Hamburg. Dramatischer Appell des Bürgermeisters. Von Montag an Maskenpflicht für Schüler der Oberstufe und Berufsschulen im Unterricht.

Hamburgs Polizei bereitet sich auf die erste Sperrstunde vor: Ab Sonnabend müssen alle Gaststätten wegen der steigenden Corona-Zahlen um 23 Uhr schließen.

Unter den größten deutschen Städten steht Hamburg bei der dynamischen Entwicklung der Pandemie zwar etwas besser da, dennoch greift der rot-grüne Senat jetzt zu drastischen Schritten. „Wir sind seit Beginn der Pandemie besonders vorsichtig und damit relativ gut gefahren. Deswegen ergreifen wir jetzt früh weitere Maßnahmen“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Freitagnachmittag im Rathaus.

Tschentscher: „Wir sind in einer kritischen Phase der Pandemie“

Tschentscher richtete einen dramatischen Appell an die Hamburgerinnen und Hamburger, alle Regeln einzuhalten. „Wir sind in einer kritischen Phase der Pandemie und wir müssen im Interesse aller unbedingt verhindern, was um uns herum in Europa schon eingetreten ist“, sagte der Bürgermeister. In Frankreich zum Beispiel sei der Gesundheitsnotstand ausgerufen – und die spanische Hauptstadt Madrid abgeriegelt. „Wir müssen in Deutschland diese schlimme Entwicklung unbedingt verhindern.“

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Das liege im Interesse der Kinder in den Kitas und Schulen, der Eltern, aber auch der älteren Generation, die schwer erkranken könne. „Daher ist es wichtig – auch für die Wirtschaft, die einen zweiten Lockdown nicht verkraften würde –, dass wir jetzt sehr konsequent sind. Es kommt jetzt auf alle an“, mahnte Tschentscher. Wenn die Dynamik bei den Infektionszahlen derart fortschreite, müsse es in Hamburg wieder Einschränkungen wie im Frühjahr geben.

Hamburg: Sperrstunde von 23 bis 5 Uhr ab Sonnabend

Die einschneidendste Verschärfung: Bereits vom heutigen Sonnabend an soll eine Sperrstunde von 23 Uhr bis 5 Uhr morgens für alle Gaststätten gelten. In dieser Zeit ist auch der Verkauf von Alkohol untersagt. „Wir erwarten, dass wir das Infektionsgeschehen damit etwas einbremsen können. Die Sperrstunde ist ein invasives Instrument, zu dessen Anwendung wir uns leider gezwungen sehen“, sagte Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD).

Der Senat hält an der Sperrstunde fest, obwohl das Berliner Verwaltungsgericht am Freitag die entsprechende Regelung in der Hauptstadt für rechtswidrig erklärt hat. „Das war ein erstinstanzliches Urteil, das noch einmal überprüft werden wird. Wir gehen davon aus, dass unsere Begründung hier Bestand hat“, sagte Tschentscher.

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Grote kündigt strenge Kontrollen in Hamburg an

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Maßnahme gab es Protest. „Es ist empörend, dass der Senat im Schnelldurchlauf die Einführung einer Sperrstunde bereits für Sonnabend anordnet. Der Gastronomie wird nicht ausreichend Zeit gegeben, um sich auf diese neue Vorschrift einzustellen“, sagte Dehoga-Präsident Franz Klein.

„Außerdem ist aus unserer Sicht die Sperrstunde nicht dafür geeignet, um die Pandemie einzudämmen. Die Leute werden auch nach 23 Uhr weiterfeiern, und dann machen sie das an Orten, an denen nicht die Kontaktdaten der Gäste abgefragt werden und wo nicht wie in der Gastronomie auf die Einhaltung von Mindestabstand und Tanzverbot geachtet wird“, so Klein.

Innensenator Andy Grote (SPD) kündigte an, die Kontrollen zur Einhaltung der Corona-Regeln „mit großer Konsequenz in der ganzen Stadt“ fortzusetzen. „Der Begriff Sperrstunde kommt im St.-Paulianer-Wortschatz bislang nicht vor. Es wird daher eine gewissen Anlaufzeit geben, wenn nicht gleich um 23 Uhr alle Stühle hochgestellt sind. Aber wir kommen nicht dreimal“, sagte Grote. Bei Verstoß gegen die Sperrstunde wird ein Bußgeld von 5000 Euro fällig.

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Maskenpflicht für Schüler der Oberstufe und der Berufsschulen im Unterricht

Private Feiern außerhalb der eigenen Wohnung sind nur noch mit höchstens 25 Personen zulässig. An Partys und Festen in den eigenen vier Wänden dürfen nur noch 15 Personen teilnehmen. Auch bei Veranstaltungen gelten strengere Regeln: In geschlossenen Räumen liegt die Grenze bei 50 Teilnehmern, im Freien bei 100 Personen, wenn es keine festen Sitzplätze gibt. Wird Alkohol ausgeschenkt, reduzieren sich die Zahlen um die Hälfte. Bei Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen muss bereits ab einer Zahl von 100 Teilnehmern ein detailliertes Schutzkonzept vorgelegt werden.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) kündigte an, dass es nach dem jetzigen Ende der Herbstferien beim kompletten Präsenzunterricht bleibe. Allerdings gilt von Montag an eine Maskenpflicht für aller Schüler der Oberstufe und der Berufsschulen im Unterricht. „Die Schule ist ein sehr sicherer Ort. Aber wir müssen damit rechnen, dass sich ältere Schüler vermehrt in ihrer Freizeit anstecken“, sagte Rabe.

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Hamburg hält am umstrittenen Beherbergungsverbot fest

Hamburg hält zumindest vorläufig am umstrittenen Beherbergungsverbot fest. „Ich bin skeptisch bei dieser Regelung, weil ihre Wirkung begrenzt ist“, sagte Tschentscher am Freitag. Aber die Ministerpräsidenten der Länder hätten sich darauf verständigt, die Regelungen bis zum 8. November beizubehalten und dann auszuwerten. „Und Hamburg ist vertragstreu“, setzte Tschentscher hinzu. Einige Länder haben das Beherbergungsverbot inzwischen abgeschafft.

Kurioserweise setzte sich die Stadt in einem juristischen Streit um die ungeliebte Regelung durch. Antragsteller aus Köln, die ihren Urlaub in Hamburg verbringen wollten, hatten beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen die Coronavirus-Eindämmungsverordnung eingelegt. Hintergrund: Seit dem 12. Oktober brauchen Touristen aus Gebieten wie Köln, wo der Inzidenzwert 50 überschreitet, einen Test, der bescheinigt, dass sie nicht infiziert sind.

Situation in einem Stadtstaat wird anders bewertet

Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. „Das Interesse an der öffentlichen Gesundheit und des Infektionsschutzes und damit letztlich das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Menschen überwiege das für sich genommen durchaus gewichtige Interesse der Antragsteller an der Durchführung eines bereits geplanten Erholungsurlaubes“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts.

Die Situation in einem Stadtstaat wie Hamburg mit einer Vielzahl von Menschen und Touristen auf engem Raum müsse anders bewertet werden als in Flächenstaaten wie Baden-Württemberg oder Niedersachsen. Zudem sei den Antragstellern zuzumuten, einen Test vorzulegen. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

17 Menschen auf der Intensivstation

Die Zahl der registrierten Corona-Neuinfektionen in Hamburg ist innerhalb eines Tages um 160 Fälle (Donnerstag: 168) gestiegen. Wie die Gesundheitsbehörde am Freitag mitteilte, erhöhte sich die Sieben-Tage-Inzidenz von 41,4 auf 42,2 Neuinfektionen. Der Wert, der die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen angibt, liegt nun seit gut einer Woche über dem als kritisch geltenden Wert von 35. In Berlin beträgt der Sieben-Tage-Wert 73,9, in Bremen 85,3, in Köln 75,4, in Stuttgart 82,9 und in München 57,7.

Seit Beginn der Pandemie infizierten sich in Hamburg 9615 Menschen mit dem Virus Sars-CoV-2. Rund 7500 gelten nach Schätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) als genesen, 100 mehr als am Vortag. In Hamburger Krankenhäusern wurden am Donnerstag unverändert 58 Covid-19-Patienten behandelt. Auf Intensivstationen lagen 17 Menschen, zwei mehr als am Vortag.