Hamburg. Hamburgs Schulsenator Ties Rabe: So läuft der Start nach den Ferien. Selbst die Fächer Sport und Musik werden gegeben.

Der Unterricht findet mit Beginn des neuen Schuljahres am 6. August wieder in der Schule statt – und zwar für alle Klassen und Jahrgangsstufen in allen Fächern. Nach den wochenlangen Schulschließungen wegen der Corona-Pandemie sollen auch die Angebote zur Ganztagsbetreuung wieder in vollem Umfang aufgenommen werden. Das hat Schulsenator Ties Rabe (SPD) in der Landespressekonferenz angekündigt.

„Wir sind damit sehr nahe an dem schulischen Angebot, wie wir es von früher kennen. Nicht ganz vollständig ist das Angebot, weil nach wie vor eine Reihe von Hygiene- und Abstandsregeln im Schulbetrieb eingehalten werden muss“, sagte Rabe. Der Unterricht soll auch in den Fächern Sport, Schwimmen, Musik und Theater stattfinden, allerdings gelten wegen der höheren Infektionsgefahr besondere Vorsichtsmaßnahmen. Sportarten mit Körperkontakt sind zum Beispiel nicht erlaubt. Beim Singen im Fach Musik muss ein Abstand von mindestens zwei Metern eingehalten werden.

Keine Abstandspflicht im Klassenraum

Kernelement des künftigen Schulbetriebs soll der Unterricht in der Klasse sein. Im Klassenraum gilt nicht die Abstandspflicht von eineinhalb Metern. Die Schulen sollen den Ablauf so organisieren, dass die Kontakte zwischen den Schülern reduziert und auf die eigene Klassenstufe beschränkt bleiben. Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen müssen den Mindestabstand einhalten.

Schülern und Lehrern wird empfohlen, auf den Fluren der Gebäude Mund-Nase-Bedeckungen zu tragen, vorgeschrieben ist es nicht. Lehrer dürfen auch im Unterricht eine Maske tragen. Die Schulbehörde verteilt an alle Schulbeschäftigten kostenlos rund 30.000 Plexiglas-Visiere und FFP2-Masken.

Rückkehr zum regulären Unterricht fordert Flexiblität

Es wird ein Kraftakt, das ist allen Beteiligten klar. Die fast vollständige Rückkehr zum regulären Unterricht in den Schulen nach vier Monaten der Schließung und der Einschränkungen erfordert nicht zuletzt wegen der weiterhin bestehenden Hygiene- und Abstandsregeln ein hohes Maß an Flexibilität vor allem von Schülern und Lehrern, aber auch von Eltern.

Und es bleibt die Gefahr, dass der Präsenzunterricht in den Schulen bei einer dramatischen Veränderung der Pandemie-Lage wieder eingeschränkt werden muss. Darauf hat Schulsenator Ties (SPD) am Dienstag hingewiesen und fast beschwörend hinzugefügt: „Mein Appell an alle ist, mit der uns jetzt geschenkten Unterrichtszeit sorgfältig umzugehen. Wir wünschen uns, dass die Schulen die acht Wochen bis zu den Herbstferien intensiv nutzen, damit die Schülerinnen und Schüler bestmöglich lernen.“

Klassenreisen bleiben bis zum Herbst verboten

Ausdrücklich forderte Rabe die Schulen auf, Projektwochen, Ausflüge, Theater- und Musikprojekte nicht zulasten des regulären Unterrichts durchzuführen. „Solche Projekte sind möglich, aber nur außerhalb der Kernunterrichtszeit. Wir wünschen ausdrücklich, dass alle Kraft aufgewendet wird, um den Fachunterricht nach Stundentafel lückenlos sicherzustellen“, sagte Rabe. Es sei zwischen März und Juni „sehr, sehr viel“ Präsenzunterricht ausgefallen. Klassenreisen sind bis zu den Herbstferien ohnehin verboten.

Rabe geht davon aus, dass ein Großteil der Schüler mit dem Fernunterricht während der (Teil-)Schließungen der Schulen insgesamt gut klar gekommen ist, während die Schülerinnen und Schüler, die von zuhause „nicht so viel Rückenwind“ haben, dringend darauf angewiesen sind, dass Schule im gewohnten Rahmen wieder stattfindet. Um aber genau zu ermitteln, welche Defizite sich coronabedingt im vergangenen Schuljahr möglicherweise aufgebaut haben, soll der Lernstand aller Schüler der Klassen drei, vier, fünf und sieben in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch ermittelt werden.

Lehrer sollen Förderkonzepte entwickeln

Anhand der individuellen Ergebnisse sollen die Lehrer Förderkonzepte entwickeln, damit die Schüler Rückstände aufholen können. Rabe wies darauf hin, dass für solche Förderangebote auch die Zeit der Herbstferien genutzt werden könne. An etlichen Schulen finden bereits in der zweiten Hälfte der Sommerferien sogenannte Lernferien statt, für die Rabe eine erste positive Bilanz zog. Der Schulsenator forderte Schulen und Lehrer auf, auch die Lernstände der Schülerinnen und Schüler in den anderen Klassenstufen zu ermitteln.

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Schüler, die zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen zuhause bleiben müssen, erhalten weiterhin Fernunterricht. Derzeit werden rund 39.000 zusätzlich bestellte Laptops und Tablets an die Schulen verteilt. Zusammen mit den rund 11.000 vorhandenen Geräten stehen nach Rechnung der Schulbehörde einem Viertel aller Schüler mobile Endgeräte zur Verfügung, die die Schule auch für Zuhause ausleihen kann. Wenn ein Schüler trotzdem zuhause keine digitalen Geräte nutzen kann, sollen die Lehrer im Fernunterricht neben der Übermittlung von Arbeitsbögen und Büchern auch mindestens einmal in der Woche mit dem Schüler telefonieren, um den Lernerfolg zu sichern.

"Rückkehrer aus Risikogebieten sind als Schulschwänzer anzusehen"

Die Schulbehörde hatte bereits vor den Sommerferien darauf hingewiesen, dass Schüler und Lehrer eine Reise in ein Corona-Risikogebiet so planen müssen, dass nach der Rückkehr gegebenenfalls eine zweiwöchige häusliche Quarantäne vor Schulbeginn absolviert werden könne. Rabe sagte, Schüler, die gegen diese Anordnung verstießen, seien als „Schulschwänzer“ anzusehen. Bei Lehrern und Lehrerinnen könne das anteilige Gehalt einbehalten werden.

Die CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver warf Rabe vor, mit den Schulöffnungen „ein hohes Risiko“ zu gehen. „Jahrgangsstufen müssen getrennt werden, doch wie das gesichert funktionieren und wie die Lehrkräfte, Sozialpädagogen und Erzieher nicht durchmischt werden sollen, bleibt unklar. Das ist in der Praxis nur schwer möglich“, sagte Stöver.

Angesichts der Gefahr, dass sich die Zahl der Neuinfektionen erhöht, ist es grob fahrlässig und naiv, keinen Plan B zur Hand zu haben, sagt Birgit Stöver (CDU)
Angesichts der Gefahr, dass sich die Zahl der Neuinfektionen erhöht, ist es grob fahrlässig und naiv, keinen Plan B zur Hand zu haben, sagt Birgit Stöver (CDU) © Mark Sandten

CDU wirft Rabe Planlosigkeit vor

Rabe informiere „viel zu spät“ über seine Pläne, zudem fehle ein „Plan B“. Andere Bundesländer hätten Modelle zu eventuell erforderlichen Einschränkungen abhängig von der Zahl der Neuinfektionen vorgelegt. „Es ist grob fahrlässig und naiv, keinen Plan B zur Hand zu haben“, sagte die CDU-Politikerin. Außerdem gebe es immer noch keine einheitlichen Lernplattformen und Qualitätsstandards für das E-Learning.

Die Linken-Bürgerschaftsfraktionschefin Sabine Boeddinghaus warf Rabe vor, die Schulen nicht an den Plänen zur Öffnung beteiligt zu haben. „Die Schulbehörde überzieht die Schulen mit Forderungen und lässt sie bei Umsetzung und mit der Verantwortung allein“, sagte Boeddinghaus. Es könne zum Beispiel nicht sein, dass die Schulen keine zusätzlichen Mittel zur Aufarbeitung der Lernrückstände erhielten.

GEW kritisiert fehlende Abstandsregeln in Klassen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte, dass nach Behördenvorgabe die Corona-Abstandsregeln in den Klassen und Jahrgangsstufen aufgehoben werden sollen „Damit wird in den Hamburger Schulen auf eine wesentliche Infektionsprävention verzichtet.

Wissenschaftlich ist nicht erwiesen, dass Kinder und Jugendliche weniger ansteckend sind als Erwachsene“, sagte die GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze. In Israel und Schweden habe man mit Covid-19-Infektionen an Schulen zu kämpfen. Aus Sicht der GEW wäre der Unterricht in kleinen Gruppen bis zu 15 Schülern die richtige Antwort. „Der Senator hat versäumt, über eine Neukonzeption von Unterricht ernsthaft nachzudenken“, sagte Bensinger-Stolze.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Hände waschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten