Die Grünen werden in der Landesregierung vier statt bisher drei Ressorts führen. Die SPD setzt personell auf überraschende Kontinuität.

Exakt 100 Tage nach der Bürgerschaftswahl am 23. Februar wollen SPD und Grüne am Dienstag ihren Koalitionsvertrag vorstellen. Nachdem die Grünen ihren Stimmenanteil bei der Wahl auf gut 24 Prozent nahezu verdoppelt hatten (die SPD blieb trotz Verlusten mit 39 Prozent klar stärkste Kraft), trägt das Werk eine deutlich grünere Handschrift als der Vertrag für die vergangenen fünf Jahre. Unter anderem sollen pro Jahr 60 bis 80 Kilometer neue Radwege entstehen statt bislang 30 bis 40. Zudem soll die Innenstadt in Teilen autofrei oder autoarm werden, etwa am Jungfernstieg. Die Bemühungen beim Klimaschutz sollen verstärkt werden.

Auch der Zuschnitt der Behörden und die Zusammensetzung des Senats ändern sich. Nachdem am Freitagabend bereits bekannt wurde, dass die Grünen statt drei künftig vier deutlich aufgewertete Behörden führen werden und die SPD nur noch sieben statt bislang acht, gab es über das Wochenende noch einige personelle Überraschungen: So soll die Landesvorsitzende der Grünen, Anna Gallina, neue Justizsenatorin werden. Amtsinhaber Till Steffen wird nach Abendblatt-Informationen 2021 für den Bundestag kandidieren.

Die Rochade überrascht, da Gallina im Gegensatz zu Steffen keine Juristin ist. Den Grünen war es aber wichtig, ihre Senatsposten paritätisch mit Frauen und Männern zu besetzen. Katharina Fegebank bleibt Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin.

Unerwartete Kontinuität bei der SPD

Auf SPD-Seite gibt es eine unerwartete Kontinuität: Neben Bürgermeister Peter Tschentscher bleiben alle Senatsmitglieder an Bord, also auch Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt. Sie hatte Spekulationen über einen Rückzug aus der Politik genährt, als sie 2019 ankündigte, nach 34 Jahren nicht mehr für die Bürgerschaft zu kandidieren.

Alles zum neuen rot-grünen Senat:

Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks hatte bereits im Vorfeld bekannt gegeben, ihr Amt aus Altersgründen aufzugeben. Ihre Behörde wird aufgespalten: Die Verantwortung für Gesundheit (inklusive der Corona-Bekämpfung) wechselt in die Sozialbehörde, das Thema Verbraucherschutz in die Justizbehörde. Im Gegenzug entsteht eine neue „Behörde für Verkehr und Mobilitätswende“ unter dem bisherigen Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks.

Dass nur noch zwei von acht Senatsmitgliedern Frauen sind, sorgte in der SPD für Gemurre, letztlich segnete der Landesvorstand den Vertrag und das Personaltableau am Montagabend aber ebenso ab wie zuvor die Grünen-Führung. Wenn bis zum 6. Juni auch die Mitglieder beider Parteien zustimmen, könnte sich Bürgermeister Tschentscher am 10. Juni im Parlament zur Wiederwahl stellen.

Der neue Hamburger Senat im Überblick:

  • Peter Tschentscher (SPD): Erster Bürgermeister
  • Katharina Fegebank (Grüne): Zweite Bürgermeisterin
  • Andreas Dressel (SPD): Finanzsenator
  • Dorothee Stapelfeldt (SPD): Stadtentwicklungssenatorin
  • Jens Kerstan (Grüne): Umweltsenator
  • Ties Rabe (SPD): Schulsenator
  • Michael Westhagemann (parteilos): Wirtschaftssenator
  • Melanie Leonhard (SPD): Sozial- und Gesundheitssenatorin
  • Andy Grote (SPD): Innen- und Sportsenator
  • Anna Gallina (Grüne): Justiz- Verbraucherschutzsenatorin
  • Anjes Tjarks (Grüne): Verkehrssenator
  • Carsten Brosda (SPD): Kultur- und Mediensenator