Hamburg. Das Straßenmagazin zweifelt an der Sicherheit von Notunterkünften. Auch die Linke fordert eine bessere Versorgung.

Das Coronavirus breitet sich in Hamburg aus. Den Bürgern wird geraten, zu Hause zu bleiben und Menschenkontakt zu meiden. Doch nicht jeder kann die Füße hochlegen, sich auf dem heimischen Sofa von Hamsterkäufen ernähren und sich über Handy, Laptop und Fernsehen auf dem Laufenden halten. Die besonders Schutzbedürftigen, die auf Hamburgs Straßen leben, sind dem Virus ausgesetzt.

So sieht das Stephan Karrenbauer, politischer Sprecher des Straßenmagazins "Hinz&Kunzt". Auch er weiß in dieser Zeit nicht weiter: "Was mein Problem ist: Man kann eigentlich nichts machen", sagt er dem Abendblatt.

Hinz&Kunzt: Obdachlose in Hamburg müssen versorgt werden

Er wisse nicht, was er den Leuten, die zu ihm kommen und Hilfe suchen, raten soll. "Kann und sollte man sie noch in ein Notprogramm schicken oder sind sie auf der Straße nicht doch geschützter vor dem Virus?" Diese Fragen beschäftigen Karrenbauer. "Niemand weiß etwas", so Karrenbauer. Die meisten Tageseinrichtungen, Hilfseinrichtungen und Behörden, an die sich Hilfsbedürftige wenden könnten, seien laut Hinz&Kunzt bereits geschlossen.

Das Straßenmagazin fordert den Senat auf, für Obdachlose in Hamburg eine Corona-Koordininierungsstelle einzurichten. Obdachlose und Wohnungslose müssten mit Geld, Lebensmitteln und medizinischen Angeboten versorgt werden. „Alle Menschen mit Wohnung haben schon Probleme, ärztlich versorgt zu werden“, so Geschäftsführer Jörn Sturm. „Obdachlose gehören in der Regel zur Risikogruppe. Auch sie brauchen Schutz.“

Straßenmagazin arbeitet im Notbetrieb

Zudem fordert Hinz&Kunzt, Obdachlose so unterzubringen, dass das Risiko, sich anzustecken, minimiert werde, so Karrenbauer. Räumungen von Schlafplätzen und Zelten von Obdachlosen dürfe es nicht geben. Niemand solle seine Wohnung verlieren, auch Zwangsräumungen dürfe es deshalb nicht geben.

Hinz&Kunzt möchte laut eigenen Aussagen einen Beitrag leisten und arbeite derzeit im Notbetrieb. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt Geschäftsführer Sturm. „Wir sind jetzt schon immer nur in kleiner Besetzung da, weil viele zur Risikogruppe gehören. Aber wir wollen und werden die Hinz&Künztler nicht im Stich lassen.“

300 Obdachlose unter Quarantäne in der Friesenstraße

Ein Corona-Brennpunkt ist derzeit das Winternotprogramm in der Friesenstraße. Karrenbauer kann auch dort niemanden erreichen und Kontakt zu den Bewohnern herstellen.

In der Unterkunft in Hammerbrook war vergangene Woche der erste Fall bei einer Person, die sich dort aufgehalten hat, bestätigt worden. Noch für mindestens zehn Tage leben an dem Standort etwa 300 Obdachlose in häuslicher Quarantäne und werden rund um die Uhr betreut. Laut der Sozialbehörde werden sie auch mit Lebensmitteln versorgt.

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Linke kritisiert Quarantäne

Kritik an der Unterbringung kommt von Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft. Er bemängelt, dass die Obdachlosen in Mehrbett-Zimmern schlafen müssen.„Um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten und die Gesundheit der Betroffenen zu schützen, müssten sie stattdessen dezentral, zum Beispiel in jetzt nicht ausgelasteten Hotels untergebracht werden“, so Celik.

Seine Parteikollegin Cansu Özdemir stimmt ihm zu. Sie fordert zudem, dass das Winternotprogramm nicht bis Ende März, sondern bis mindestens Ende April geöffnet bleibt. Der zweite Standort des Winternotprogramms in der Kollaustraße in Lokstedt stellt noch Schlafplätze bereit.

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