Hamburg. Hamburgs bekanntestes Museumsschiff macht heute nach 140 Seemeilen in Bremerhavener Werft fest. Hier steht Check-up für den TÜV an.
Wer fest daran glaubt, dass Schiffe eine Seele haben, der wird am Sonntag einen fröhlichen Jubel vernommen haben. Endlich konnte die „Cap San Diego“ nach gut 18 Monaten Zwangspause ihren Liegeplatz an der Überseebrücke verlassen.
Es war Sonntag, 16.11 Uhr, als es auf dem weltweit größten fahrtüchtigen Museumsfrachtschiff hieß: „Leinen los!“ Strahlende Gesichter bei der 50-köpfigen Crew vom Maschinenraum bis zur Brücke mit Kapitän Birger Möller. Mit zwei Schleppern wurde das Schiff auf den Strom gezogen. Und endlich konnte der „weiße Schwan des Südatlantiks“ nach der coronabedingten langen Auszeit auf Reisen gehen. Auch wenn das Ziel nicht Südamerika heißt, sondern nur Bremerhaven.
„Cap San Diego“ muss zum Check-up in die Werft
Nach knapp 140 Seemeilen geht der Törn an diesem Montag allerdings bereits wieder zu Ende. Die rüstige Lady (Baujahr 1961 und damit so alt wie George Clooney) muss zum Check-up in die Werft. Bei Bredo Dry Docks Bremerhaven wartet eine lange Liste von Erhaltungsarbeiten auf die Dockarbeiter. Mehr als 200 Werftpunkte müssen erledigt werden, sagt Ann-Kathrin Cornelius, Geschäftsführerin der Cap San Diego Betriebsgesellschaft. Erst dann erhält der Dampfer wieder den Schiffs-TÜV des Germaninschen Loyd.
In den vergangenen Tagen waren viele der 120 ehrenamtlichen Mitarbeiter an Bord, um alles für den Start vorzubereiten. 50 von ihnen sind nun auch an Deck des Schiffes, wenn es an diesem Montag ins Trockendock kommt. Zuvor musste die gesamte Crew sich einem Corona-Test unterziehen. Statt gemütlich in ihren Kojen zu arbeiten, stand die ganze Nacht über Arbeiten auf dem Programm. Wache schieben, die Maschinen am Laufen halten, schmieren und ölen.
Teil der Crew bleibt in Bremerhaven
Weil Arbeiten bekanntlich hungrig macht, wird die Besatzung heute mit einem opulenten Mittagsmahl verwöhnt. Es gibt überbackene Schweinesteaks in Sahne-Lauch-Sauce sowie Kartoffel- Brokkoli-Gratin mit Salat. Während ein Teil der Crew nach dem Festmachen wieder nach Hause zurückkehrt, bleiben rund 30 Mitarbeiter in Bremerhaven. Sie beziehen in einem Hostel ihr Quartier und werden bis zum Ende des Werftaufenthalts am 8. April an Bord arbeiten.
„Es müssen beispielsweise die Holzdecks erneuert und das Ladegeschirr gefettet werden“, sagt die 29-jährige Ann-Kathrin Cornelius. Die Tochter von Bauern aus Ostfriesland ist seit 2018 Geschäftsführerin der Cap San Diego Betriebsgesellschaft. Sie wird ebenfalls bis zum Ende der Werftarbeiten in Bremerhaven bleiben. Im Mittelpunkt der Aufgaben steht diesmal die Erneuerung und Konservierung der 32 Tanks, die teilweise verrostet sind. Der „weiße Schwan“ soll auch von Schmutz und Muscheln befreit werden und einen neuen Anstrich bekommen.
Kosten für Werftaufenthalt: 1,4 Millionen Euro
Der komplette Rumpf wird zudem einer Dickenmessung unterzogen, damit die Sicherheit des Schiffes auch künftig sichergestellt werden kann. Die Kosten für diesen Werftaufenthalt belaufen sich auf rund 1,4 Millionen Euro. Einen Teil davon – etwa 50 Prozent – erhält die Stiftung Hamburger Admiralität als Schiffseignerin aus dem Denkmalschutzprogramm des Bundes. Den anderen Teil muss die Stiftung selbst aufbringen, die dafür auf weitere Spenden angewiesen ist.
Ann-Kathrin Cornelius sitzt auf dem Palaverdeck und nutzt die kurze Pause, mal einen Blick in die Zukunft zu wagen. Sie hofft, wenn es Corona erlaubt, dass im Spätherbst 2021 wieder die beliebten Fahrten mit maximal 500 Gästen stattfinden können und bereits im Sommer der Hotelbetrieb an Bord startet.
„Cap San Diego“ feiert Jubiläum
„Vielleicht sind im Sommer auch kleine Veranstaltungen wieder möglich“, hofft sie und fügt hinzu: „Jetzt sind erst einmal alle froh, dass sie mit nach Bremerhaven fahren dürfen.“ Gern auch zehn bis 13 Knoten schnell, wenn es erlaubt ist.
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Die „Cap San Diego“ feiert in diesem Jahr ihren Stapellauf vor 60 Jahren. Im März 1962 trat das Frachtschiff der Reederei Hamburg-Süd seine erste Fahrt nach Südamerika an. Bis zum Jahr 1981 verkehrte die „Cap San Diego“ regelmäßig im Liniendienst zwischen Europa und der Ostküste Südamerikas und absolvierte in dieser Zeit 120 Rundreisen. Eine Rundreise dauerte etwa 60 Tage. An Bord konnten maximal zwölf zahlende Passagiere mitfahren, die für damalige Verhältnisse luxuriös untergebracht waren.
Hamburg rettete „Cap San Diego“ vor Hochofen
Schließlich wurde der „weiße Schwan“ an eine spanische Reederei verkauft, bis ihm als „Sangria“ unter der Flagge der Karibikinseln St. Vincent & Grenadine Anfang der 1980er-Jahre die Verschrottung drohte. Kurz zuvor konnte die Hansestadt den Frachter jedoch vor dem Hochofen retten.
1986 machte der marode Dampfer in Hamburg wieder fest. Nach einer Generalüberholung in Dock 15 der Werft HDW wurde 1987 das Fundament für ein neues Wahrzeichen Hamburgs gelegt.