Hamburg. Bürgerinitiative wehrt sich gegen offene Bauweise der U-4-Strecke. Anwohner fordern Nachbesserungen.

Kann man etwas gegen eine neue U-Bahn-Anbindung haben? Man kann! Thorsten Martens und seine Mitstreiter von der Bürgerinitiative (BI) „Rettet Horn“ halten die Folgen der aktuellen Planung für die in Horn lebenden Menschen und für die Umwelt für zu groß. „Wir finden die U-Bahn grundsätzlich gut, aber sieben Jahre Bauzeit in offener Bauweise, das ist für die Anwohner eine Katastrophe“, sagt Martens. „Es soll an sechs Tagen von 7 bis 20 Uhr gearbeitet werden. Diese Fakten kann die Hochbahn nicht schönreden.“

Nach einem ersten Treffen mit Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten und 300 Anwohnern im November, das die BI organisiert hatte, gab es am Donnerstagabend einen weiteren öffentlichen Termin. Zusammen mit Behördenvertretern und den verkehrspolitischen Sprechern der Parteien lud diesmal die Hamburger Hochbahn zu einem sogenannten „Faktencheck“ in die Schule Sterntalerstraße, um ein weiteres Mal über die 2,6 Kilometer lange U-Bahn-Verlängerung zu sprechen.

Diskussion um U-Bahn-Erweiterung

Bürgerbeteiligung bei diesem Projekt gebe es ja schon seit 2016, sagt Hochbahn-Sprecherin Pia Gängrich. Die Bürgerinitiative hat vor dem „Faktencheck“ noch eine Kundgebung vor dem Eingang der Schule organisiert. „Keine U-4-Verlängerung auf Kosten der Natur, Tiere und Menschen“, heißt es auf einem großen Spruchband.

Etwa 200 Menschen sind an diesem Abend in die Aula gekommen, um mitzudiskutieren. SPD-Verkehrsstaatsrat Andreas­ Rieckhof verteidigt U- und S-Bahnen als leistungsfähigste und umweltfreundlichste Verkehrsmittel, „deshalb wollen wir das Netz ausbauen“.

Er verweist auf die politische Einigkeit bei diesem Thema. Natürlich habe er aber Verständnis für die Bedenken im Stadtteil. Lautstarker Protest regt sich, als Rieckhof sagt, er habe bislang nicht gehört, dass jemand die U-Bahn gar nicht wolle. Er sei jedenfalls sicher, die U-Bahn werde kommen.

Bürgerinitiative hat zahlreiche Einwände

Was geplant ist: Die Linie U 4 führte bis vor Kurzem von Billstedt in die HafenCity. Erst im Dezember war die Linie um 1,3 Kilometer bis zur neuen Station Elbbrücken erweitert worden. Nun soll auch die Horner Geest an das U-Bahn-Netz angebunden werden. Kosten etwa 511 Millionen Euro. „Rund 13.000 Anwohner werden so erstmals fußläufig an das Hamburger Schnellbahnnetz angebunden“, so Gängrich. Und es könnte bald losgehen: „Wir erwarten jeden Tag den Planfeststellungsbeschluss.“ Noch im Frühjahr könne dann mit den Arbeiten begonnen werden, sagt die Hochbahn-Sprecherin. 2025/26 soll der neue Streckenabschnitt mit den Haltestellen Stoltenstraße und Horner Geest eröffnet werden.

Die Bürgerinitiative hat jedoch weiterhin zahlreiche Einwände gegen die Pläne: Hunderte Parkplätze fielen während der Bauzeit weg, es werde Staus geben bis hin zum Verkehrskollaps, außerdem seien 41 Vogel- und sieben Fledermausarten bedroht, sagt Martens. „Wir wollen die Lebensbedingungen hier erhalten. Die sieben Jahre werden die Horner an den Rand des Wahnsinns treiben.“ Dass etwa 770 Bäume und Sträucher für den Bau gefällt werden müssen, verschweigt auch die Hochbahn nicht.

Linkspartei will statt U-Bahn einen Fünf-Minuten-Bus-Takt

Vor allem das Festhalten an der offenen Bauweise stößt auf massive Kritik der Bürger. Ein Schildvortriebsverfahren würde jedoch deutliche Mehrkosten bedeuten. Die Hochbahn betont im Faktencheck, nur auf 800 von 2600 Metern könne eine Tunnelbohrmaschine überhaupt zum Einsatz kommen. Dafür sei die Anschaffung der Maschine zu teuer. Und ein Großteil der Bäume müsse ohnehin gefällt werden, weil sie da stehen, wo ohnehin offen gebaut werden müsse. Sobald ein Bauabschnitt fertig sei, pflanze man neue einheimische Bäume nach, verspricht das Verkehrsunternehmen.

Diskutiert wird auch, ob der Ausbau des Busverkehrs nicht auch genügen würde. „Im Erläuterungsbericht zur Planfeststellung steht, dass eine Kapazitätserweiterung der Busse möglich ist, um den zukünftigen Bedarf zu decken. Warum also nicht verlängerte Busse mit einer erhöhten Taktung einsetzen?“, fragt BI-Sprecher Martens. Viel Applaus bekommt die Bürgerschaftsabgeordnete Heike Sudmann (Linke), als sie einen Fünf-Minuten-Bus-Takt fordert, um schnell Abhilfe zu schaffen.

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Für die Hochbahn ist der Ausbau des Busverkehrs aber keine Alternative zur U-Bahn, denn dann würden die Straßen immer voller, und die Busse kämen nur noch im Schneckentempo voran. Ein unversöhnliches Thema ist und bleibt der Baulärm. In der schalltechnischen Untersuchung heißt es dazu, tagsüber seien bereichsweise Geräuschpegel zu erwarten, die die Richtwerte der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) Baulärm überschreiten.

Der Nutzen des fertiggestellten Vorhabens für das öffentliche Wohl rechtfertige aber diese Abweichung. Martin Appelles, Projektleiter der Hochbahn, bestätigt das: „Punktuell kann es zu Überschreitungen kommen.“ Allerdings werde ja nicht an allen Stellen gleichzeitig gearbeitet. Besonders betroffen ist die Manshardtstraße, die aufgegraben werden muss. Am Ende des Abends sind die Argumente ausgetauscht. Näher sind sich Befürworter und Gegner nicht gekommen.