Hamburg. Der Umzug von G+J in die HafenCity ist geplatzt. Bürgermeister Tschentscher lässt nun prüfen, ob die Stadt den Neubau nutzen könnte.

Geplant sei ein „innovatives Verlagsgebäude an attraktivem Standort“, hatte Gruner + Jahr im Jahr 2016 mitgeteilt und angekündigt, vom Baumwall an den Lohsepark in der HafenCity zu ziehen, nahe des „Spiegel“-Hauses und der Deichtorhallen. In diesem Jahr hätte es soweit sein sollen, so war es zumindest ursprünglich vorgesehen.

Doch daraus wird nun bekanntlich nichts: Das für Magazine wie „Stern“, „Brigitte“ und „Geo“ bekannte Unternehmen hat den Umzug gestoppt, mit Verweis auf Verzögerungen bei dem Bauprojekt.

HafenCity Hamburg: Behält die Stadt die G+J-Fläche am Lohsepark?

In die städtischen Pläne zur weiteren Entwicklung der HafenCity hat die Absage eine große Lücke gerissen. Die Fläche ist frei, es gibt den Entwurf eines Londoner Architekturbüros für den geplanten Neubau – aber es fehlt ein Abnehmer. Der Senat sucht nun Wege für eine „zügige Entwicklung“ der Flächen im Lohsepark.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vertritt schon länger die Position, dass Hamburg wieder stärker selbst genutzte Immobilien im Eigentum haben sollte. Zuletzt kaufte die Stadt etwa das Springer-Haus zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und Caffamacherreihe für das Bezirksamt Mitte.

Nach dem Rückzug von Gruner + Jahr habe der Bürgermeister die zuständigen Behörden beauftragt, zu prüfen, „ob die Flächen am Lohsepark ganz oder teilweise im Eigentum der Stadt belassen werden können“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Abendblatt. Dressel ist zuständig für den städtischen Immobilienbestand.

Hamburg prüft Übernahme: "Nachbarschaft des Mahnmals sichern"

„Gegenstand der laufenden Prüfungen ist konkret, eine der Flächen am Lohsepark auf ein Unternehmen der Hansestadt zu übertragen, um durch die Ansiedlung positive stadtplanerische Akzente zu setzen und das Areal aufzuwerten sowie die unmittelbare Nachbarschaft des Mahnmals zu sichern“, sagte Dressel.

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Der vorliegende Architektenentwurf könnte als Grundlage für einen Neubau dienen. Welches städtische Unternehmen dort unterkommen könnte und ob eine Nutzung der Fläche für mehrere städtische Einrichtungen in Frage kommt, ist unklar.

Dressel: "städtische Nutzung rechtlich und wirtschaftlich abwägen"

Auch für die weiteren Flächen am Lohsepark sei die Stadt dabei, „eine städtische Nutzung mit der Anhandgabe an den ursprünglichen Projektentwickler von G+J rechtlich und wirtschaftlich abzuwägen“, sagte Dressel. An diesen Prüfungen seien neben der Finanzbehörde die Stadtentwicklungsbehörde und die Hafen City GmbH beteiligt. Bei dem Projektentwickler handelt es sich um den Investor HIH Real Estate.

Gruner + Jahr hatte die Absage des Umzugs in die HafenCity mit Verweis auf Verzögerungen begründet. „Das Bauprojekt am Lohsepark lag bereits mehr als drei Jahre hinter dem Zeitplan, wir können und möchten hier nun nicht länger warten“, sagte Geschäftsführer Oliver Radtke Anfang Mai.

Bertelsmann-Chef Rabe: "Gruner + Jahr bleibt in Hamburg"

Der Verlag bekenne sich aber weiterhin zum Medienstandort Hamburg. „Die Hansestadt mit ihren attraktiven Arbeits-, Wohn- und Lebensbedingungen bleibt auch in Zukunft die Heimat für den Verlag und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, hieß es. Gruner + Jahr sei „sehr zuversichtlich“, eine andere passende Immobilie in Hamburg zu finden, sagte Radtke.

Als im August bekannt gegeben wurde, dass RTL das Magazingeschäft des Unternehmens kauft, bekräftigte Thomas Rabe, Chef des Mutterkonzerns Bertelsmann, das Bekenntnis zur Hansestadt. „Gruner + Jahr bleibt in Hamburg. Hauptsitz und Namen tasten wir nicht.“

Gruner + Jahr "hat noch nichts Neues" in Hamburg

Vier Monate nach der Absage an einen Umzug in die HafenCity hält der Verlag immer noch Ausschau nach einem alternativen Firmensitz. „Wir haben noch nichts Neues, suchen weiterhin nach einem anderen Standort“, sagte Gruner + Jahr-Sprecherin Ann-Kathrin Boll.

Das Firmengebäude am Baumwall mit seiner schiffsähnliche Architektur und Bullaugen gehört dem US-amerikanischen Immobilienunternehmen Tishman Speyer. Dieses hatte das Haus gekauft, nachdem der Kaufvertrag zwischen der Stadt und Gruner + Jahr aus dem Jahr 2016 aufgehoben worden war. Tishman Speyer darf das Gebäude allerdings erst anderweitig nutzen, wenn der Verlag eine neue Bleibe bezogen hat.

Bürgerverein will mehr Grün in der HafenCity Hamburg

Nach dem G+J-Rückzug aus dem Neubauprojekt am Lohsepark schlug der Bürgerverein Netzwerk HafenCity vor, das Areal nicht zu bebauen, sondern den Lohsepark um die Fläche zu erweitern. Nur 4,6 Prozent der HafenCity seien öffentliche Parks, im Bezirk Mitte gebe es dagegen immerhin 14 Prozent öffentliches Grün, sagte Marianne Wellershoff, die zweite Vorsitzende des Bürgervereins.

Der geringe Grünanteil sei im Masterplan festgelegt worden, als die HafenCity vor allem als Bürostadt geplant war. Mit der Überarbeitung von 2013 sei die Planung umgeschwenkt in ein von Wohnungen geprägtes Quartier, der Grünanteil sei allerdings unverändert geblieben.

Stadtentwicklungsbehörde will Fläche auf jeden Fall bebauen

In einem Brief an die 121 Bürgerschaftsabgeordneten hatte das Netzwerk HafenCity gefordert, einen Prozess der Bürgerbeteiligung zu starten. Die Stadtentwicklungsbehörde solle die Anhandgabe des Grundstücks an HIH Real Estate stoppen.

Mehr Grün auf diesem Areal – dazu wird es, wie berichtet, aber wohl nicht kommen. Die Stadtentwicklungsbehörde teilte unter anderem mit, die Bebauung östlich des Lohseparks diene auch dazu, den Park und die Wohnungen westlich des Parks vom Bahndamm abzuschirmen und ruhige Orte zu schaffen. SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf erklärte, Hamburg habe „viel Geld ausgegeben, um die Baufläche herzurichten“. Zudem gehe es um „sehr viele Arbeitsplätze, die in dem Neubau realisiert werden sollen“.