Hamburg. Zwei Einrichtungen in Altona und Harburg betroffen. Nur jedes 20. Kind in der Notbetreuung. Spielplätze gesperrt – Bußgeld droht.

Nur etwa jedes 20. Kind wird derzeit in einer Hamburger Kita betreut. Die Eltern halten sich weitgehend an das Gebot, ihre Kinder nur im Notfall zu einer der Einrichtungen zu bringen. Seit den Anfang dieser Woche verhängten weitgehenden Schließungen der Kitas hätten rund fünf Prozent der Eltern vom Angebot Gebrauch gemacht, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Dienstag.

Von den rund 90.000 Kita-, Krippen- und Tagespflegekindern in Hamburg seien nur etwa 4500 betreut worden. „Das ist sehr, sehr wenig“, so Leonhard. Es zeige, wie ernst die Eltern die Regelung der Behörde nähmen. „Sie verhalten sich sehr verantwortlich.“ Anders als an den Schulen werden an Kitas nur Kinder von Eltern betreut, die in sogenannten systemrelevanten Berufen tätig sind – also als Mediziner und Pfleger, aber auch als Polizisten, Feuerwehrleute oder Beschäftigte der Stadtreinigung.

Corona hat die Kitas in Hamburg erreicht

Allerdings hat Corona nun auch die Kitas erreicht. So mussten zwei Hamburger Einrichtungen geschlossen werden, weil bei Kindern eine Infektion mit Coronaviren nachgewiesen wurde. Bei den betroffenen Kitas handelt es sich um eine Kita in Harburg und eine in Altona. Das gab die Sozialsenatorin am Dienstagmittag auf einer telefonischen Pressekonferenz bekannt. „Da geht es jeweils um nachweislich positiv getestete Kinder.“

Beide Kitas wurden auf Anordnung des Gesundheitsamtes geschlossen, so Leonhard. Die übrigen Kinder, die die Einrichtungen besuchen, seien nun in häuslicher Isolation. Man habe wie üblich die Kontaktpersonen der infizierten Kinder ermittelt und sei mit Sozialbehörde und Gesundheitsämtern in Kontakt, hieß es von der Gesundheitsbehörde. Die Frage, ob die infizierten Kinder aus Risikogebieten kamen und trotzdem in die Kita geschickt wurden, konnte die Behörde nicht beantworten.

Verunsicherte Eltern

Streit um die Frage, ob ein Kind in einer Kita betreut wird oder nicht, gebe es in Hamburg kaum, sagte die Sozialsenatorin. „Der Behörde ist kein Konfliktfall bekannt geworden.“ Die Darlegungspflicht, ob eine Betreuung wirklich nötig sei, liege bei den Eltern, so Leonhard. Listen mit bestimmten Berufsgruppen gebe es aber nicht in den Kitas. Den Erziehern seien die Eltern bekannt und suchten nach einvernehmlichen Lösungen.

Das hat an einer Kita in der Neustadt allerdings offenbar nicht so gut geklappt. Sie hatte den Betrieb am Montag eingestellt und den Eltern in einem Schreiben mitgeteilt, dass „die Notbetreuung bis zur Abklärung unserer Verdachtsfälle geschlossen“ bleibe. Die Eltern, die sich an das Abendblatt wendeten, wissen nun nicht, wie sie ihre Kinder betreuen lassen können – sie arbeiteten in „versorgungsrelevanten Bereichen“. In solchen Fällen, so heißt es von der Sozialsenatorin, könnten sich Eltern an die Kitaaufsicht der Sozialbehörde wenden.

Die meisten Kitas werden offengehalten

Auch wenn in vielen Kitas wenig Betrieb herrscht, würden die meisten von ihnen offengehalten – auch weil sich die berufliche Situation der Eltern ändern könne. „Die Lage kann sich dynamisch entwickeln“, sagte Leonhard. Träger würden bei der Betreuung der Kinder vereinzelt standortübergreifend zusammenarbeiten. Dort wo nur sehr wenige Kinder betreut werden müssten, würden „Regelungen mit Vernunft“ getroffen werden. Viele Kitas wollen von den Eltern in Fragebögen wissen, wie ihr Betreuungsbedarf bis Ende kommender Woche ist, um besser planen zu können.

„Es sind anspruchsvolle Tage für uns alle – keine Frage“, sagte Leonhard. Das stimmt insbesondere für Eltern, die ihre Kinder nun selbst betreuen müssen. Wohin mit den Kleinen und ihrem Bewegungsdrang? Die meisten Mütter und Väter halten sich an das Spielplatzverbot, zu manchen allerdings scheint es noch nicht durchgedrungen zu sein. Auf den zentralen Spielplätzen in Hoheluft beispielsweise tummelten sich über den Tag verteilt immer mal wieder vereinzelt Kinder.

Manche Spielplätze waren am Dienstag gut gefüllt

Normalerweise sind die Anlagen am Nachmittag brechend voll. Am Tor des Spielplatzes an der Kottwitzstraße bleiben immer mal wieder Passanten stehen und rufen den Eltern, die sich auf den Platz verirrt haben, zu, dass sie hier gerade nicht sein dürfen. Die meisten packen daraufhin zusammen. Nur die Jugendlichen im Fußballkäfig lassen sich nichts sagen und kicken fröhlich weiter.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

Auf dem Spielplatz im Stadtpark war am Dienstagnachmittag einiges los. Auch auf dem sogenannten Piratenspielplatz neben der Kita Kaifu in Eimsbüttel spielten eine Handvoll Kinder – trotz des Verbots. „Am Montag war es hier noch übertrieben voll, weil alle mal an die frische Luft wollten“, sagte Sonja Arlt, die mit ihrem dreijährigen Sohn Noah unterwegs war.

Appell von Bürgermeister Peter Tschentscher

Sie könne die strikten Maßnahmen der Stadt gegen das Coronavirus verstehen, aber die Kinder müssten auch mal raus. „Sollten es mehr Kinder werden, würde ich aber lieber wieder nach Hause gehen.“ Auch Susanne Depp (36), die mit ihrem Sohn Emil schaukelt, ist bereit Einschränkungen anzunehmen. „Wir haben ja noch Glück: Wir haben unseren Mops Hagen. Mit dem dürfen wir Gassi gehen.“

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Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) richtete einen Appell an alle Eltern: „Geht mit euren Kindern an Alster und Elbe, wo viel Platz ist, aber nicht auf die Spielplätze, wo sich Kinder in größeren Gruppen versammeln“, sagte er. Alle müssten sich bewusst machen, dass Kinder zwar meist nicht selbst erkrankten, aber eine wichtige „Brücke von Infektion zu Infektion“ darstellten.

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„Wenn Kinder untereinander in Kontakt träten, ist das aus Sicht von Epidemiologen eine Hauptübertragungsgefahr“, so Tschentscher. „Das Nutzungsverbot ist für Stadtkinder eine riesige Herausforderung“, sagte Leonhard. „Es gilt aber.“ Man würde etwas Zeit geben, bis sich das überall herumgesprochen habe, dann aber die Einhaltung auch kon­trollieren. „Wichtig: Verstöße können mit Bußgeld geahndet werden.“ Auch dann, wenn sich der Nachwuchs ohne Wissen der Eltern zum Spielplatz aufmacht. Denn: „Eltern haften für ihre Kinder.“