Hamburg. Schlauchboote, SUP, Kanus überall. Viele Freizeitpaddler kennen die Verkehrsregeln nicht. Mit der Wasserschutzpolizei auf Streife.
„Hallo! Nicht erschrecken, die Wasserschutzpolizei ist da. Sie müssten sich von der Regattatonne lösen.“ Thomas Klostermann und sein Kollege Uwe „Budi“ Budkiewitz sind auf Streife und steuern mit ihrem Boot das Pärchen auf der Außenalster an, das mit seinem Stand Up Paddle Board (SUP) an einer Tonne festgemacht hat. „Es ist ja angenehm, die Seele baumeln zu lassen, das Problem sind die Nachahmer. Dann sind da nachher zehn dran, und dann reißt die Tonne aus der Verankerung“, sagt der Polizeikommissar und wünscht noch einen schönen Tag.
Wenn die Temperaturen steigen, die Sonne scheint und Wochenende ist, wird die Alster mit ihren Kanälen zum Rummelplatz. Dann holen die Hamburger ihre Schlauchboote raus, pumpen ihre Stand Up Paddle Boards auf, leihen sich Kanus und Tretboote und gehen aufs Wasser. Die Verkehrsregeln aber kennen nicht alle.
Auf Streife mit der Wasserschutzpolizei in Hamburg
Das Revier von Klostermann und Budkiewitz reicht von Ohlsdorf im Norden bis zur Schaartorschleuse bei der Elbphilharmonie, vom Isebekkanal bis zum Eilbekkanal. An diesem Sonnabendnachmittag sind die Alster und ihre Kanäle voll mit Freizeitpaddlern. Da dröhnt laute Musik aus mitgebrachten Boxen, da wird Alkohol getrunken.
Die Alster ist Gemeingebrauch. Das bedeutet: Jeder darf sie nutzen, nicht nur die Ruder- und Segelvereine oder die Berufsschifffahrt. Doch mittlerweile kommt das Gewässer an sonnigen Tagen an seine Kapazitätsgrenze. „Unsere Präsenz ist daher enorm wichtig“, sagt Klostermann. „Das ist wie auf einem Kinderspielplatz. Wenn eine Aufsicht da ist, spielen alle ganz lieb.“ Er gönnt den Menschen die Zeit auf dem Wasser: „Hamburg kann sich so glücklich schätzen.“
Langer Zug ist der Laufsteg auf dem Wasser
Von der Wache Alte Rabenstraße waren die Beamten mit ihrem offenen Boot gestartet. Ohne Persenning in der stechenden Sonne. Steuermann Uwe Budkiewitz steuert auf ein Schlauchboot mit jungen Leuten im Langen Zug auf der Uhlenhorst zu. Der Lange Zug, erzählt Budkiewitz, sei so etwas wie die Dating-App Tinder auf dem Wasser. Hier geht es um Sehen und Gesehenwerden, um Posen und darum, jemanden kennenzulernen.
Zu den vier Männern und der Frau im Schlauchboot sagt Kollege Klostermann: „Mit so einem Glas Rosé ist es nett. Aber auch auf dem Wasser spielt Alkohol eine Rolle. Es gibt eine Promillegrenze. Die liegt bei 0,5 Promille.“
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Dabei treten die Polizisten nicht wie Oberlehrer auf, sondern locker. Auf den Ton kommt es eben an. Die Stimmung auf der Alster ist fröhlich und ausgelassen. Niemand will Spielverderber sein. „Es geht darum, niedrigschwellig eine gewisse Grundordnung, was die Verkehrssicherheit anbelangt, noch aufrechtzuerhalten“, sagt Klostermann. Jedem Einzelnen könne er gar nicht sagen, er müsse rechts und ufernah fahren.
Die Schlauchboot-Kapitäne sind oft im Weg
Das ist trotzdem der Satz, den er in den kommenden drei Stunden am häufigsten den Leuten zuruft, die kreuz und quer und auf der falschen Seite fahren. So wie die Frau im Bikini auf ihrem Stand-Up-Paddle-Board. „Ich mache das heute zum ersten Mal“, ruft sie den Polizisten zu. Diesen hilflosen, überforderten Blick der Anfänger kennt Klostermann schon. Es seien vor allem die Schlauchboot-Kapitäne, die oft im Weg seien. „Die Stand-Up-Paddler haben einen Rundumblick und sind dynamisch. Aber die Schlauchboote haben keinen richtigen Geradeauslauf, da macht das Paddeln dann keinen Spaß mehr. Also lässt man sich einfach treiben.“
Über den Langen Zug geht es weiter. Die Höchstgeschwindigkeit von acht Kilometern pro Stunde kann Steuermann Budkiewitz gar nicht fahren. Es ist zu voll. Über Osterbek- und Goldbekkanal fährt er über den Stadtparksee und dann in Richtung Winterhuder Kai, einer der Hotspot in diesen Tagen, an denen Jugendliche feiern und von der Brücke ins Wasser springen. So auch heute. Mehr als ermahnen kann Klostermann die Jungs, die von der Brücke gesprungen sind und dort schwimmen, nicht. Denn es gilt nicht als Ordnungswidrigkeit. Es ist gefährlich. Einsicht? Fehlanzeige.
Wasserpolizei ist mit Herzblut bei der Arbeit
In der Gruppe muss sich der Jugendliche im Wasser natürlich vor den anderen produzieren, so als Rädelsführer. Da kann man jetzt sagen, was man will. Das weiß auch Thomas Klostermann und redet einfach weiter in der Hoffnung, dass die Jugendlichen ihm zuhören: „Es ist gefährlich, von der Brücke zu springen! Sie sollen Ihren Spaß haben, es geht uns nicht darum, Sie zu ärgern, sondern darum, dass Sie heil nach Hause kommen.“
Wasserregeln auf der Alster
- Jeder hat sich so zu verhalten, dass niemand gefährdet wird
- Es besteht Rechtsfahrgebot und wie im Straßenverkehr rechts vor links.
- Die Berufsschifffahrt darf nicht behindert werden.
- Brücken sind auf der rechten Seite zu durchfahren. Bei mehreren Brückenöffnungen ist die jeweils rechte Öffnung zu benutzen.
- Was selbstverständlich sein sollte: keinen Müll ins Gewässer zu werfen und Tiere zu stören.
- Das Ankern ist genehmigungspflichtig – ebenso die Nutzung von Motoren.
- Das Baden in der Alster wird nicht empfohlen.
- Im Dunkeln ist eine weiße Beleuchtung Pflicht.
- Möglichst kein Alkohol am Ruder, ab 0,5 Promille ist es eine Ordnungswidrigkeit
Klostermann ist mit Herzblut bei der Arbeit. „Wir werden überwiegend positiv aufgenommen.“ Und für einen Spaß sind er und Budkiewitz auch zu haben. Als ein Tretboot mit dem Schriftzug „Polizei“ an ihnen vorbeifährt, wird gewinkt, so von Kollegen zu Kollegen. Die Familie im Polizei-Tretboot mit den Kindern freut es. Kurz darauf kommt ein Ruderer entgegen, der sich durch die Menge an anderen Wassersportlern quält.
Polizei beunruhigt von mangelndem Gefühl für Gefahren
Das darf er. Aber Klostermann fragt den jungen Mann, warum er an einem heißen Nachmittag und dann auch noch mit Kopfhörern im Ohr seinen Sport ausüben muss? „Das macht doch so keinen Spaß. Besser ist es frühmorgens oder abends zu rudern.“
Was die Polizisten beunruhigt, ist das mangelnde Gefühl für Gefahren. „Wenn zu viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, kann es gefährlich werden. Es muss geregelt werden.“ Auch wenn die meisten Menschen Hamburg überwiegend friedlich und ruhig von der Wasserseite aus genießen.