Hamburg. Eine neue Studie berechnet die Bedeutung der Logistikdrehscheibe – und kommt zu einem anderen Ergebnis als dem bisher vermuteten.

Es gab nicht allzu viele Erfolgsmeldungen aus dem Hamburger Hafen in den vergangenen Wochen. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) war es am Donnerstag umso mehr ein Bedürfnis, die ökonomische Bedeutung des Hafens hervorzu­heben. Er stellte eine neue Untersuchung vor, an der unter anderem das In­stitut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), der ETR (Economic Trends Research) und das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik CML beteiligt waren. Ergebnis: Hamburgs Hafen ist regional-, aber auch gesamtwirtschaftlich immer noch ein Schwergewicht.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung ist deshalb sogar mehr als doppelt so groß wie von bisherigen Studien angenommen. Der Grund dafür ist allerdings, dass sich die Methodik der Untersuchung geändert hat. Demnach hängen bundesweit 607.000 Arbeitsplätze am Hamburger Hafen. Bisher war man von rund 260.000 ausgegangen.

Die neue Untersuchung rechnet aber alle Arbeitsplätze von Betrieben mit ein, die über den Hamburger Hafen Waren exportieren, oder importieren. Auch die gesamten Logistikketten, Lokführer, Lkw-Fahrer, Lageristen werden in der neuen Studie berücksichtigt. Hinzu kommen sogenannte „induzierte“ Jobs, also Menschen, die im Vorfeld des Hafenbetriebs Dinge regeln oder herstellen.

Ohne den Hafen würden Hamburg 47.000 Jobs fehlen

Deutlich strenger grenzt die Untersuchung davon die direkt hafenabhängigen Beschäftigten ab. In der Vergangenheit ging man von 82.000 aus. Die neue Studie spricht nur von 47.000 Jobs, die in Hamburg ohne Hafen fehlen würden. „Wir haben das strikter eingegrenzt“, sagte Volkswirtschaftsprofessor Michael Bräuninger von ETR. „Banken, Versicherungen, Schiffsfinanzierer und Großhandel haben wir herausgerechnet. Auch Reedereien werden nur noch mit dem Anteil berücksichtigt, den sie auf Schiffsanläufe in Hamburg aufwenden.“ Unterm Strich würde es ohne Hamburgs Hafen bundesweit 114.000 Arbeitsplätze in Deutschland nicht geben, 47.000 davon in Hamburg, sagte Sönke Maatsch, Untersuchungsbeauftragter des ISL.

Auch die mit dem Hafen verbundene Bruttowertschöpfung ist nach der Neuberechnung größer als bisher vermutet: Deutschlandweit sind es demnach 50,8 Milliarden Euro. Die Wertschöpfung sei seit 2014 sogar gestiegen, obgleich das Ladungsaufkommen im Hafen stagniert und die Beschäftigtenzahlen an der Kaikante zurückgegangen seien, so Maatsch. Auch die Steuereinnahmen aus dem Hafen sind höher: Ging man bisher von rund 800 Millionen im Jahr aus, sollen es nun 1,2 Milliarden Euro sein.

Wirtschaftssenator Michael Westhagemann.
Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

„Die Zahlen zeigen beeindruckend, welche Bedeutung der Hamburger Hafen für die gesamte deutsche Wirtschaft hat“, sagte Westhagemann. „Das wäre ein Anlass, beim Bund mehr Engagement einzufordern, wenn er sieht, welche Bedeutung die Logistikdrehscheibe in Hamburg für die ganze Nation hat.“

Gutachten der Umweltverbände, wonach die Bedeutung des Hafens gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung der Stadt abnimmt, wies Bräuninger zurück: „Die Untersuchungen sind wenig datenbezogen. Die Verbände zählen nur die auf den Terminals Beschäftigten. Das greift zu kurz.“ Der Nachteil der am Donnerstag präsentierten Studie: Sie basiert auf Daten aus 2019. Die Pandemiefolgen sind nicht berücksichtigt.

Lesen Sie auch: