Hamburg. Schon im August beginnen die ersten Testflüge. Wird der Hamburger Hafen zum Vorbild für den Drohnen-Flugverkehr von morgen?
Schon mehr als 430.000 Drohnen gibt es in Deutschland. Zwar machen die größeren, kommerziell genutzten Fluggeräte erst gut zehn Prozent davon aus. Aber dieses Top-Segment des Marktes wird sich nach Einschätzung von Experten bis zum Jahr 2025 etwa verdreifachen.
Der Hamburger Hafen wird eine wichtige Rolle dabei spielen, dieses Wachstum möglich zu machen. Denn die Deutsche Flugsicherung (DFS) und ihre 2019 gegründete Tochterfirma Droniq, an der auch die Deutsche Telekom beteiligt ist, richten im Hafengebiet ein „Reallabor“ ein, in dem man in den nächsten Monaten den Einsatz und die Flugüberwachung gewerblicher Drohnen erproben will. Das schließt auch Flüge außerhalb der Sichtweite des „Piloten“ ein.
Hamburger Hafen - Vorbild für den Drohnen-Flugverkehr von morgen?
Bisher ist der Start von Drohnen mit einem Gewicht von mehr als fünf Kilogramm in der Regel erst nach aufwendigen und langwierigen Genehmigungsverfahren zulässig. Das will man mit einem Konzept namens „U-Space“ – das „U“ leitet sich ab von „unbemannten Luftfahrzeugsystem“, wie die Amtsbezeichnung der Drohnen lautet – künftig ändern. In bestimmten, räumlich begrenzten Gebieten sollen dann Drohnenflüge nach Angaben der DFS „einfach und kurzfristig durchführbar sein“.
Nach der bis November dauernden Testphase in einem etwa zehn Quadratkilometer umfassenden Areal im Hamburger Hafen und der Auswertung der dabei gewonnenen Erkenntnisse könnten solche „U-Spaces“ dann ab Jahresanfang 2023 auch an anderen Orten in Deutschland eingerichtet werden, heißt es. „Durch den U-Space lässt sich künftig auch im urbanen Raum das volle Potenzial der Drohne in einem vorgegebenen Rahmen nutzen“, sagt Droniq-Chef Jan-Eric Putze: „Für den unbemannten Flugverkehr ist das ein Meilenstein. Wir sind stolz darauf, erstmals zu zeigen, wie diese Zukunft aussehen kann.“
Drohnen-Testflüge im Hamburger Hafen beginnen im August
Zu den Projektpartnern gehören außer der DFS und Droniq unter anderem die Hamburger Wirtschaftsbehörde, die Hafenbehörde HPA und HHLA Sky, eine Tochterfirma des Hafenumschlagkonzerns HHLA. Erste Testflüge bis zur Höhe von 150 Metern werden den Planungen zufolge voraussichtlich ab Mitte August stattfinden. Die abschließenden „Flugwochen“ – dann auch für andere Drohnenbetreiber als die Projektpartner – sind für den Oktober angesetzt.
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„Um ein Verkehrssystem für Drohnen zu testen und die Chancen und Herausforderungen zu evaluieren, bietet der Hamburger Hafen die besten Voraussetzungen“, sagte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann: „Deshalb freue ich mich über die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, das Projekt in Hamburg zu fördern.“ Das Ministerium übernimmt die Hälfte der Kosten von rund einer Million Euro.
Im Hamburger Hafen wird ein "Drohnen-Verkehrssystem" erprobt
Zu den Zielen des Vorhabens gehört die praktische Erprobung eines von der DFS entwickelten „Drohnen-Verkehrssystems“. Es sieht eine Art automatisierter Luftraumüberwachung vor. In dem Computersystem laufen Informationen über zeitweise gesperrte Lufträume, über bemannten Flugverkehr wie zum Beispiel einfliegende Rettungshubschrauber sowie über die Drohneneinsätze zusammen. Dies alles wird für Betreiber der Flugroboter in einem „Luftlagebild“ zusammengefasst. Im Testgebiet im Hamburger Hafen übernimmt Droniq diese Koordinationsaufgabe.
Schon heute werden im Hafengebiet kommerzielle Drohnen für verschiedene Aufgaben eingesetzt. Die HPA etwa besitzt derzeit 15 solcher Geräte und nutzt sie für die Kontrolle des technischen Zustands von Bauwerken wie der Köhlbrandbrücke oder zur Überprüfung von Rohrleitungen.
HHLA hat einen Leitstand für bis zu 100 autonome Drohnen entwickelt
Auch Containerbrücken werden auf diese Weise inspiziert, ebenso die Flächen, auf denen sich autonom fahrende Containertransporter bewegen. Für derartige Anwendungen hat HHLA Sky einen Drohnenleitstand entwickelt, der bis zu 100 dieser Fluggeräte überall auf der Welt steuern kann. „Mit diesem System überwachen wir schon heute autonome Drohnen auf Flügen außerhalb der Sichtweite“, sagt eine HHLA-Sprecherin. Allerdings ist dies bisher lediglich innerhalb der Grenzen eines Betriebsgeländes zulässig.
Von den Fluglotsen im Tower am Hamburger Flughafen werden nach Angaben der DFS täglich zwischen zehn und 20 Kontrollfreigaben für Drohnenaufstiege erteilt.
Starts im Rahmen des Projekts „Medifly“ sind darin nicht enthalten. Hierbei handelt es sich um ein Vorzeigeprojekt der Wirtschaftsbehörde: Im Februar 2020 begannen Testflüge mit Drohnen, die Gewebeproben über eine Distanz von fünf Kilometern zwischen dem Bundeswehrkrankenhaus in Wandsbek und dem Marienkrankenhaus in Hohenfelde transportieren. Das spart wertvolle Zeit, wenn die Proben noch während einer Operation durch einen Pathologen untersucht werden müssen. Auch Medikamente sollen auf diese Weise schnell von einem Krankenhaus ins andere gebracht werden können.
Private Drohnen-Piloten sehen sich durch U-Space eingeschränkt
Ursprünglich ist das U-Space-Konzept ein Bestandteil einer Strategie der Europäischen Union für „nachhaltige und intelligente Mobilität“. Die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung werden aber erst jetzt geschaffen – nicht zuletzt mit dem Hamburger Testprojekt. Die DFS jedenfalls sieht sich mit dem eigenen Drohnen-Verkehrssystem „international sehr gut positioniert“.
Bei privaten Drohnen-„Piloten“ stößt die Idee des U-Space allerdings nicht auf ungeteilte Begeisterung. Denn für etliche der Hobbynutzer bringt die Einrichtung solcher regulierter Flugräume eine Einschränkung der Freiheiten, die die bisherigen Bestimmungen einräumen. Generell müssen Aufstiege innerhalb der Grenzen eines U-Space künftig bei dessen Koordinator angemeldet werden. Eine Ausnahme von dieser Verpflichtung gilt dann nur für die kleinsten Drohnen mit einem Gewicht bis zu 250 Gramm.