Hamburg. Am Montagabend leuchteten in Hamburg viele Gebäude in Rot, darunter die Elbphilharmonie. Warum die Farbe eine Notlage signalisiert.

Wer Montagabend auf Hamburgs Straßen unterwegs war, dem ging mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Licht auf. Denn ab 22 Uhr leuchteten zahlreiche Gebäude in Rot. Die Elbphilharmonie war genauso dabei wie die Barclaycard Arena, die „Cap San Diego“ und viele mehr.

Doch was stimmungsvoll aussah, war in Wahrheit ein Hilferuf, mit dem Vertreter der Veranstaltungsbranche auf ihre coronabedingte Notlage aufmerksam machen wollten. 193 Firmen in der Hansestadt beteiligten sich an der deutschlandweiten Aktion.

Lage der Veranstaltungsbranche spitzt sich zu

In Hamburg hat sich eine Gruppe von Unternehmern zusammengetan, die die Aktionen in der Stadt organisiert hat. Lange trommeln musste sie nicht, um weitere Mitstreiter zu gewinnen. Denn klar ist: Auch in Hamburg spitzt sich die Lage für Vertreter der Veranstaltungsbranche immer weiter zu. Erst in der vergangenen Woche hatten Vertreter der Branche bei der Aktion „EVENTuell nie wieder“ mit einem Konvoi durch die Stadt auf ihre Notlage aufmerksam gemacht.

Die Initiatoren der Aktion sprechen davon, dass die derzeitige Situation nur der „Beginn einer gigantischen Pleitewelle“ sei. Mehr als 50 Prozent der Betriebe seien demnach akut von der Schließung bedroht. Die Protestaktion stehe für deutschlandweit rund eine Million direkt Beschäftigte.

Viele rechnen erst 2021 mit einer Erholung der Branche

Mehr als 7000 Bauwerke in ganz Deutschland, aber auch darüber hinaus, etwa in Österreich und der Schweiz, nehmen an der „Night of Light“ teil. Die Initiatoren der Aktion haben sich ganz bewusst für die Alarmfarbe Rot entschieden. Diese stehe unter anderem dafür, dass sich die Veranstaltungsbranche auf der „Roten Liste“ der aussterbenden Berufe befinde, aber gleichzeitig auch für die Leidenschaft für den Beruf. Die Beleuchtung des Fernsehturms und der Barclaycard Arena übernahm der Hamburger Eventdienstleister PRG. „Ziel der Aktion ist es, unsere Branche in den Fokus der Politik zu rücken, um wirksame staatliche Unterstützung zu bekommen. Denn trotz der angekündigten ,Bazooka‘ und der beiden klugen Rettungspakete der Bundesregierung kommen die beschlossenen Maßnahmen bei vielen Unternehmen schlichtweg nicht an“, so PRG-Chef Jörn Kubiak.

Für größere Unternehmen wie etwa PRG gebe es aktuell keinerlei Unter­stützung. „Auch spielt die Zeit gegen uns, da wir erst in der zweiten Jahreshälfte 2021 mit einer deutlichen Erholung unserer Branche rechnen.“ Die Prognose: „Viele Unternehmen werden diese Durststrecke nicht durchstehen können. Spätestens mit dem Auslaufen der Kurzarbeit wird es zum großen Knall kommen.“

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Im Hamburger Organisationsteam mit dabei ist Fabian Erdmann von der Agentur Le Carrousel mit Sitz am Elbberg. Er sagt: „Wir als Veranstaltungsbranche wollen endlich von der Politik gehört werden. Wir haben bislang einmal eine Förderung bekommen, aber unsere Kosten laufen permanent weiter – bei keinerlei Einnahmen.“

Forderung: Hamburg braucht weitere Lockerungen

Wenn das so weitergehe, überstünden die meisten Firmen die nächsten 100 Tage nicht, so Erdmanns Prognose. Dabei ist es aus seiner Sicht so, dass die Abstands- und Hygieneregeln bei geplanten Veranstaltungen deutlich besser umgesetzt werden könnten als an einigen anderen Orten. „Wir wissen immer genau, wer eingeladen und vor Ort ist, und können Veranstaltungsorte suchen, in denen es genug Platz für die Zahl der Gäste gibt“, so Erdmann.

Wer in Hamburg in der Veranstaltungsbranche tätig ist, habe es darüber hinaus schwerer als anderswo. Andere Bundesländer seien aus seiner Sicht schon deutlich weiter. „Unsre Kunden aus Hamburg sind teilweise irritiert, dass kleine Veranstaltungen mit bis zu zehn Personen in Hamburg noch nicht erlaubt sind.“ In Schleswig-Holstein und Niedersachsen ist dies hingegen schon möglich. Hier müsse Hamburg dringend nachziehen.

Das findet auch Tim Petersen von der Hamburger PR-Agentur Petersen Relations, der ebenfalls im Organisationsteam war. „Auch kleine Veranstaltungen sind wichtig. Denn das ist immer noch besser, als keine Veranstaltungen zu haben.“ Zudem sei gerade jetzt im Sommer ja auch draußen viel möglich. Außerdem gebe es in Hamburg ausreichend viele große Gebäude, in denen Veranstaltungen auch unter Abstands- und Hygiene­regeln durchgeführt werden könnten. Und so sei es selbstverständlich gewesen, sich an der Aktion zu beteiligen.

Eine große Bühne für die gesamte Veranstaltungsbranche

„Als wir vor zweieinhalb Wochen von der Aktion „Night of Light“ hörten, war uns klar, dass wir dabei sein wollen, um ein Signal zu senden.“ Petersen ist es wichtig zu betonen, dass es um die gesamte Branche geht, zu der mehr Berufe gehören, als man auf den ersten Blick denken könnte. „Es ist eine große Bühne für die gesamte Veranstaltungsbranche. Und wir sitzen alle im selben Boot und brauchen klare Ansagen, wie es weitergeht“, so Petersen weiter. Auch viele weitere Berufsgruppen wie Techniker, Hair- und Make-up-Artisten, Kameraleute und Fotografen würden dazuzählen. „Aber die Corona-Pandemie hat immerhin sichtbar gemacht, dass wir als Branche zusammenstehen und uns gegenseitig unterstützen. Und das ist ein starkes Signal.“

Eine Übersicht über die Gebäude, die in Hamburg in der Nacht in Rot erstrahlen, finden Sie hier: https://night-of-light.show-advance.com/map