Hamburg. Albert X. und sein Neffe Horald C. tauschten sich per Handy über ihre Geschäfte aus. Vor dem Landgericht bekamen sie die Quittung.

Sie waren sich ihrer Sache sicher. Was sollte schon passieren? Man blieb unter sich, alle hatten ein gemeinsames Interesse an reibungslosen Geschäften. Und die Handys, über die man kommunizierte, galten als gut verschlüsselt. Und so besprachen die Kriminellen unverblümt lukrative Drogendeals, feilten an dem Prozedere für Geiselnahmen – und planten sogar Morde.

Doch das Handy-Kommunisationswerk Encro-Chat, die Marke des Vertrauens unter Verbrechern, war in Wahrheit längst von Ermittlern gehackt – und damit eine „ganz dicke Goldader“ für die Polizei, um den wirklich schweren Jungs auf die Schliche zu kommen.

Zwei, die bei großen Drogendeals hatten mitmischen und damit sehr reich werden wollen, bekamen am Freitag die strafrechtliche Quittung dafür, dass sie mit mehr als 100 Kilogramm Kokain handelten. Das Landgericht Hamburg verurteilte den 50 Jahre alten Albert X. und seinen Neffen Horald C. (31) zu hohen Freiheitsstrafen. Der ältere der beiden Männer erhielt neun Jahre und elf Monate Haft, sein jüngerer Verwandter kommt für sechs Jahre und elf Monate hinter Gitter.

Gericht handelt mit Dealern „Deal“ aus

Und dabei machte die Vorsitzende Richterin sehr deutlich: Dies sind noch maßvolle Strafen, bei denen honoriert wurde, dass beide Angeklagte umfassende Geständnisse abgelegt und sich auch sonst überaus kooperativ verhalten hatten. Zu Beginn des Verfahrens war es zu Absprachen über eine Straferwartung, landläufig Deal genannt, gekommen.

Die Handy-Accounts bei Encro-Chat, die Albert X. und seine Mannen nutzten, hatten Namen wie „Killer Move“ oder „Toxic Gang“. So organisierte der 50-Jährige einzelne Deals, bestellte die Ware bei den Großhändlern, ließ das Kokain nach Hamburg liefern und in Bunkerwohnungen lagern, wo der Stoff dann von Horald C. in seiner Qualität geprüft, aufbereitet, gestreckt und schließlich weiterverkauft wurde. Mindestens über die Güteklasse einer Charge äußerte sich der 31-Jährige in einem Chat hoch zufrieden: „Es ist top-top!

Nach Überzeugung des Gerichts erzielten die Angeklagten pro Kilogramm Kokain einen Preis von mindestens 29.000 Euro. Bei den Ermittlungen spielten Observationen der Verdächtigen eine große Rolle, aber eben vor allem die abgehörte Kommunikation über Encro-Chat, wo die Täter beispielsweise auch über Liefermengen und den Preis plauderten.

Haupttäter hat kriminelle Vergangenheit

Das Gericht bezeichnete Albert X. als „Drahtzieher“ und „Kopf“ einer Bande. Das Verhältnis zwischen ihm und seinem Neffen bei den Kokaindeals sei in etwa das wie „Meister und Geselle“ gewesen. Tatsächlich hat der 50-Jährige im kriminellen Milieu sehr große Erfahrungen.

1997 wurde er wegen Mordes zu einer lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Hintergrund für das Verbrechen waren blutige Verteilungskämpfe rivalisierender Gruppen um eine Vorherrschaft bei Drogengeschäften auf dem Kiez. Im Zusammenhang mit dieser brutalen Fehde war es zu mehreren Schießereien gekommen.

18 Jahre Haft wirkten nicht abschreckend

Besonders tragisch: Bei einem dieser Kämpfe wurde am 12. Dezember 1994 in Altona ein unbeteiligter Kaufmann ermordet. Der 43-Jährige hatte einen flüchtenden Mann irrtümlich für einen Ladendieb gehalten und sich ihm in den Weg gestellt. Um seinen Komplizen zu befreien, erschoss Albert X. daraufhin den Kaufmann. „Gezielt in den Kopf, wie bei einer Hinrichtung“, urteilten seinerzeit die Richter im Schwurgerichtsprozess.

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Insgesamt saß Albert X. 18 Jahre hinter Gitter, bis er 2013 aus dem Gefängnis entlassen wurde. Spätestens sieben Jahre später begann er dann mit den neuen Drogengeschäften. Strafschärfend sei bei diesem Angeklagten zu bewerten, so die Richterin, dass ihn auch seine langjährige Haft nicht von neuen kriminellen Handlungen habe abhalten können. Albert X. und Horald C. hätten ein Verhalten gezeigt, das von „enorm hoher krimineller Energie zeugt“.