Hamburg. Eine Abendblatt-Redakteurin lebt in einem Haushalt mit Infizierten. Jetzt hat auch sie erste Symptome und einen Test gemacht.

Man macht sich ja nicht bewusst, wie viel Müll man produziert – weil man ihn ja üblicherweise regelmäßig entsorgt. Papier, Altglas, Pfandflaschen; da sammelt sich etliches an. Auch in der Corona-Quarantäne, in der meine Familie seit acht Tagen lebt, bleibt man ja ein Konsument, der isst und trinkt. Mit zwei Kranken im Haushalt sinkt der Verbrauch an Lebensmitteln und Getränken zwar etwas, aber man wird seinen Müll eben auch nicht los.

Denn niemand kann schnell zum Altglascontainer radeln, wenn er in häuslicher Isolation lebt. Also stapeln wir das Zeug im Abstellraum und gucken einfach nicht mehr so genau hin. Daneben liegen jetzt in einer verschlossenen Mülltüte auch ein gelber Schutzmantel und blaue Gummihandschuhe, die wir jetzt 14 Tage aufbewahren müssen, ehe wir sie in den Müll werfen dürfen.

„Ich komme jetzt zu Ihnen rein“

Kurz vor Mitternacht in der Nacht zu Sonntag standen nämlich die Mitarbeiter des Arztrufs 116 117 auf der Straße vor unserer Haustür. Sie meldeten sich kurz telefonisch an. „Ich komme jetzt zu Ihnen rein und werde Ihren Mann untersuchen“, kündigte die Ärztin an. Ihr männlicher Kollege nahm in der Zwischenzeit die Daten auf – Namen, Geburtsdaten, Krankenkassen-Versicherungsnummern. Dann stand die Ärztin auch schon an der Tür – in einem gelben (recht dünnen) Schutzmantel, mit Handschuhen, einer Atemschutzmaske und einer Plexiglasbrille, um auch die Augen vor dem Virus zu schützen.

Und während wir von einigen gehört hatten, dass die Ärzte an der Tür auf Abstand blieben und sie den Test selbst machen mussten, kam diese Ärztin mit ins Wohnzimmer, um ausreichend Platz zu haben für eine Untersuchung. „Sie gehören zur Risikogruppe. Um Sie müssen wir uns besonders kümmern“, sagte sie freundlich zu meinem Mann (61).

„Bestellen Sie sich ein Pulsoximeter“

Sie machte bei ihm einen Rachenabstrich, hörte seine Lunge ab und überprüfte die Sauerstoffsättigung in seinem Blut mit einem Pulsoximeter. Mit dem Wert von 97 Prozent war sie zufrieden. Sollte der Wert sinken, müssten wir einen Arzt rufen, sagte sie und trug ihm auf: „Bestellen Sie sich ein Pulsoximeter.“ In dieses Gerät steckt man seinen Zeigefinger und dann errechnet das Gerät den Wert. Leider mussten wir feststellen, dass der Online-Markt dafür ziemlich leer gefegt ist. Etliche Modelle sind nicht verfügbar oder erst im April oder Mai lieferbar.

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    Seine Symptome waren die gleichen wie bei unserem 17-jähriger Sohn, der schon Anfang der Woche positiv getestet worden war – anfangs Husten, dann steigendes Fieber und Gliederschmerzen. Weil auch mein zweiter Sohn und ich inzwischen Hustenanfälle haben und uns nicht richtig fit fühlen, machte die Ärztin auch bei uns beiden einen Abstrich.

    Wir sind dankbar für den nächtlichen Einsatz

    Ein Ergebnis bekommt ihren Angaben zufolge jeder Getestete mitgeteilt. Bei einem positiven Test rufe nach wie vor das Gesundheitsamt an, bei einem negativen Test übernehme das die Kassenärztliche Vereinigung, sagte sie. Gerüchte, wie sie im Internet kursieren, dass man gar nichts mehr höre, wenn man nicht infiziert ist, wies sie zurück.

    Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

    • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
    • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
    • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
    • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
    • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

    Wir hätten dieser Ärztin und ihrem Kollegen gern etwas Gutes getan, etwa eine Flasche Crèmant mitgegeben – für bessere Zeiten – aber sie darf aus einem Corona-Haushalt nichts mit nach draußen nehmen. Man wird aber wirklich demütig und dankbar, wenn jemand sich zu nachtschlafender Zeit noch so für einen engagiert. Ihre Schicht endete nach dem Einsatz bei uns, ihr Mann habe die Frühschicht gemacht, erzählte sie.

    Manches wird zum Problem

    Wenn man von der Außenwelt abgeschottet ist, wird manches zum Problem. An diesem Wochenende ist der Griff des Wäschetrockners abgebrochen. Klar, viele andere Haushalte müssen auch ohne ein solches Gerät auskommen, aber in unserem Vier-Personenhaushalt ist das schon sehr praktisch. Glücklicherweise ist mein Sohn, der ein Ingenieurstudium macht, technisch geschickt. Er hat nicht nur einen neuen Griff bestellt, sondern mit Bordmitteln eine Konstruktion gebastelt, mit der sich die Tür wieder öffnen lässt. Das Provisorium sieht nicht elegant aus, aber es funktioniert.

    Wir sammeln derzeit übrigens Rezepte für Gerichte, die man mit Eiern zubereitet. Eine Bekannte, die ihr Eiscafé und Bistro, das eisundsalzig in Langenhorn, schließen musste, hatte noch jede Menge Vorräte zu verteilen. Unter anderem 300 Eier. Ich äußerte Interesse an 30 Stück, nachdem eine Freundin angeboten hatte, sie hier vorbeizubringen. In der Schachtel waren 60 Stück.

    Ich würde gern an die Nachbarn welche abgeben, aber gleiches Dilemma: Lebensmittel dürfen hier rein, aber nicht raus. Natürlich bezahle ich für die Eier – ich möchte die Not der Bistrobetreiberin nicht ausnutzen. Und ich kaufe gern Gutscheine, sobald sie online verfügbar sind. Schließlich möchte ich dort wieder Gast sein, wenn die Krise irgendwann vorbei ist...

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