Hamburg. Inzidenzwert liegt in Hamburg viermal in Folge über 35. Bürgermeister verkündet Maskenpflicht auf belebten Straßen und Plätzen.

Es ist eine Verschärfung der Corona-Eindämmungsverordnung mit Ansage. Wenn an drei aufeinanderfolgenden Tagen der Sieben-Tage-Inzidenzwert über 35 (Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner) liege, das hatte der rot-grüne Senat betont, dann werden weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens wirksam. Am Sonnabend war es so weit, und so verkündeten Bürgermeister Peter Tschentscher und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (beide SPD) eine Ausweitung der Maskenpflicht, die von Montag an gelten soll.

Danach müssen Mund-Nasen-Bedeckungen in allen öffentlichen Gebäuden mit Publikumsverkehr, in der Gastronomie und im Einzelhandel von allen getragen werden. Die Maskenpflicht gilt auch bei Großveranstaltungen und bei Demonstrationen. Bei Theater- und Filmaufführungen, bei Konzerten und in der Gastronomie dürfen die Masken erst mit der Einnahme des Sitzplatzes abgenommen werden.

Pflicht zum Masketragen zeitlich begrenzt

Darüber hinaus müssen Mund-Nasen-Bedeckungen auf Straßen und Plätzen getragen werden, „wo es regelhaft zu größeren Ansammlungen und Enge“ kommt, wie es in einer Mitteilung des Senats heißt. Davon betroffen sind 14 zum Teil recht kleinteilige Bereiche vor allem auf St. Pauli, in Altona und im Schanzenviertel, aber auch in Winterhude und St. Georg. Kompliziert wird die Anordnung zusätzlich dadurch, dass die Pflicht zum Tragen der Masken jeweils nur für bestimmte Tageszeiten und zum Teil nur an bestimmten Wochentagen gilt.

Tschentscher sprach von einem „vertretbaren Schritt“. Ein maßgeblicher Faktor für das Infektionsgeschehen seien „Personen im öffentlichen Raum“. Weitere Einschnitte, wie sie etwa Berlin mit der Einführung von Sperrstunden getroffen hat, seien derzeit nicht geplant, aber auch nicht ausgeschlossen. „In den letzten Wochen hat die Pandemie-Dynamik zugenommen. Wir kommen in eine kritische Phase“, sagte der Bürgermeister. „Wenn wir richtig handeln, können wir die Entwicklung verbessern und verhindern, was derzeit in anderen europäischen Ländern, vor allem in den Metropolen passiert.“

Sozialsenatorin: "Wir stehen an einem Scheideweg"

Auch Gesundheitssenatorin Leonhard wies auf den Ernst der Lage hin. „Wir stehen an einem Scheideweg. Die Dynamik ist noch einbremsbar, kann aber auch noch leicht außer Kontrolle geraten“, sagte die Senatorin. Am Sonnabend wurden 98 neue Covid-19-Infektionen gemeldet, ein Mensch starb. Der Sieben-Tage-Inzidenz-Wert stieg damit auf 38,8. Am Sonntag meldete die Sozialbehörde 52 Neuinfektionen, der Inzidenzwert sank danach leicht auf 38,1.

Das Coronavirus in Deutschland und weltweit

Allerdings hat es bei der Erfassung der Corona-Fälle am Wochenende erneut ein technisches Problem gegeben. Wie ein Sprecher der Sozialbehörde bestätigte, ist eine zweistellige Zahl von Infektionen nicht in den veröffentlichten Daten enthalten. Daher geht die Sozialbehörde davon aus, dass es keinen signifikanten Rückgang der Neuinfektionen im Vergleich zu den Vortagen gegeben hat. Zu Wochenbeginn soll die Zahl demnach korrigiert werden, sobald alle Daten vorliegen.

Inzwischen wieder mehr Corona-Infektionen in höheren Altersgruppen

Leonhard wies darauf hin, dass weiterhin die Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen am stärksten von Neuinfektionen betroffen sei. „Aber es gibt auch erheblich mehr Fälle in höheren Altersgruppen“, sagte Leonhard. Derzeit würden 50 Corona-Infizierte stationär behandelt, die Tendenz sei steigend. „Aber die Situation der medizinischen Versorgung ist sehr stabil“, betonte die Senatorin. Dennoch richteten sich die Kliniken auf einen möglichen weiteren Anstieg ein. Die Ausgangslage sei bedeutend günstiger als im März. „Wir kennen das Virus besser, und es gibt ausreichend Schutzkleidung“, sagte Leonhard.

Kritik an der Entscheidung vom Wochenende kam von der CDU. „Dieser Beschluss des rot-grünen Senats wird zu einem Flickenteppich führen, der die Hamburger verwirren und verunsichern wird. Das Infektionsgeschehen wird so nicht eingedämmt, im Gegenteil: Die Akzeptanz der wirklich hilfreichen Corona-Regeln wird durch solche nicht nachvollziehbaren Maßnahmen sinken“, sagte Christoph Ploß, Bundestagsabgeordneter und CDU-Landesvorsitzender.

Coronavirus: Kritik an Maskenpflicht in Winterhude

Für Kritik sorgte auch die Regelung in Winterhude, wo am Mühlenkamp im Abschnitt zwischen Körnerstraße und Preystraße/Poelchaukamp in der Zeit von 12 Uhr bis 1 Uhr eine Maskenpflicht gilt. „Grund ist die Baustelle Mühlenkamp 7. Statt einer Maskenpflicht im südlichen Mühlenkamp sollte die Verwaltung lieber endlich einen Gehweg vor der Baustelle Mühlenkamp 7 einrichten. Denn aktuell werden die Fußgänger gezwungen die Straßenseite zu wechseln“, sagte Bernd Kroll, Sprecher der Initiative „Unser Mühlenkamp“. Nur dadurch, dass seit Monaten alle Fußgänger auf dem ohnehin viel zu schmalen östlichen Gehweg des Mühlenkamps gehen müssen, komme es zu einer coronabedenklichen Enge.

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Nach Informationen des Abendblatts sind Einschränkungen im Sportbetrieb, beim Vereins- und Mannschaftssport oder die Schließung von Fitnessstudios mit der nächsten Eindämmungsverordnung nicht geplant. Die Maskenpflicht könnte aber ausgeweitet werden; nicht beim Sport selbst, aber auf allen Wegen auf Sportplätzen, in Hallen und in Fitnessstudios auf dem Weg von Gerät zu Gerät. Zuschauer werden wohl nicht mehr oder nur in stark reduzierter Zahl zugelassen. Beim HSV und dem FC St. Pauli (nächstes Heimspiel am 19. Oktober gegen Nürnberg) wären das dann maximal 1000, wenn entsprechende Hygienekonzepte vorliegen. Aber auch die Geisterspiele könnten zurückkehren. Bei Hallensportarten stehen die bisher erlaubten 650 Besucher auf der Kippe. Auch beim Freizeitsport und im Fitnessbereich hat es zuletzt Ansteckungen gegeben, aber noch in überschaubaren Dimensionen.