Hamburg. Nachdem eine Lehrkraft positiv getestet wurde, müssen alle von ihr unterrichteten Klassen zuhause bleiben. GEW kritisiert Senator.

Wie Corona-Infektionen von Hamburger Schülern und Lehrern zu bewerten sind, bleibt auch drei Wochen nach dem Start des neuen Schuljahrs im Regelbetrieb umstritten. Für Aufsehen sorgte am Dienstag die Lage an der Stadtteilschule Wilhelmsburg: Als präventive Maßnahme habe das zuständige Gesundheitsamt elf Klassen und einen Oberstufenkurs der Einrichtung in Quarantäne geschickt, „weil eine infizierte Lehrkraft als ,Springer‘ unglücklicherweise in vielen Klassen im Einsatz war“, teilte die Schulbehörde auf Abendblatt-Anfrage mit. Zudem habe das Gesundheitsamt eine Reihentestung durchgeführt, erklärte die Behörde, ohne genauere Angaben machen zu können.

Lesen Sie auch:

Insgesamt seien an dieser Schule acht Infektionen gemeldet worden, wobei sieben Schüler und ein Schulbeschäftigter betroffenen seien. „Nach den jetzt vorliegenden Informationen handelt es sich durchweg um Infektionen, die nicht an der Schule ihren Ursprung hatten“, sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Die Schule werde die betroffenen Schüler „im Rahmen des Fernunterrichts zu Hause angemessen beschulen“.

GEW widerspricht Schulbehörde: Corona-Situation nicht "zunehmend entspannt"

Allein die Umstände an der Stadtteilschule Wilhelmsburg zeigten, dass die Situation an den Schulen eben nicht „zunehmend entspannt“ sei, wie es die Schulbehörde zuletzt eingeschätzt hatte, sagte Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Hamburg. Ihr zufolge kritisieren Eltern und Lehrer, dass Schulsenator Ties Rabe (SPD) „eine angebliche Normalität an Schulen mit vollen Klassen und Stundenplänen durchdrückt, statt Konzepte für eine Schule in Zeiten der Pandemie vorzulegen“.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Nach Angaben der Schulbehörde waren am Dienstag 25 aktuelle Corona-Infektionen gemeldet, die 23 Schüler und zwei Lehrer an 18 Schulen betrafen. Am Montag waren 24 Infektionen gemeldet gewesen. Von einer Quarantäne betroffen seien aktuell insgesamt 15 Klassen bzw. Teilklassen. Eine Gesamtzahl der Schüler in Quarantäne liege der Behörde nicht vor, sagte Sprecher Peter Albrecht. Seit dem Beginn des Schuljahres seien der Behörde insgesamt 72 Infizierte gemeldet worden, wobei diese Fälle insgesamt 60 Schulen betrafen.

Nur an einer von 371 Schulen "eine gut nachvollziehbare Sondersituation"

Die Kritik der GEW teilt die Schulbehörde nicht. Mit den Corona-Fällen an der Stadtteilschule Wilhelmsburg gebe es nur „an einer einzigen von 371 Schulen eine Sondersituation, die zudem nach derzeitigem Erkenntnisstand gut nachvollziehbar ist und durch die präventiven Maßnahmen hoffentlich schnell behoben werden kann“, sagte Albrecht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Schulbehörde und die Gesundheitsbehörde hatten zuletzt erklärt, es gebe kein Infektionsgeschehen an Hamburger Schulen. Die meisten bestätigten Infektionen seien auf Ansteckungen in den Ferien zurückzuführen. Quarantäne-Maßnahmen dienten dazu, Infektionen in Schulen zu verhindern. Diese Einschätzung gelte immer noch, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag im Rathaus. „Wir haben derzeit nach meinem Wissensstand keinen Hinweis darauf, dass es Infektionsketten innerhalb von Schulen gab bisher. Aber wir sind weiterhin aufmerksam.“

Schnupfenregel fällt – Elterninitiative kritisiert Lockerung für Grundschulen

Analog zur Regelung für Kita- und Vorschulkinder gilt auch für Schulkinder weiterhin: Wer Symptome wie Husten, Halskratzen und Fieber hat, die auf eine Covid-19-Erkrankung hindeuten können, soll nicht in die Schule kommen. Neu ist, dass das nun auch für Grundschulkinder gilt: „Ein einfacher Fließschnupfen ist kein Grund für einen Schulausschluss oder einen Corona-Verdacht“, sagte Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Dienstag. Diese Vorgabe sei abgestimmt mit den Kinderärzten in Hamburg.

Bei vielen Eltern sei eine solche Regelung sehr gefragt, hieß es von der Schulbehörde. Grundschüler sind dem Senat zufolge „nachweislich von der Pandemie kaum betroffen“ und deshalb auch von der Maskenpflicht in der Schule befreit. Eine „andere Studienlage“ gebe es für ältere Kinder, sagte Melanie Leonhard. Deshalb gelte für Schüler an weiterführenden Schulen, dass sie auch mit einem Schnupfen zu Hause bleiben sollten, erklärte Leonhards Behörde auf Nachfrage.

Beunruhigend seien diese Corona-Regeln, erklärte die Elterninitiative „Sichere Bildung für Hamburg“ am Dienstag. „Mit dem sorgloseren Umgang mit Erkältungssymptomen wie Schnupfen entfernt Hamburg sich weiter von den wissenschaftlichen Empfehlungen etwa des Robert-Koch-Instituts.“