Hamburg. Tausende Jugendliche feierten am Wochenende im Bezirk Nord. Stimmung teils aggressiv. Beamte räumen Stadtpark.
Beglückte Schreie, rhythmisches Händeklatschen, dazu Beats aus der Box. Musik liegt in der Luft, Partystimmung in der Sommernacht. Eine Mischung aus Straßenfest und Festival gab es in der Nacht zum Sonntag auf dem Mühlenkamp und Teilen des Hofwegs, wie Videos des „Rave“ auf Instagram zeigen. Ein Interessenskonflikt zwischen Feiernden und den vom Lärm genervten Anwohnern war da programmiert.
Und das schlug sich auch in der polizeilichen Einsatzlage nieder. „Es gab an diesem Wochenende mehrere Hotspots mit Einsätzen von unserer Seite“, sagte Polizeisprecherin Evi Theodoridou, „deshalb lag eine extreme Beschwerdelage und Vermüllung vor.“
4000 Jugendliche feiern im Hamburger Stadtpark
Mehrere Tausend junge Menschen hatten sich bei diesen Hotspots – im Stadtpark, auf den Alsterwiesen, am Winterhuder Kai und mehreren Brücken – wieder getroffen, um zu feiern. Die größte Menschenansammlung mit bis zu 7000 Menschen gab es in der Nacht zum Sonntag im Stadtpark, wobei laut Polizei die Lage jedoch nicht so angespannt war wie in der Nacht zuvor, als rund 4000 feierten. Denn da mussten die Beamten den Stadtpark räumen – weil die Stimmung zunehmend aggressiver wurde und Corona-Regeln missachtet wurden.
„Natürlich haben wir alle Verständnis für die Bedürfnisse gerade der jüngeren Hamburger“, sagte Daniel Schaefer, Sprecher von Innensenator Andy Grote (SPD). „Das Verständnis endet aber da, wo mit steigendem Alkoholkonsum Straftaten begangen werden. Sobald es – wie am Wochenende – zu Diebstählen und Körperverletzungen kommt, wird konsequenter eingeschritten.“
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Der Stadtpark gilt intern als Hotspot Nummer eins, die Polzei reagierte auf die heikle Lage damit, dass sie am Sonnabend eine zusätzliche Hundertschaft der Bereitschaftspolizei nachalarmierte – als feststand, dass das schöne Wetter viel Feiervolk auf die Straßen und Parks locken würde. Mit dem großen personellen Aufgebot und den mobilen Flutlichtstrahlern konnte die Polizei denn auch die Lage entschärften – obschon sich mehr Partygänger versammelt hatten.
250 Menschen auf der Fahrbahn am Mühlenkamp
Auf der Winterhuder Mühlenkampbrücke standen nach Angaben der Polizei etwa 250 Menschen auf der Fahrbahn. Die Hashtags #wowbridge und #brückenrave in den sozialen Medien deuteten an, dass die Aktion nicht gänzlich ungeplant stattfand. Nachdem die polizeilichen Lautsprecherdurchsagen ignoriert wurden, sei die Brücke gegen 0.55 Uhr geräumt worden. Auch seien Böller in Richtung der Beamten geworfen worden.
„Wir beobachten die Lage fortwährend und sehr genau und ich möchte deutlich machen, dass man jederzeit adäquat reagieren und nachjustieren kann“, sagte Schaefer. Wie mögliche Konsequenzen aussehen könnten, ließ er allerdings offen. Jedoch: „Die Polizei wird in den kommenden Tagen sehr präsent in der Stadt sein.“
Party in Hamburg: Flaschenwürfe auf Polizisten und überall Müll
Abgesehen davon, dass vier Polizisten durch Flaschenwürfe verletzt worden sind, dürfte auch der überall liegen gelassene Müll kaum Verständnis für die Bedürfnisse der Jüngeren wecken. Eine Jugendliche, die auch abends das Draußensein genießt, kritisiert selbst: „Pfandflaschen lassen wir immer für die Sammler und Sammlerinnen da oder wir werden schon danach gefragt, aber jeder sollte seinen Pizzakarton oder die Manschetten von den Sechserträgern Bier, seinen Grill und Plastikfolie wieder mitnehmen und nicht einfach liegenlassen.“
Dennoch wirbt sie für Verständnis, nach dem „vielen Eingequetscht-Sein zuhause“ ziehe es alle ins Freie und bei den Temperaturen wolle niemand „drinnen in Clubs oder Bars feiern.“
"Cornern" war schon vor Corona im Trend
Das Phänomen, dass vornehmlich jüngere Menschen bei gutem Wetter gern draußen zusammenkommen, ist auch in Hamburg nicht unbekannt. „Cornern“ (von engl.: corner, die Ecke) war schon in Vor-Corona-Jahren ein Trend, doch da ging es (beispielsweise an der Straßenkreuzung Neuer Pferdemarkt) mehr ums „Abhängen“ mit einem Getränk, dazu ein Gespräch auf der Bordsteinkante.
Mittlerweile herrscht in der Schanze zudem das Alkoholverkaufsverbot (immer an Freitagen, Sonnabenden sowie vor Feiertagen ist der Außer-Haus-Verkauf von Alkohol zwischen 20 Uhr und 6 Uhr verboten), was viele dazu bringt, sich gleich an einem anderen Ort zu treffen. Für Anwohner sind beide Arten der Zusammenkünfte schlafraubend, jedoch haben die aktuellen Treffen eine andere Qualität – eher den Charakter eines Konzerts unter freiem Himmel.
Polizei: „Die Situation bleibt schwierig.“
Diese Entwicklung kommt dem Miteinander nicht zugute: „Wir leben von Vernunft und Rücksichtnahme in dieser Stadt“, sagt Schaefer. Die Polizei bekräftigt dies und Theodoridou erklärt dazu: „Im Rahmen der Eindämmungsverordnung ist es möglich, ein Alkoholverbot zu verhängen.“
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Davon hat die Polizei – etwa am Winterhuder Kai – auch schon öfter Gebrauch gemacht. Um die Einhaltung zu kontrollieren müssen die Beamten dann natürlich vor Ort bleiben. „Am Winterhuder Kai sprechen wir von einer Wiese, die recht übersichtlich ist“, erklärt die Polizeisprecherin, „im Stadtpark sieht das schon wieder ganz anders aus.“Viel zu unübersichtlich und weitläufig sei das Gelände. Theodoridou: „Die Situation bleibt schwierig.“