Hamburg. Ab in die Zukunft: Behörde veröffentlicht im Jovis Verlag den Band „Stadträume bauen“ und zeigt, was die Stadt jetzt plant.
Bildbände vom historischen Hamburg sind beim Leser begehrt: Sie zeigen Gassen und Plätze, Straßen und Silhouetten einer Stadt, die längst vergangen ist und vielen als gute alte Zeit gilt. Wie Hamburg dereinst einmal aussehen könnte, offenbart das neue Buch „Stadträume bauen“, das Olaf Bartels und die Behörde für Stadtentwicklung nun herausgegeben haben.
Hier werden die großen Projekte der kommenden Jahre visualisiert und ein Eindruck erweckt, wie die Zukunft aussehen könnte. Auch wenn eine Portion Skepsis bei den bunten Visionen der schönen neuen Welt nie schaden, interessant ist es doch, was Stadtplaner, Bauherren und Architekten für das Hamburg von morgen ersonnen haben.
„Hamburg wächst in der bestehenden Stadt“
Dabei wird deutlich, was Oberbaudirektor Franz-Josef Höing im einleitenden Interview mit Autor Bartels skizziert: Abgesehen vom neuen Stadtteil Oberbillwerder und der neue Gartenstadt am Öjendorfer See „wächst Hamburg in der bestehenden Stadt“ - auf Bahnflächen, Hafenanlagen oder untergenutzten Flächen des Wiederaufbaus.
In diese Stadtteile und Quartiere gilt es zu schauen, an die Ränder und Magistralen: „Es sind in dieser Zeit weit mehr Flächen bebaut worden als zur Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts in der dicht bebauten inneren Stadt.“ Er sagt aber auch: „Die Ideen der 50er und 60er Jahre, an den Rändern der Stadt hoch zu bauen, teile ich nicht.“ In Oberbillwerder sollen die Nutzungen gemischt werden, etwa mit einem eigenen Standort der Hochschule für Angewandte Wissenschaften: „Wir wollen andere Wege gehen als in einer reinen Wohnstadt“, sagt Höing.
Debatte von vier Architekten über Hamburg
Der 105. Stadtteil soll eine Stadt der kurzen Wege werden. Deutlich wird, dass die städtebauliche Ex-und-Hopp-Mentalität bald der Geschichte angehören soll. Höing wirbt für die Wiederverwendung von Bauelementen und Baustoffen: „Wir sollten uns gut überlegen, was wir abreißen und was nicht. Manchmal sind wir mit der Abrissbirne in der Stadt zu schnell unterwegs.“
Interessant ist die Debatte von vier Architekten über Hamburg. Dabei formuliert Peter St. John einen schönen Satz, der nachhallt: „Meines Erachtens sind Architekten in erster Linie den Menschen auf der Straße gegenüber verantwortlich und dann erst gegenüber ihren Bauherrn. Hamburg scheint mir da sehr konsequent.“
Kampf um Wohnungsbau in Hamburg
Das Wachstum verlangt der Stadt manches ab – der Kampf um Flächen für den Wohnungsbau wird schwieriger, Projekte stoßen auf wachsenden Widerstand. Im kommenden Jahrzehnt soll erstmals in der Geschichte Hamburgs die magische Marke von zwei Millionen Einwohnern überschritten werden. Wohin dieses Wachstum führt und wie es aussieht - egal ob am nördlichen Elbufer, in der HafenCity, in der Science City in Bahrenfeld oder auf dem Kleinen Grasbrook, deutet das Buch an.
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Die Einheitlichkeit der Darstellung macht den Reiz des Werkes aus - jedes Projekt bekommt mindestens zwei Seiten, mehrere Bilder und wird auch für Laien verständlich erklärt. Visualisierungen, Fotos und Querschnitte verdeutlichen die Ideen der Planer: So schlägt beispielsweise die BeL Sozietät für Architektur für die Gartenstadt am Öjendorfer See keine Stadtlandschaft, sondern eine Landschaftsstadt mit Knicks vor, die Häuser zu Höfen und Hofgemeinschaften zusammenfassen soll.
Digitaler Campus Hammerbrooklyn noch im Bau
Für Oberbillwerder zeigen Querschnitte, wie der Straßenraum in Zukunft verteilt werden könnte. Zugleich geht es um die spannende Frage, wie die Großwohnsiedlungen nachverdichtet und aufgewertet – und wie die freiwerdende Fläche von Parkplätzen nach der Verkehrswende genutzt werden können.
Manches sind nur Studien, Vorschläge, Ideen - anderes ist schon in der Umsetzung. Fast fertiggestellte Projekte wie die Stadthöfe fließen ebenso ein wie Vorhaben, die noch im Bau sind wie die Neugestaltung der Innenstadt rund um den Hopfenmarkt oder der digitale Campus Hammerbrooklyn. Hinzu kommen Projekte, die nur auf Skizzen und Plänen existieren – wie der neue Burchardplatz, der Gertrudenkirchhof oder der neue Fernbahnhof in Diebsteich.
Buch zeigt Hamburgs Problemzonen auf
Zugleich zeigt das Buch die Problemzonen - die Pläne etwa für das Holsterareal, wo es jetzt aber wirklich endlich losgehen soll, wenn nicht wieder was dazwischen kommt - oder das Quartier in der östlichen Hafencity, in dem der Verlag Gruner + Jahr bauen wollte und sollte, es jetzt aber unterlässt.
Viel Raum nimmt auch die Verkehrsplanung ein wie die Zukunft der Magistralen, die im Bauforum 2019 erstmals in den Mittelpunkt rückte, die Verlängerung der U4, die geplante U5 oder das Veloroutenkonzept. „Das Mobilitätsverhalten sowie die Ansprüche der Menschen an Mobilität und den Stadtraum verändern sich“, schreibt Höing. „Dessen Bedeutung als öffentlicher Raum wächst.“ Wachsende Ansprüche und wachsende Einwohnerzahlen werden Hamburg verändern – dieses Bilderbuch weist mögliche Wege in die Zukunft.