Bunkers kaum Abstellflächen.

Aufstockung ist „ein faszinierendes Projekt“

Hinzu kam, dass die Architekten ohne detaillierte Pläne aus der Bauzeit auskommen mussten. „Überraschungen sind Herausforderungen“, nennt es Ronny Erfurt, Projektleiter und geschäftsführender Gesellschafter bei der Ingenieur- und Planungsgesellschaft Phase 10. Das Unternehmen aus Sachsen hat bereits mehrere anspruchsvolle Projekte gestemmt, „die Aufstockung des Bunkers und die Verwandlung in einen Stadtgarten ist aber ein besonders faszinierendes Projekt“.

Wann genau die Eröffnung gefeiert wird, dürfte auch von der Härte des Winters abhängen – aber in den ersten Monaten 2022 soll es so weit sein. Immerhin: Der Rohbau ist so gut wie fertig. „Der Käs‘ ist gegessen“, nennt es Erfurt schmunzelnd. Nun werden die Traggerüste in der Halle abgebaut, die im Zen­trum des Aufbaus liegt.

Dreifeldhalle mit Multifunktionsboden aus Glas

Die Dreifeldhalle ist als Mehrzweckhalle konzipiert und bietet 960 umklappbare Sitzplätze und 2200 Stehplätze. Moderne LED-Leuchten sollen den Multifunktionsboden aus Glas binnen Minuten verwandeln können: Für den Schulsport am Morgen lassen sich Spielfeldlinien über einen Touchscreen einschalten. Bei Abendveranstaltungen können die LEDs nach Bedarf individuell programmiert werden.

Das Gästehaus erstreckt sich über mehrere der fünf Ebenen – der Hotelbetreiber, so Schulze, soll in Kürze feststehen. Der Bunker bietet gleich mehrere große Gastroflächen – auf dem Dach, aber auch auf der Ebene 5. In einem der Flaktürme soll ein Turmcafé entstehen.

Feldstraßenbunker wird neues Hamburger Wahrzeichen

5000 Menschen können sich nach der Eröffnung zeitgleich in und auf Hamburgs neuem Wahrzeichen aufhalten, immerhin 900 Menschen den Garten nutzen: Der Blick von Hamburg höchstem Park – so viel steht schon jetzt fest, wird ein spektakulärer sein: Im Süden schaut man über den Hafen bis zu den Harburger Bergen, sieht Köhlbrandbrücke, im Osten die Alster, Michel und Elbphilharmonie, im Westen das AK Altona, im Norden das Karoviertel. Fußballfans hingegen werden die Spiele des FC St. Pauli weiterhin nur hören können – ein Großteil des Spielfeldes ist durch das Tribünendach bedeckt.

Der Bunker wird aber nicht nur faszinierendes Ausflugsziel für Hamburger und Besucher, sondern auch ein Erinnerungsort – die Initiative Hilldegarden wird unabhängig vom Investor Flächen bespielen, auch den Leitstand des Flak-Bunkers, und an die dunkle Geschichte des Betonmonuments erinnern, das 2400 Zwangsarbeiter zwischen April 1942 und Sommer 1943 errichten mussten. Wenn der grüne Bunker gelingt, wird es ein Ort sein, der Geschichte und Zukunft auf unvergleichliche Weise vereint.