Hamburg. Positiver Effekt: 837 Schüler wechseln wegen nicht ausreichender Leistungen die Schule. Das sind deutlich weniger als im Vorjahr.

Diese Nachricht zählt zu den positiven Überraschungen des zurückliegenden, von der Corona-Pandemie heimgesuchten Schuljahres, das wohl so war wie keines zuvor: Die Zahl der Sechstklässler, die wegen nicht ausreichender Leistungen das Gymnasium verlassen und nun in die siebte Klasse einer Stadtteilschule wechseln müssen, ist um knapp zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.

In absoluten Zahlen ausgedrückt: 837 Schülerinnen und Schüler werden nach den Sommerferien auf eine Stadtteilschule wechseln, im Schuljahr 2018/19 waren es noch 948 – bei etwa gleichbleibender Gesamtzahl der Sechstklässler am Gymnasium. Die Übergangsquote ist danach von knapp zwölf auf zehn Prozent gesunken. Das ist das Ergebnis der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage von Birgit Stöver, der schulpolitischen Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Schulsenator: Hamburger Lehrer berücksichtigen besondere Bedingungen

Schulsenator Ties Rabe (SPD) stellte einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Schulformwechsler und den indirekten Auswirkungen der Corona-Pandemie her. „Der Rückgang zeigt auch, dass die Lehrkräfte die besonderen Lernbedingungen in der Coronazeit bei der Notengebung berücksichtigt haben“, sagte Rabe. Ähnlich interpretiert auch Birgit Stöver die Tendenz. „Die niedrigere Zahl würde ich auf eine wohlwollende Benotung aufgrund des Homeschoolings zurückführen. Hier haben die Lehrerinnen und Lehrer im Zweifel zu Gunsten der Schülerinnen und Schüler entschieden“, sagte Stöver.

Hinzu kommt, dass die Schülerinnen und Schüler die im ersten Halbjahr erbrachten Leistungen im zweiten, vom Fernunterricht gekennzeichneten Halbjahr auch durch individuelle Aufgaben wie Referate verbessern konnten. Stöver kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Schulbehörde die Zahl der Sechstklässler an Gymnasien nicht zen­tral erfasse, die im Halbjahreszeugnis einen Warnhinweis erhalten hatten, dass ihre Versetzung gefährdet sei. Das hatte die Senatsantwort auf die Anfrage der CDU-Politikerin ergeben. „Das ist grob fahrlässig und gerade auch unter Qualitätssicherungsaspekten nicht zu verstehen“, sagte Stöver.

Zum kommenden Schuljahr wechseln 106 Schüler aufs Gymnasium

Das Schulgesetz sieht ausdrücklich einen Schulformwechsel auch in umgekehrter Richtung vor – also von der Stadtteilschule auf ein Gymnasium, wenn die Leistungen dies zulassen. Der Bildungsgang bis zum Abitur ist auf dem Gymnasium um ein Jahr verkürzt, die Lerninhalte also komprimiert. Doch der Weg zum Gymnasium wird deutlich seltener angetreten: Mit Beginn des kommenden Schuljahres werden 106 Sechstklässler aus einer Stadtteilschule auf ein Gymnasium wechseln, im Schuljahr zuvor war es sogar nur 84. Dabei gibt es zwischen den Bezirken deutliche Unterschiede. Die Bezirke Nord mit 52 Schülerinnen und Schülern sowie Wandsbek mit 35 machen den Löwenanteil aus.

Verantwortlich für die überproportionalen Werte in Wandsbek und Nord ist eine pädagogische Besonderheit: Die Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude und die Gyula-Trebitsch-Schule in Tonndorf sind kooperative Stadtteilschulen mit einem Gymnasialzweig. In der Beobachtungsstufe der Klassen fünf und sechs werden die Schüler gemeinsam unterrichtet und statistisch als Stadtteilschüler betrachtet. Erst mit Beginn der siebten Klasse wechseln Schüler und Schülerinnen auf den Gymnasialzweig und gelten insofern als Schulformwechsler, obwohl sie unter einem gemeinsamen Dach neben den Stadtteilschülern unterrichtet werden.

Die Verteilung der Gymnasiasten auf die Stadtteilschulen variiert

Aus der Senatsantwort auf die Stöver-Anfrage ergibt sich außerdem, dass die Verteilung der Gymnasiasten auf die einzelnen Stadtteilschulen sehr unterschiedlich ausfällt. In diesem Jahr nimmt zum Beispiel die Ida-Ehre-Schule (Harvestehude) 37 Schüler aus Gymnasien auf – ein Spitzenwert. Der Stadtteilschule Niendorf wurden 33 Schulformwechsler, der Irena-Sendler-Stadtteilschule (Wellingsbüttel) 31 Schülerinnen und Schüler zugeteilt. Grundsätzlich gilt, dass jeder Schüler drei Wunschschulen nennen kann und Anspruch auf einen Schulplatz in altersangemessener Entfernung hat. Zunächst ist entscheidend, welche Stadtteilschulen noch freie Kapazitäten haben. Dabei kommt es in jedem Jahr vor, dass einzelne Standorte zusätzliche Klassen wegen der großen Zahl von Schulformwechslern einrichten.

Darüber hinaus achtet die Schulbehörde darauf, dass die Verteilung auch im Verlauf der Schuljahre in etwa gleichmäßig ist. So hat die Ida-Ehre-Schule laut Behörde in den vergangenen zwei Jahren keine zusätzliche siebte Klasse eingerichtet – und in den vergangenen sieben Jahren nur einmal – im Gegensatz zu den benachbarten Stadtteilschulen.