Hamburg. Deutlich mehr Neuinfektionen in Hamburg. Beschäftigte von Karstadt Kaufhof protestieren. Clubs melden Mitgliederschwund.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus bleiben in Hamburg auf einem niedrigen Niveau, allerdings machen sich die Auswirkungen der Krise bemerkbar. So sind in der Innenstadt zahlreiche Geschäfte in Existenznot geraten. Durch die Corona-Krise hat sich die Situation auch für die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof verschlimmert. Die Beschäftigten haben am Sonnabendmittag gegen die geplanten Schließungen demonstriert.
Derweil haben in gleich fünf Bundesländern, darunter auch in Hamburg und Schleswig-Holstein, zum Wochenende die Sommerferien begonnen. Die Straßen sind dementsprechend voll – Urlauber drängen an Nord- und Ostsee.
Der Corona-Newsblog für den Norden am Sonnabend, den 27. Juni:
- Norderney ordnet Maskenpflicht an
- Zehn neue Corona-Infektionen in Hamburg
- Günther: Corona hat alle Abläufe völlig umgekrempelt
- Karstadt Kaufhof: Beschäftigte protestieren gegen Schließungen
- Mehr als 1,2 Milliarden Euro gegen Corona in Niedersachsen
Das Coronavirus in Deutschland und weltweit:
Norderney ordnet Maskenpflicht für mehrere Straßen an
Norderney ordnete indes per Allgemeinverfügung eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in mehreren besonders hoch frequentierten Straßen in der Stadt Norderney auf der gleichnamigen ostfriesischen Insel an, die zunächst bis zum 19. Juli gelten soll Allein bei einer Tagesgästezahl von etwa 4500 werde die eigentliche Einwohnerzahl von rund 6000 bereits nahezu erreicht, hieß es in einer Mitteilung. Hinzu komme die Zahl der Übernachtungsgäste mit 25.000 Personen pro Nacht.
Zwei weitere Corona-Infektionen in Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein sind zuletzt innerhalb eines Tages zwei offiziell erfasste Infektionen mit dem neuen Coronavirus hinzugekommen. Wie die Landesregierung auf ihrer Webseite unter Berufung auf das Robert Koch-Institut mitteilte, stieg die Zahl der positiv Getesteten mit Stand Freitagabend damit auf 3146. Die Zahl der im Zusammenhang mit dem Virus Gestorbenen betrug weiterhin 152. Rund 3000 der seit Beginn der Pandemie nachweislich mit dem Sars-CoV-2-Virus Infizierten gelten inzwischen als genesen. In Krankenhäusern wurden zuletzt 6 an Covid-19 Erkrankte behandelt. Das war einer weniger als noch am Vortag.
Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen
- Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Hände waschen
- Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
- Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
- Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten
Hamburger Vereine in der Corona-Krise: Fast zehn Prozent weniger Mitglieder
Der Hamburger Vereinssport hat die erste Phase der Corona-Pandemie einigermaßen glimpflich überstanden. „Die befürchteten Insolvenzen sind in den vergangenen drei Monaten ausgeblieben und sind wohl auch in nächster Zeit nicht zu erwarten“, sagt Ralph Lehnert, der Vorstandsvorsitzende des Hamburger Sportbundes (HSB).
Hamburgs größte Personengesellschaft zählte zum Stichtag 31. Dezember 2019 in 830 Vereinen 542.406 Mitgliedschaften. Zum 1. Juli dürften es nach ersten Schätzungen knapp zehn Prozent weniger sein. Weil es in der Zeit des Lockdowns kaum Vereinseintritte gab, dafür wegen fehlender Angebote etwas mehr Austritte als gewöhnlich, war ein noch größerer Rückgang zum halbjährigen Kündigungstermin am 30. Juni erwartet worden. Genaue Zahlen erhebt der HSB wieder im Oktober.
Die Stadt hatte seit März den HSB-Organisationen drei verschiedene Formen der Unterstützung angeboten, zuletzt einen Nothilfefonds über fünf Millionen Euro. Den wollten bislang 86 Vereine und Verbände in Anspruch nehmen, 82 Anträge sind bewilligt, 1.027.918,74 Euro ausgezahlt. Die Höchstgrenze der nicht rückzahlbaren Zuschüsse liegt pro Antragsteller bei 25.000 Euro. Zudem hatten elf Vereine und Verbände um Kredite in einer Gesamthöhe von 615.000 Euro bei der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IBF) gebeten (Höchstgrenze: 150.000 Euro), acht Gesuchen wurde inzwischen stattgegeben.
Hamburgs größte Vereine haben bei ihren Sporttreibenden aus besagten Gründen im ersten Halbjahr einen zum Teil starken Mitgliederverlust erlitten. Nur der HSV (87.000 Mitglieder) und der FC St. Pauli (30.000) konnten den Schwund bei ihren Aktiven mit Zuwächsen bei ihren fördernden Mitgliedern (Supporter) kompensieren. „Die Kündigungen lagen eher auf einem normalen Niveau, die Fördermitgliedschaften sind leicht gestiegen, sodass wir zum 1. Juli sogar etwas mehr Mitglieder haben als vor einem Jahr“, sagt Anne Gnauck aus der Geschäftsführung des HSV e. V.
Zehn neue Corona-Infektionen in Hamburg
Die Gesundheitsbehörde hat am Sonnabend zehn Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Hamburg gemeldet, am Vortag waren fünf Fälle dazugekommen. Damit haben sich seit Beginn der Pandemie 5187 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. Etwa 4900 Menschen gelten nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) als genesen.
Aktuell werden 21 Infizierte in Hamburg stationär behandelt, elf davon auf den Intensivstationen der Krankenhäuser. Drei dieser Patienten kommen aus Hamburg, die übrigen aus dem Umland. Die Zahl der Todesfälle in der Hansestadt liegt laut RKI bei 259. Das Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat laut Senat bislang in allen Fällen bestätigt, dass die Menschen an der Infektion starben.
Günther: Corona hat alle Abläufe völlig umgekrempelt
Die Corona-Pandemie hat auch das Arbeits- und Privatleben des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten gravierend verändert. „Das war bei mir nicht anders als bei so vielen anderen Menschen auch“, sagte der CDU-Politiker. Allerdings ging Günther nicht ins Homeoffice. „Normalerweise besteht mein Arbeitsalltag zum geringeren Teil darin, im Büro zu sitzen“, schilderte er. Nun sei er wochenlang nur noch im Büro gewesen - weil es so gut wie keine realen Termine mehr gab. „Ich bin morgens von Eckernförde ins Büro nach Kiel gefahren und abends wieder von dort zurück.“ Vom 12. März bis Mitte Mai sei er gar nicht aus Schleswig-Holstein herausgekommen.
„Weniger Außentermine hieß aber auch öfter früher zu Hause zu sein“, sagte Günther. „Ich habe meine Kinder deutlich öfter ins Bett gebracht als sonst und dann habe ich noch von zu Hause viel telefoniert.“ Insofern sei die Belastung für seine Frau trotzdem groß gewesen. Die Kinderärztin ist derzeit zur Betreuung der beiden Töchter im Alter von einem und vier Jahren in Elternzeit.
In der ansonsten wochenlang nahezu verwaisten Staatskanzlei führten die Corona-Umstände übrigens dazu, dass Günther und sein engeres Team sich laufend von Lieferdiensten mit Essen versorgen ließen. Dann wurde gemeinsam gespeist: „Von den Personenschützern über Sekretärinnen bis zum Chef der Staatskanzlei, dem Ministerpräsidenten und dem Regierungssprecher waren alle dabei“, erzählte Günther. „Das waren immer sehr muntere Runden.“
Behutsamer Start in die Urlaubssaison in Meck-Pomm
Dass aufgrund der Corona-Lockerungen mehr Gäste ins Land kämen, sei indes ein Trugschluss. Tagesbesucher aus anderen Bundesländern dürfen beispielsweise nicht einreisen, zudem seien die Kapazitäten in den Hotels, Pensionen und auf den Campingplätzen coronabedingt auf etwa 80 Prozent verringert. „Wir haben insgesamt durch die Begrenzungen eine geringere Zahl an Menschen im Land“, sagte der Verbandschef dazu.
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Er rechnete an diesem Wochenende mit etwa 350.000 bis 400.000 Übernachtungsgästen, die Beherbergungsbetriebe seien damit weitgehend ausgelastet und würden das auch den Sommer über bleiben. „Im Regelfall würden dann noch bis zu 200.000 Tagestouristen kommen und die kommen nun eben nicht.“ Für die Hotels, Gaststätten und Ferienwohnungsanbieter des Landes sei der Start der Sommerferien wichtig, wobei deshalb „die Anspannung im Tourismus noch nicht weg“ sei. Ein Viertel der Betriebe sei noch immer in seiner Existenz gefährdet.
Mecklenburg-Vorpommern setzt bei der Öffnung für den Tourismus auf einen behutsamen Start, um eine Nachvollziehbarkeit der Kontakte im Corona-Fall gewährleisten zu können. Grenzkontrollen gibt es nicht, stichprobenartige Kontrollen in den Urlaubsorten dagegen schon. Wer dann keine Buchung vorweisen kann, muss mit Sanktionen rechnen.
Wegen Corona: Wird das Baukindergeld verlängert?
Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) fordert eine Verlängerung des Baukindergeldes für weitere fünf Jahre. „Für viele Familien war und ist es in der Corona-Zeit nicht möglich, entsprechende Anträge rechtzeitig zu stellen“, sagte Lies dem in Bremen erscheinenden „Weser-Kurier“. „Wenn wir Ende des Jahres mit dieser Förderung abrupt aufhören, bekommen diese Menschen ein Problem.“
Das Baukindergeld gebe gerade jungen Familien, für die es sonst finanziell nicht reichen würde, eine Perspektive, Eigentum zu schaffen. Dafür brauche es Verlässlichkeit und Planungssicherheit – auch mit Blick auf das Bauhandwerk und die Konjunktur insgesamt. „Man kann nicht halbjährlich oder jährlich verlängern. Das löst die falschen Impulse aus“, so der Ressortchef. Man dürfe niemanden zur Eile zwingen. „Jeder soll sich bewusst überlegen, ob er sich Eigentum schafft. Dafür braucht es die entsprechende Zeit.“
Ärztepräsidentin gegen Immunitätsausweis: „Etikettenschwindel“
Niedersachsens Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker hat sich gegen die Einführung eines Corona-Immunitätsausweises ausgesprochen. Notwendig sei zunächst der wissenschaftliche Nachweis, dass die Bildung von Antikörpern tatsächlich zu einer lebenslangen Immunität führe, sagte die Lungenfachärztin der dpa. Dazu gebe es noch keine valide Langzeituntersuchung.
Neben den medizinischen Gründen sprechen aus Wenkers Sicht ethische Gründe gegen die Einführung eines solchen Ausweises. Das Bundeskabinett hatte sich bereits Ende April mit dem Thema befasst. Für den Fall, dass es demnächst gesicherte Erkenntnisse zur Immunität nach einer Corona-Infektion geben sollte, soll eine Bescheinigungsmöglichkeit dafür kommen - ähnlich wie im Impfpass. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat aber zunächst den Deutschen Ethikrat um eine Stellungnahme gebeten. Das Gremium berät zurzeit über das Thema. Neben der Opposition hatte sich auch SPD-Chefin Saskia Esken skeptisch über Pläne für Immunitätsnachweise geäußert.
Ärztekammerchefin Wenker kritisierte, dass ein Hamburger Start-Up-Unternehmen bereits Immunitätsausweise angekündigt habe. „Das ist ein Etikettenschwindel“, sagte sie. „Ich halte es für ausgesprochen gefährlich, hier eine Scheinsicherheit zu suggerieren. Da hört das Geschäftemachen auf.“
Karstadt Kaufhof: Beschäftigte protestieren gegen Schließungen
Die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof haben am Sonnabend gegen die geplanten Schließungen protestiert. Um 12 Uhr wurde die Mönckebergstraße vor dem Kaufhof gesperrt. Bei der Kundgebung waren Betriebsräte sowie Vertreter von Verdi, der SPD und der Nordkirche gesprochen. Dem Aufruf waren nach Angaben der Polizei am Samstag mehr als 100 Menschen gefolgt.
Der Warenhaus-Konzern hatte in der vergangenen Woche im Rahmen eines Sanierungsplans das Aus von vier der sieben Kaufhäuser in Hamburg angekündigt: Auf der Streichliste stehen die Kaufhof-Standorte in der Innenstadt und im Alstertal Einkaufszentrum sowie Karstadt Wandsbek und Bergedorf. Betroffen sind 450 Beschäftigte. Auch die Karstadt Sporthäuser in der Mönckebergstraße und im Phoenix-Center in Harburg stehen vor der Schließung.
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Inzwischen haben die Mitarbeiter auch eine Online-Petition auf der Plattform Change.org gestartet, die bereits mehr als 2000 Menschen unterschrieben haben. „Wir werden für den Erhalt der Standorte kämpfen. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagte Heike Lattekamp, Verdi-Landesfachbereichsleiterin Handel. Aktuell verhandelt Galeria noch mit Vermietern über Mietnachlässe. Bundesweit will der von Insolvenz bedrohte Handelsriese bis Ende Oktober 62 Kaufhäuser dicht machen.
Mehr als 1,2 Milliarden Euro gegen Corona in Niedersachsen
In Niedersachsen sind nach gut drei Monaten staatlicher Unterstützung in der Corona-Krise inzwischen mehr als 1,2 Milliarden Euro an Hilfen geflossen oder genehmigt. Davon entfallen nach Angaben der landeseigenen NBank etwa 900 Millionen Euro auf bewilligte Zuschüsse und weitere 331 Millionen Euro auf Kredite.
Die direkten Soforthilfen ohne Rückzahlungsverpflichtung konnten bis Ende Mai beantragt werden - hier kamen 158.000 Fälle zusammen, von denen 21.000 noch in der Prüfung sind. „Bis Ende Juli soll diese Form von Hilfe umgesetzt sein“, hieß es aus der Bank. Bei den Darlehen zur Sicherung der Liquidität sind nach wie vor Anträge möglich. Hier gab es bisher 11.500 Hilfsgesuche, 3450 davon werden derzeit noch begutachtet.
Die Soforthilfe wird erst einmal nicht fortgeführt. Zuschussprogramme an sich sollen aber als „Überbrückungshilfen“ für kleine und mittlere Unternehmen weitergehen und sich an Betriebe richten, die noch auf eine längere Zeit hin auf Unterstützung angewiesen sind.