Hamburg. Lieber Existenzen retten als überteuerte U-Bahn-Projekte bezahlen, sagen “Rettet-Horn“-Vertreter. Kritik betrifft auch Fördermittel.

Die Bürgerinitiative „Rettet Horn“ hat ihren Protest gegen die ihrer Meinung nach unrentable Verlängerung der U4 erneuert. Statt überaus fragwürdige Prestige-Projekte durchzuziehen, die noch dazu den Bürger über Gebühr belasten, solle die Stadt lieber auf die rund 465 Millionen Euro teure und mit 1,9 Kilometern auch kurze Strecke verzichten, um coronabedingt in Not geratene Existenzen retten zu können.

„Die finanziellen Ressourcen sind begrenzt. Und mit Corona ist die finanzielle Situation sehr viel komplizierter geworden“, sagte Thorsten Martens von „Rettet Horn". „Es werden vermutliche Hunderte Millionen Euro zur Bewältigung der Krise benötigt.“ Auch berge die U4-Finanzierung Risiken.

U4-Kosten rausgerechnet, um Fördermittel nicht zu gefährden?

Laut Martens „sollte die Bevölkerung wissen, dass diverse Kosten aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung für die U4 herausgenommen wurden, um nicht ins Minus zu rutschen und damit die Förderung durch Bundesmittel zu gefährden.“ Der Einblick in die Details der Berechnungen sei der Initiative bislang verwehrt worden. Laut Hochbahn ist die Förderung des Bundes noch gar nicht beantragt, weil sie mit der kommenden Gesetzesänderung künftig statt bis zu 60 dann bis zu 75 Prozent betragen könne.

Die Senatsdrucksache 21/16649 zur U4 weist zudem aus, dass die Berechnungen mit dem Bund besprochen wurden und das Verkehrsministerium mit den Herausrechnungen etwa der Kosten zur Wiederherstellung der Manshardtstraße einverstanden ist. Diese wird für den U-Bahn-Bau aufgegraben und über Jahre gesperrt. Die Begründung: Die Straße müsse ohnehin grundsaniert werden.

SPD: Durchgeplante Projekte zur Verkehrswende nicht auf Eis legen

Hansjörg Schmidt, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter aus Horn: „Es ist richtig, dass durch die Corona-Pandemie erhebliche finanzielle Belastungen auf Hamburg zukommen. Aber es ist keine Lösung, durchgeplante Infrastrukturprojekte, die sich bereits im Bau befinden und maßgeblich zur Verwirklichung der Verkehrswende beitragen, auf Eis zu legen. An der Zukunft zu sparen wird uns nicht voranbringen. Die Verlängerung der U4 schafft in Horn für 13.000 Haushalte eine direkte und nachhaltige Verbindung in die Innenstadt und wird die Lebensqualität erhöhen.“

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Auch die Opposition lehnte den Vorstoß der Initiative ab. „Grundsätzlich ist es richtig, den Ausbau des schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrs voranzutreiben“, sagte auch CDU-Fraktionschef Dennis Thering.

„Dazu gehört auch die Verlängerung der U4 über die Haltestelle Horner Rennbahn hinaus. Jedoch zeigt der Widerstand vor Ort, dass der Senat hätte besser kommunizieren müssen. Auch habe ich kein Verständnis dafür, dass nicht auf schonendere Baumethoden zurückgegriffen wird, sondern stattdessen auf eine offene Bauweise gesetzt wird, die mit viel Lärm und Dreck verbunden ist. Das lässt für den Bau der U5 leider wenig Gutes erahnen und ich kann verstehen, dass die Bürger vor Ort sauer sind.“

Linke sieht Einsparpotenzial bei Autoindustrie und Fluverkehr

Linken-Fraktionsvize Heike Sudmann erklärte, nicht Projekte des Öffentlichen Personennahverkehrs gegen Soziales ausspielen zu wollen. „Zunächst wäre es wichtig, Klarheit über die Höhe der Zuschüsse aus Berlin zu gewinnen“, sagte Sudmann. „Danach kann man sehen, was zu finanzieren ist und was nicht.“ Im Hinblick auf den Klimawandel sieht sie das Einsparpotenzial bei der Förderung der Automobilindustrie und der Subventionierung des Flugverkehrs.

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