Vor 80 Jahren versank der Stolz der deutschen Kriegsmarine ​im Atlantik. Welche Rolle spielte der Kapitän beim Untergang?

Es sind 60.000 Hamburger am 14. Februar 1939 auf den Beinen, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen. Alle drängen Richtung Hafenkante zu Blohm & Voss. An diesem Tag soll das erste vollwertige Schlachtschiff der Kriegsmarine vom Stapel laufen, das modernste weltweit – die „Bismarck“.

Untergang der „Bismarck“ im Atlantik

250 Meter lang, ein Kraftprotz mit 150.170 PS und 30,6 Knoten schnell. Das Schiff hat eine maximale Panzerung von 350 Millimetern und eine Verdrängung von 53.000 Tonnen. Ausgerüstet mit den vier 38-cm-Zwillingstürmen „Anton“, „Bruno“, „Cäsar“ und „Dora“ verkörpert der schwimmende Gigant die neue deutsche Angriffslust.

Doch der technische Triumph der Hamburger Schiffsbauer endet nur gut zwei Jahre später in einer Tragödie: Vor 80 Jahren, am 27. Mai 1941, verliert die „Bismarck“ die Schlacht gegen das Großaufgebot der britischen Armada und versinkt gut 1000 Kilometer vor Brest in den Tiefen des Atlantiks.

Erste schwere Niederlage der Deutschen

Der Untergang des Kriegsschiffes ist die erste schwere Niederlage der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. „Außerdem führte er dazu, dass die Operationen schwerer Überwassereinheiten im atlantischen Handelskrieg gestoppt wurden“, sagt heute Guntram Schulze-Wegener, Fregattenkapitän der Reserve und Herausgeber des Magazins „SchiffClassic extra“.

Germany's first 35,000 ton post war battleship launched in the presence of Herr Hitler: the Hull of the Bismarck beginning to move down the ways at Hamburg ©2004 Topfoto
Stapellauf der „Bismarck“ bei Blohm & Voss am 14. Februar 1939 © Topfoto | Topfoto

Das hatte sich der „Führer“ natürlich ganz anders vorgestellt, als er 1939 an die Elbe kam. Nach einem Zwischenstopp in Friedrichsruh, der letzten Ruhestätte des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck, trifft Adolf Hitler im Februar des Kriegsbeginn-Jahres in der Hansestadt ein. Der Diktator hat den Stapellauf zum Staatsakt erklärt.

Name „Bismarck“ soll Kontinuität signalisieren

Mit der Wahl des „Eisernen Kanzlers“ zum Namensgeber des Mega-Schlachtschiffes will er Kontinuität signalisieren, ohne die Aggressionspläne zu verschleiern. Die „Vorsehung“ gestatte dem Reich die „Wiederauferstehung aus bitterster Not und dessen wunderbare Vergrößerung“, tönt Hitler bei Blohm & Voss.

Dann schreitet Dorothea von Loewenfeld, die Enkelin des „Eisernen Kanzlers“, zur Tat. Sie tauft das Schlachtschiff auf den Namen ihres Opas, lässt eine Sektflasche am Bug zerschellen und ruft laut: „Auf Befehl des Führers und Reichskanzlers taufe ich dich auf den Namen Bismarck.“ Filmleute der „Wochenschau“ halten die Szenen fest, bei den Zuschauern in den „Kintopps“ setzt sich die Begeisterungswelle fort.

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Sieben Monate später überfällt das Deutsche Reich Polen. Der Zweite Weltkrieg beginnt. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, notiert am 3. September 1939 in seinem Tagebuch: Die Marine werde aufgrund ihrer mangelnden Quantität und Ausstattung im Krieg nicht bestehen, sondern lediglich unter Beweis stellen können, dass sie „mit Anstand“ zu sterben verstünde.

„Bismarck“-Kapitän träumte vom „Heldentod“

In seinem Befehl vom 22. Dezember 1939 verlangt Raeder den „Kampf bis zur letzten Granate“. Selbstversenkung oder gar Kapitulation sind ausgeschlossen. Ernst Lindemann aus dem Westerwald wird zum Kapitän der „Bismarck“ ernannt – und träumt schon in jungen Jahren vom Heldentod auf See. Am Tag, als sein Schiff untergeht, soll der Kapitän zur See am Bug gestanden haben und militärisch salutierend in die Tiefen gesunken sein.

Robert Ballard, spürte nicht nur die gesunkene „Titanic“ auf, sondern auch das Wrack der „Bismarck“.
Robert Ballard, spürte nicht nur die gesunkene „Titanic“ auf, sondern auch das Wrack der „Bismarck“. © Niall Carson/PA Wire | Niall Carson/PA Wire

Ein Überlebender des Kriegsdramas sagt später über den „Bismarck“-Kommandanten: „Wer von uns wusste in diesem Moment schon, dass sich hier die dämonisch anmutende Jugendsehnsucht eines Mannes erfüllte, der im Alter von 13 Jahren eine Versessenheit auf die Marine entwickelt und im Kreis seiner Brüder und Freunde wiederholt als seinen höchsten Wunsch geäußert hatte, einmal sein eigenes Schiff zu kommandieren und auf ihm mit wehender Fahne unterzugehen.“

„Bismarck“ zerstört Schiff der Royal Navy

Im Mai 1941 befindet sich auch Admiral Günther Lütjens an Bord. Die „Bismarck“ sollte bei der Operation „Rheinübung“ gegnerische Handelsschiffe zerstören. Am 24. Mai kommt es in der Dänemarkstraße zwischen Island und Grönland zu einem schweren Gefecht mit der Royal Navy.

Es endet mit einem deutschen Sieg. Nach kurzem Artillerieduell wird die „HMS Hood“, vormals das größte Kriegsschiff der Welt, von den Schüssen aus den Zwillingstürmen der „Bismarck“ so schwer getroffen, dass sie explodiert. Nur drei der 1418 britischen Besatzungsmitglieder überleben die Katastrophe.

Churchill will Vergeltung – „Bismarck“ beschädigt

Großbritanniens Premierminister Winston Churchill will für das Desaster prompte Vergeltung. Fast alle Kriegsschiffe müssen deshalb umgehend nach der „Bismarck“ suchen. Diese nimmt, leicht beschädigt, Kurs auf die französische Küste. Am 26. Mai 1941 entdeckt dann ein Catalina-Flugboot das deutsche Schlachtschiff.

Noch am selben Abend wird es von einem Torpedobomber (Fairey Swordfish) an der Ruderanlage getroffen und damit manövrierunfähig. Am 27. Mai 1941 eröffnen britische Kriegsschiffe pausenlos das Feuer. Den Deutschen geht die Munition aus.

In dieser Situation sendet der Kommandeur des Verbandes, Admiral Lütjens, Funksprüche an Hitler. „Wir kämpfen bis zur letzten Granate. Es lebe der Führer.“ – „Wir kämpfen bis zum Letzten im Glauben an Sie, mein Führer, und im festen Glauben an den deutschen Sieg.“ Von den fast 2500 Besatzungsmitgliedern überleben nur 115.

„Bismarck“-Untergang: Torpedos oder Selbstversenkung?

Bis heute ist umstritten, ob es die britischen Torpedos waren, die letztlich den Untergang herbeiführten. Oder ein Befehl zur Selbstversenkung der „Bismarck“, um „mit wehender Fahne unterzugehen“, wie es dem Ehrenkodex der militärischen Führung entsprach.

Im Sommer 1989 entdeckt der US-amerikanische Forschungstaucher Robert Ballard das Wrack in fast 5000 Metern Tiefe. Um die Trümmer vor Plünderern zu schützen, wird die Fundstelle geheim gehalten. An das Schicksal der „Bismarck“-Toten erinnert ein Gedenkstein in Friedrichsruh – dort, wo der Namensgeber seinen Altersruhesitz hatte: „2371 Mann blieben mit ihrem Schiff auf See“.