Hamburg. Das Gesundheitsamt hat die bisher freiwillige häusliche Isolation nun offiziell angeordnet. Was sonst noch auf Betroffene zukommt.
Wie kommt es, dass einem eine Covid-19-Infektion plötzlich gar nicht mehr so schlimm vorkommt? Vor ein paar Tagen noch ein schlimmes Szenario, fühlt sich die häusliche Quarantäne jetzt fast wie ein Schutzraum an. Wie ein Kokon, der einen vor den unfassbaren Entwicklungen in der Stadt beschützt.
Denn natürlich bekommen wir über die diversen digitalen Kanäle mit, dass in der Stadt die Hotels und Restaurants schließen, dass Besuche in Altenheimen eingestellt werden mussten, dass Sport- und Spielplätze geschlossen und Regale in Supermärkten leer gekauft sind. Und überall bangen Menschen jetzt um ihre Existenz. Die Stadt da draußen verändert sich, und wir sitzen isoliert zu Hause. Auch unser Leben hat sich stark verändert, aber diese Veränderungen sind nicht existenziell.
Erster bestätigter Fall
Kurze Rückschau: Am vergangenen Freitagabend wurde Tirol zum Risikogebiet erklärt. Als wir in den Skiurlaub fuhren, galt das noch nicht, sonst wären wir in Hamburg geblieben. Am Sonnabend nach unserer Rückkehr begab sich meine vierköpfige Familie ebenso wie unsere sechs Reisegefährten in freiwillige Quarantäne. Wobei wir bis heute nicht verstehen, wieso die Behörden es unserem Verantwortungsbewusstsein überlassen haben, das zu tun. In unserer Straße leben vier Familien in häuslicher Isolation. Aber in unserem Haushalt gibt es bislang den ersten bestätigten Fall – und unsere Isolation ist heute angeordnet worden. Für uns macht das keinen Unterschied.
Für den Nachweis der Corona-Infektion unseres 17-jährigen Sohnes mussten wir uns allerdings mächtig ins Zeug legen und Eigeninitiative an den Tag legen. Denn über den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 war einfach kein Durchkommen, eine Erfahrung, die auch sehr viele Hamburger in den vergangenen Tagen machten. Es riefen einfach zu viele Menschen an, die nur mal eine Frage zum Thema hätten, sagte man mir bei der Kassenärztlichen Vereinigung.
20.000 Anrufe pro Tag
20.000 Anrufe gebe es dort derzeit pro Tag. In sehr vielen Fällen bleibe es aber zugegebenermaßen beim Versuch. So eine Hotline bricht halt leider zusammen, wenn zu viele Menschen anrufen – und sie kann auch die berechtigten Anliegen nicht herausfiltern.
Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen
- Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
- Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
- Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
- Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
- Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen
Unser Sohn fing am Sonntag an zu husten und hatte am Montag plötzlich 38,1 Grad Fieber, das sich im Laufe des Tages auf 38,7 Grad steigerte. Die Symptome passen auch zu einem grippalen Infekt, aber er war ein klassischer Verdachtsfall. Ein Glück, dass wir am Abend den Hausarzt erreichten, denn er stellte uns vier Tests zur Verfügung. Ein Freund holte sie am Montagabend noch in der Praxis ab, ein anderer brachte den Test unseres Sohnes am Dienstagmorgen hin. Wir wollten mit unserem noch warten.
Anruf des Gesundheitsamts
Am Dienstagabend gegen 21.20 Uhr teilte uns der Hausarzt das Ergebnis telefonisch mit: positiv! Er riet uns, uns nun auf jeden Fall auch testen zu lassen. Also das gleiche Prozedere: Würgereiztest gemacht (ein Abstrich so tief im Rachen ist wirklich eine Herausforderung am Morgen), das Röhrchen vor die Tür gelegt – ein Freund stülpte eine Tüte drüber und fuhr damit in die Praxis.
Das positive Ergebnis meines Sohnes setzte die behördliche Maschinerie dann endgültig in Gang. Um 10.45 Uhr rief eine sehr nette Mitarbeiterin des Gesundheitsamts Eimsbüttel an: Sie stellte viele Fragen: Wann haben Sie den Abstrich machen lassen? Warum haben Sie sich testen lassen? Wann waren Sie wo? Wann sind die zurückgekommen, wann traten Symptome auf? Das gingen wir für jedes Haushaltsmitglied durch.
Zwei Wochen lang Tagebuch schreiben
Zu dritt seien sie im Amt, sagte die freundliche junge Frau W. Und es tat uns leid, ihr sagen zu müssen, dass wir insgesamt zu zehnt im Urlaub waren, und ihr noch mehr Zeit rauben mussten. Denn sie musste auch die Daten der anderen sechs aufnehmen. Zumal unsere Freundin als Ärztin auf Bitten ihrer Chefin ab Donnerstag wieder arbeiten sollte. Daraus wird erst mal nichts. Auch für diese Familie wurde die Quarantäne nun vom Gesundheitsamt angeordnet, mit der Freiwilligkeit ist es vorbei.
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Die umfangreiche Liste der weiteren Kontaktpersonen der jungen Leute aus unserer Gruppe haben wir ihr dann per E-Mail an die Frau vom Amt geschickt. Nur Face-to-face-Kontakte spielen eine Rolle, sagt sie. Und wir müssen nun zwei Wochen lang Tagebuch schreiben, zweimal täglich Fieber messen, auf Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit und sonstige Symptome achten. Nun fängt das Warten an – auf unsere Testergebnisse.