Hamburg. Die Stadt Hamburg hat den Rahmenplan für die Entwicklung des Viertels rund um den neuen Bahnhof Diebsteich vorgestellt.
Kaum ist der erste Bauabschnitt für die Neue Mitte Altona abgeschlossen, da stellt die Stadtentwicklungsbehörde mit dem „Rahmenplan für den Diebsteich“ das nächste Großprojekt für den Hamburger Westen vor. Rund um den neu entstehenden Regional- und Fernbahnhof Diebsteich herum definiert der Plan Entwicklungsziele, die bis in das Jahr 2040 reichen.
„Mit dem jetzt vorliegenden Rahmenplan erkennen wir die hervorragenden langfristigen Perspektiven des Quartiers“ sagte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapalfeldt (SPD) „Hier an der Stelle, an der Altona und Eimsbüttel aufeinandertreffen, soll in den kommenden Jahrzehnten ein besonderer Ort wachsen, in dem das industriell Geprägte und eher Kantige dieses Stadtteils erhalten bleibt und zugleich Neues entstehen kann.“
Neues Quartier Diebsteich: Bunter Mix als Markenzeichen
Der bauliche Startschuss fällt mit den bauvorbereitenden Maßnahmen für den Bahnhof bereits in diesem Jahr. Im Norden ist das 123 Hektar große Quartier Diebsteich begrenzt von Holstenkamp und Eimsbütteler Marktplatz, im Süden von der Stresemannstraße, im Westen vom Friedhof Diebsteich und im Osten von der Kieler Straße. Zu den benachbarten neuen Wohnquartieren Neue Mitte Altona und Holstenareal soll Diebsteich durchaus einen Kontrapunkt bilden, denn die Stadt will die großen Industrie- und Gewerbeflächen dort entwickeln, mit kleinteiligem Gewerbe ergänzen und beides in die Wohn- und Freizeitinteressen der Bewohner integrieren.
Der raue Charme des bislang wenig beachteten, aber sehr vielfältig genutzten Quartiers soll erhalten bleiben. Der bunte Mix soll als Markenzeichen des Quartiers die eher monokulturell strukturierten Viertel Neue Mitte Altona und das Holstenareal in unmittelbarer Nachbarschaft ergänzen.
Musikhalle und Stadion soll das Quartier Diebsteich bereichern
Neben dem Bahnhof Diebsteich, der 2027 fertig werden und dann den Fernverkehr des Altonaer Bahnhofs abwickeln soll, sind mehrere „Leuchttürme“ angedacht, die das Quartier liebenswert und auch für Bewohner anderer Stadtteile interessant machen können: die ehemalige Paketpost und das ThyssenKrupp-Schulte-Areal, auf dem eine in Hamburg lange vermisste mittelgroße Musikhalle und ein Regionalliga-Stadion für jeweils 5000 Besucher geplant sind.
Beide Immobilien, Paketpost und ThyssenKrupp-Schulte-Areal, sind mittlerweile in städtischem Besitz, also auch im Sinne einer positiven Quartiersentwicklung überplanbar. Das Paketpost-Gebäude soll in einen Begegnungsort mit kulturell-gewerblichem Charakter verwandelt werden. Hier könne zum Beispiel eine bunte Mischung aus neuen Spielorten für Theater und Probebühnen, Filmproduktion, Flächen für die Kreativwirtschaft, einem Hotel, Handwerkerhof, Markthalle sowie experimentellen Wohnformen entstehen. Dabei sollen die alten Industriegebäude nach Möglichkeit weiter genutzt werden.
Unter dem Regionalliga-Stadion ist eine Quartiersgarage geplant
Zentrum des Quartiers soll neben dem Bahnhof der neue Lunapark werden. Er soll nicht nur Grünanlage sein, sondern zur Waidmannstraße hin sämtliche Sportplätze des Quartiers versammeln und ordnen. Das schafft Platz für die Naherholung. Nur das Regionalliga-Stadion, das vorwiegend von Altona 93 bespielt werden soll, liegt jenseits auf der anderen Seite der Straße. Unter dem Stadion soll eine großzügige Quartiersgarage entstehen, um das Stadion herum sind Gebäudezeilen geplant, die Einzelhandel und Indoor-Sportangebote beherbergen.
Die bestehenden Wohnanlagen in Waidmann- und Isebekstraße sollen bleiben und vor motorisiertem Verkehr geschützt werden. Dafür ist eine Umfahrungsstraße im rückwärtigen Bereich des ThyssenKrupp-Schulte-Areals vorgeschlagen. Sie soll Bahnhof und Stadion von Gewerbe- und Logistikverkehr freihalten. Quartiersparkhäuser und eine Kommunaltrasse sollen Platz für Radler und Fußgänger schaffen.
Quartier Diebsteich: Behörde will Bürger weiter beteiligen
Der Rahmenplan wurde unter Beteiligung der Öffentlichkeit, von Eigentümern, Sportvereinen, Politik und Verwaltung in einem zweijährigen intensiven Planungsprozess erarbeitet und bietet die Basis für eine Entwicklung, die durchaus langsam und organisch wachsen soll. „Da wir uns mitten in der Stadt befinden, kann natürlich keine Planung bloß am Reißbrett erfolgen“, sagte Oberbaudirektor Franz-Josef Höing.
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Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen erklärte, auch bei den weiteren Umsetzungsschritten wie Architekturwettbewerben und Bebauungsplanverfahren auf vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger setzen zu wollen. Mit Abschluss der Voruntersuchungen werden Senat und Bürgerschaft 2021 über die förmliche Festlegung des Quartiers als städtebauliche Entwicklungsmaßnahme entscheiden.
Grundstücke sollen im Regelfall von der Stadt erworben werden
Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme nach § 165ff Baugesetzbuch ist ein Planungsinstrument, das eine einheitliche Entwicklung eines Gebietes durch die öffentliche Hand ermöglichen und der Bodenspekulation entgegen wirken soll. Es schränkt die Eigentumsrechte der privaten Eigentümer ein.
Die Grundstücke im förmlich festgelegten Entwicklungsbereich sollen im Regelfall von der Stadt bzw. Gemeinde erworben werden, und zwar zu einem „entwicklungsunbeeinflussten“ Preis. Für dessen Ermittlung wird ein Zeitpunkt vor der Einleitung von Voruntersuchungen für das fragliche Gebiet festgelegt. Nach erfolgter Entwicklung sollen die Grundstücke laut Vorgabe des Gesetzgebers reprivatisiert und die Gewinne anteilig an die ehemaligen Eigentümer ausbezahlt werden – abzüglich der Kosten für Planung und Infrastruktur.
Nicht zu kaufen braucht die Stadt, wenn die Eigentümer ihre Grundstücke gemäß der Planung selbst entwickeln.