Hamburg. Nur 26 Prozent der städtischen Führungskräfte sind weiblich. Ihr Anteil sinkt sogar. Die CDU kritisiert das scharf.

Nein, man kann nicht sagen, dass der rot-grüne Hamburger Senat ein bundesweit leuchtendes Vorbild bei der Gleichstellung ist. Weder gibt es einen Menschen mit Migrationshintergrund in seinen eigenen Reihen, noch sind Frauen in den Führungspositionen der Hamburger Verwaltung auch nur annähernd so häufig zu finden, wie es ihrem Bevölkerungsanteil oder ihrem Anteil an der Belegschaft entspricht. Zuletzt ist der Frauenanteil bei den Führungspositionen sogar wieder gesunken. Das zeigt der aktuelle Personalbericht.

Demnach waren im Jahr 2019 von den rund 73.000 Beschäftigten in den Hamburger Behörden und Ämtern zwar 56,2 Prozent Frauen. Bei den Spitzenpositionen in der Verwaltung, zu denen der Senat selbst die Besoldungsgruppen B2 bis B6 zählt, waren es dagegen nur 26,7 Prozent. Damit ist der Anteil von Frauen an den Top-Positionen gegenüber 2018, als er bei 29,3 Prozent lag, sogar noch zurückgegangen. Das ist umso erstaunlicher, weil die Verwaltung insgesamt weiblicher geworden ist: Der Anteil von Frauen unter den Beschäftigten der Hamburger Ämter und Behörden war 2019 von 55,9 auf 56,2 Prozent sogar leicht angestiegen.

Rückgang bei weiblichen Führungskräften

Der Rückgang bei den weiblichen Führungskräften ist ein Rückschlag für die Bemühungen des Senats um eine stärkere Beteiligung von Frauen. Denn zwischen 2013 und 2018 war es immerhin gelungen, ihren Anteil in den Besoldungsgruppen B2 bis B6 kontinuierlich von 17,2 auf 29,3 Prozent zu erhöhen.

Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Anke Frieling hat die jüngste Entwicklung jetzt scharf kritisiert. „Als stellvertretende Landesvorsitzende und Mitglied des Bundesvorstands der Frauen Union braucht mir keiner zu erklären, wie schwierig es ist, führende Positionen mit Frauen zu besetzen. Da gibt es zig kleinere und größere Hürden, Tricks und ,besondere Umstände, warum es nicht geht‘“, sagte Frieling dem Abendblatt. „Aber in einer Stadt wie Hamburg, die von zwei Parteien regiert wird, die sehr stolz auf ihre Frauenquote sind und nicht oft genug betonen können, wie sehr sie sich für die Frauen einsetzen, ist die aktuelle Entwicklung eine Riesen-enttäuschung.“ Es werde Zeit „für härtere Vorgaben – in der Hamburger Verwaltung gibt es genügend Frauen, auch genügend qualifizierte Frauen“, sagte Frieling. „Da kann’s dann ja wohl nur am mangelnden Willen liegen.“

Kritik der CDU

Die CDU-Politikerin kritisierte auch, dass auf die Ursachen für den gesunkenen Anteil von Frauen bei den Spitzenpositionen im Personalbericht nicht eingegangen werde. „Sucht man jedoch nach Maßnahmen, die der Senat ergreift, findet man viele Hinweise auf ein ausgeklügeltes Informations- und Berichtswesen und wenig konkrete Zielsetzungen und Vorgaben, an denen man sich messen lassen könnte“, so Frieling. „Aber ,Ermutigungsklauseln‘ (für Frauen, sich überhaupt zu bewerben) und eine Veranstaltungsreihe ,Frauen in Spitzenfunktionen‘ führen offensichtlich nicht dazu, dass Frauen dann auch wirklich für eine Spitzenposition ausgewählt werden.“

Zwar plädiert die Bürgerschaftsabgeordnete nicht für eine sofort einzuführende starre Quote – deren Umsetzung sei unrealistisch. Sie fordert stattdessen „einen klaren Pfad mit einem regelmäßigen Aufwuchs über die nächsten zehn Jahre“. Wenn es schneller gehe, sei das zwar „wunderbar“. Kleinere Schritte mit zum Beispiel jährlich drei bis fünf Prozentpunkten mehr „würden uns aber wohl besser, kontinuierlicher und zielgerichteter weiter bringen“, so Frieling.

Der Senat sieht das Problem

Im Senat sieht man das Problem durchaus. Es stimme zwar, dass der bisherige Spitzenwert von 2018 im vergangenen Jahr bei Frauen in Führungspositionen nicht erricht worden sei, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer. „Die Verringerung im Jahr 2019 auf den aber immer noch zweithöchsten Wert seit 2013 ist aber kein Ausdruck einer Trendumkehr, sondern die Folge von einzelnen Stellenbesetzungsverfahren, in denen für ausscheidende Frauen Männer zum Zuge gekommen sind.“

So sei etwa für eine frühere Amtsleiterin, die Staatsrätin geworden, also weiter aufgestiegen sei, in ihrer ehemaligen Funktion ein Mann gefolgt. „Angesichts der vergleichsweise kleinen Grundgesamtheit von rund 120 Personen in den Bezahlgruppen B2 bis B6 bewirkt schon ein einziger solcher Fall eine Reduzierung des Wertes um 0,8 Prozent“, so der Senatssprecher.

Lesen Sie auch:

Eine streng verbindliche Quote für die Besetzung von Führungsfunktionen in der städtischen Verwaltung gebe es nicht. „Betrachtet man den Frauenanteil an allen Führungsfunktionen in der hamburgischen Verwaltung, beträgt dieser seit 2017 konstant über 40 Prozent“, so Schweitzer weiter. Der Senat belasse es auch nicht bei Appellen. Im Hamburgischen Gleichstellungsgesetz gebe es zahlreiche Vorgaben, die zu einer stärkeren Förderung von Frauen führen sollten.

Im Senat selbst haben diese offenbar noch keine Wirkung entfaltet: Lediglich vier der zwölf Senatsmitglieder sind weiblich. Das liegt allein an der SPD. Während die Grünen zwei ihrer vier Senatsposten mit Frauen besetzt haben, hat die SPD nur zwei ihrer acht Regierungspositionen an Frauen vergeben.