Hamburg. Der Chef der Anwalts- und Steuerberaterkanzlei SMP, Hariolf Wenzler, fordert bessere Bedingungen für Start-ups und innovative Konzepte.
Eines meiner Lieblingskunstwerke steht auf dem Campus der Bucerius Law School. Es ist eine Skulptur des Künstlers Rupprecht Matthies, die „nur“ ein Wort darstellt: „Mut“. Die „Zeit“-Stiftung hat es gestiftet. Eigentlich würde ich mir das gleiche Kunstwerk an der Binnenalster wünschen, gerichtet an alle Hamburger/-innen.
Warum Mut? Weil es Hamburg gut zu Gesicht stehen würde, eine mutige Stadt zu sein. Mut ist nämlich eine wunderbare Eigenschaft, die uns Menschen in die Lage versetzt, die Welt um uns herum zu gestalten. Mut liegt zwischen Apathie und Lethargie auf der einen sowie Übermut, Leichtsinn und Draufgängertum auf der anderen Seite. Mut ist so etwas wie die Tankfüllung für Gelingen und Erfolg. Mut wäre eine gute Haltung für Hamburg, insbesondere in diesen Zeiten.
Hamburg braucht unternehmerischen Mut
Wenn wir mit Schwung aus der jetzigen Krise kommen wollen, brauchen wir unternehmerischen Mut. Wirtschaftliche Dynamik kommt nicht aus Amtsstuben und Behörden, Verbänden und Gewerkschaften. Sie kommt von Gründerinnen, Managern und Machern, die neue Produkte und neue Dienstleistungen hervorbringen, Risiken eingehen, Wachstumspläne entwickeln, kluge Köpfe anheuern, in neue Technologien investieren und so die Steuern erwirtschaften, mit denen wir die dann wieder geöffneten Schulen, Schwimmbäder und Kultureinrichtungen finanzieren.
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Aber woher kommen die Unternehmer/-innen der nächsten Generation? Das „Handelsblatt“ berichtete kürzlich, dass immer mehr Nachwuchstalente am liebsten im öffentlichen Dienst arbeiten wollen. Für Hamburg kann das nur ein Weckruf sein, denn die Zutaten für das, was es für eine neue Gründerzeit braucht, sind allesamt vorhanden:
1. Universitäten und Forschungseinrichtungen, die Talente aus Deutschland und aller Welt anziehen, sind die Basis für unsere wirtschaftliche Zukunft. Hamburg hat zahlreiche staatliche und private Hochschulen und ein breites Angebot an Fächern und Fakultäten. Was noch fehlt, sind mehr hochschulnahe Inkubatoren und Gründerzentren, wie München vorbildlich zeigt. Noch ist Hamburg nicht unter den Top 10 der Gründerhochschulen Deutschlands vertreten.
2. Die Ausbildung heimischer und die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte ist notwendig, um den Bedarf an Mitarbeitern zu decken. Wenn Berlin und München mehr internationale Arbeitskräfte anziehen als wir, zeigt das, dass hier noch Luft nach oben ist.
3. Investoren, Mentoren und Förderer bilden eine Kulisse, die in einer Mischung aus Wagniskapital, Expertise, Beratung und Kontaktnetzwerken „Geld und Geist“ zur Verfügung stellt. Dass die Szene ihr Mekka gefunden hat, zeigt sich an den Größenverhältnissen: Berlin ist unangefochten vorne, vor dem Rhein-Ruhrgebiet, München, und erst auf dem vierten Platz folgt Hamburg. Dass es in unserer Stadt an Kapital fehlt, kann jedenfalls nicht der Grund dafür sein.
4. Eine gründerfreundliche Verwaltung steht für den Willen der Regierenden, wobei es hier eher um das Mindset als um Fördergelder geht. Man muss nicht gleich ein ganzes Land „Start-up- Nation“ nennen, wie Israel das tut. Aber „Start-up-City“ wäre doch ein Ziel. Hamburg hat in der Vergangenheit wirtschaftlich der Hanse und dem Welthandel, der deutschen Einheit und der Globalisierung zu Schwung verholfen – warum nicht auch den Start-ups der neuen Zwanzigerjahre?
5. Eine attraktive Zivilgesellschaft spielt eine ebenfalls wichtige Rolle. Die Hauptstadt der Stiftungen und Mäzene, das reiche Kulturleben von Musik über Theater bis in die Clubszene, die Tatsache, dass es hier nicht eine Gesellschaft gibt, sondern ganz viele, bunte und diverse ist ein großes Plus Hamburgs. Ob Berlin, München und andere uneinholbar vorne sind, wie die hier zitierten Daten des „Deutschen Startup Monitor“ vermuten lassen, ist offen. Doch wenn es eine Chance für einen kraftvollen Neustart gibt, dann jetzt. Eine mutige Gesellschaft eröffnet Chancen für die Gründer von heute, die Arbeitgeber von morgen und die Mäzene von übermorgen. Hamburg eben.
Hariolf Wenzler ist CEO der Sozietät SMP mit Sitz in Hamburg, Berlin und Köln, die Investitionen in aufstrebende Unternehmen berät und begleitet. Er ist Mentor des Start-up-Inkubators der RWTH Aachen und Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburg School of Business Administration (HSBA).