Hamburg. An Kitas und Schulen ruht der Betrieb zwar, doch sie sind geöffnet. Offen ist noch, wie viele Eltern ihre Kinder betreuen lassen.

Für Eltern, Lehrer und Erzieher beginnt am heutigen Montagmorgen eine gewaltige Herausforderung: An Kitas und Schulen ruht der reguläre Betrieb bis mindestens 29. März. Zwar gibt es jeweils eine Notbetreuung, doch niemand kann abschätzen, wie viele Eltern diese nutzen werden. „Die Sekretariate werden durch weitere Rückfragen gefordert sein“, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. Am Wochenende versuchten die Behörden, die Schul- und Kitaleitungen mit Ablauf­plänen auf den wochenlangen Ausnahmezustand vorzubereiten.

Die generelle Linie sei dabei klar: Alle­ Schulen und Kitas sind grundsätzlich geöffnet. „Es wird kein Kind vor verschlossenen­ Türen stehen“, sagte Albrecht. Praktisch sei es kaum möglich, eine klare Grenze zu ziehen, welche Eltern etwa durch einen gesellschaftsdienlichen Beruf auf eine fortlaufende Betreuung angewiesen sind und welche nicht. Auch die Schulleitungen könnten dabei im Einzelfall kaum helfen. „Wir vertrauen darauf, dass die Eltern die richtige Entscheidung für sich und ihre Kinder treffen“, so Albrecht. Es werde keine Kontrollen geben, ob eine Betreuung wirklich nötig ist.

Hamburg: Schulen sollen provisorischen Unterricht organisieren

Um 8 Uhr sollen die Lehrer aller 371 staatlichen Schulen zur Arbeit kommen, um zunächst einen vorsorglichen Schlachtplan für diese Woche zu entwickeln. Die Schulleitungen sind aufgefordert, die Belegschaft sinnvoll aufzuteilen: Junge Lehrer könnten demnach etwa die Notbetreuung vor Ort übernehmen, während Kollegen, die selbst Kinder zu versorgen haben oder zur Risikogruppe der älteren Menschen gehören, in den kommenden Wochen möglicherweise besser von zu Hause aus arbeiten.

Anschließend gilt es, einen provisorischen Lehrbetrieb für die 260.000 Schüler einzurichten. Schulsenator Ties Rabe (SPD) sagt, dass Eltern mit den zu Hause bleibenden Schülern in „engem Kontakt“ bleiben sollen – in der Praxis setzt man auf moderne Lehrmethoden. „Die Schulen haben rund 200 digitale Unterrichtsbausteine zur Verfügung“, sagte Behördensprecher Albrecht. Bei der Vermittlung von neuem Lernstoff könnten die Lehrer den Schülern auch etwa empfehlen, sich selbstständig bestimmte Internetseiten oder YouTube-Videos anzusehen.

Digitale Plattformen zur Kommunikation

Nach Abendblatt-Informationen wird zudem daran gearbeitet, die speziellen digitalen Plattformen zur Kommunikation zwischen den Lehrern auch Schülern zugänglich zu machen. Ein Austausch von Mails oder WhatsApp-Nachrichten sei nur der „Plan B“. Der Behörde schwebt vor, dass die Schüler täglich Aufgaben bis zu einer bestimmten Frist erledigen müssen.

Allerdings werde es in dieser Woche erst einmal darum gehen, eine halbwegs tragfähige Struktur aufzubauen. Dabei soll es klare Prioritäten geben. So soll geeignetes Material für Schüler bereitgestellt werden, die vor Abschlussprüfungen stehen. Bundesweit werden durch die Schulschließungen etwa die Standards beim Abitur in diesem Jahr mutmaßlich sehr unterschiedlich ausfallen. Man habe sich im Kreis der Kultusministerkonferenz aber bereits „versichert, die Prüfungsergebnisse untereinander anzuerkennen“, so Schulsenator Rabe.

Viele Lehrer in häuslicher Quarantäne

Die Situation in Schulen und Kitas wird zusätzlich durch die Rückkehrer aus den Skiferien verschärft. Man gehe davon aus, dass eine „erhebliche Zahl“ an Lehrern etwa zuletzt in Österreich war und für die kommenden zwei Wochen in häuslicher Quarantäne bleiben müsse. Eine genaue Zahl wird es frühestens am Montagnachmittag geben.

Auch einzelne Schulleitungen sind betroffen. „In diesem Fall ist bereits abgesprochen, dass die stellvertretenden Leitungen oder die dienstältesten Lehrer diese Funktion übernehmen“, sagte der Behördensprecher Peter Albrecht.

Kinder, die in den Ferien in einem Risikogebiet waren, sind nach einer Allgemeinverfügung der Stadt für 14 Tage auch von der Notbetreuung ausgeschlossen – sollten sie trotzdem in Schule oder Kita erscheinen, drohen Strafen. „Es handelt sich hier nicht um eine Empfehlung, sondern um Zwang“, betonte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Alle Kitas sind geöffnet

Für die Kinder in der Notbetreuung wird es weiterhin ein Mittagessen geben. Laut Schulbehörde werden die Essenszeiten jedoch „verbreitert“, sodass sich möglichst wenige Kinder gleichzeitig in den Schulkantinen aufhalten. „Es werden auch weitere hygienische Maßnahmen ergriffen“, so der Behördensprecher Peter Albrecht. Die Schulen sind auch angehalten, in den Essensräumen einen möglichst großen Abstand zwischen den Schülern beim Essen herzustellen.

Ähnlich ist die Lage in den Kitas: Der Regelbetrieb ist zwar eingestellt, und die Sozialbehörde appelliert dringend an alle Eltern, ihre Kinder nicht in die Kita zu bringen. Dennoch seien alle rund 1100 Einrichtungen geöffnet, betonte Behördensprecher Martin Helfrich. Es solle überall eine Notbetreuung angeboten werden für Kinder von Eltern, die in Berufen tätig sind, die für die Daseinsvorsorge und die Aufrechterhaltung der städtischen Infrastruktur wichtig sind. Auch Kinder von Eltern, die eine Betreuung nicht privat organisieren können, werden nicht abgewiesen.

Kinder könnten das Virus übertragen

Dass größere Kita-Träger nur vereinzelt Einrichtungen öffnen, um Kinder aus mehreren Häusern dort zusammenzuziehen, sei nicht vorgesehen, so Helfrich. Denn es gehe ja darum zu vermeiden, dass viele Menschen an einem Ort zusammentreffen. Stattdessen solle die Betreuung in den Kitas in räumlich lockerer Atomsphäre stattfinden.

„Wir wissen, dass wir den Eltern große Einschränkungen zumuten“, hatte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) gesagt. Die Maßnahmen seien aber notwendig – weniger zum Schutz der Kinder, die als am wenigsten gefährdet durch das Corona-Virus gelten. Aber es bestehe die Gefahr, dass Kinder das Virus übertragen, auch auf Erzieher, Eltern und Großeltern – Letztere gelten wiederum als besonders gefährdet. Daher raten Experten dringend davon ab, Kinder von Oma und Opa betreuen zu lassen.

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Notbetreuung in Hamburg: Hilfspaket für Eltern?

Für Verwirrung unter Eltern hatten am Wochenende höchst unterschiedliche Schreiben von Kita-Trägern gesorgt. So hatten die städtischen Elbkinder als größter Träger der Stadt deutlich auf die Notbetreuung hingewiesen und auch aufgelistet, an welche Eltern sich diese richtet, darunter Beschäftigte im Gesundheits-, Medizin- und Pflegebereich, Beschäftigte von Polizei, Rettungsdienst, Katastrophenschutz, Feuerwehr und Vollzugsbereich sowie Mitarbeiter an Kita und im GBS (Betreuung an Schulen). Andere Träger hatten dagegen den Eindruck erweckt, die Kita sei komplett dicht – was nicht erlaubt ist.

Unterdessen hat der Landeselternausschuss (LEA) ein „Hilfspaket für Eltern“ gefordert. Wenn Eltern jetzt wegen fehlender Kinderbetreuung zu Hause blieben, drohten weitere wirtschaftliche Einbrüche. Ein erster Schritt könne es sein, Eltern von den Zuzahlungen zur Kinderbetreuung während der Schließzeit zu befreien. „Dadurch wird den Eltern wenigstens die Möglichkeit gegeben, diese Mittel anteilig für alternative Kinderbetreuung zu nutzen.“