Hamburg. Weil nicht alle Urlaub im Risikogebiet gemacht haben, ziehen Eltern ins Hotel oder Kinder zu Freunden. Auch Nachbarn können helfen.

Als mich am Sonntag die Nachricht erreicht, dass Tirol nun für das ganze Bundesland eine Ausgangssperre verhängt hat, bin ich einfach nur erleichtert. Einkaufen dürfen die Menschen noch, ansonsten müssen sie zu Hause bleiben, wenn ihr Beruf es nicht unabdingbar macht, dass sie das Haus verlassen.

Auch in Hamburg tun es viele Urlauber, die gerade aus den Skiferien in Tirol zurückgekehrt sind, nun den Österreichern gleich. Sie haben sich gleich nach der Rückkehr am Freitag oder Sonnabend in ihre eigenen vier Wände zurückgezogen. Auch wenn die Behörden hierzulande Reisenden, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, zur Quarantäne raten, sie aber nicht dazu verpflichten.

Coronavirus: Hamburger Familien trennen sich zur Isolation

Dabei stellte sich aber für viele von uns heraus, dass es gar nicht so einfach ist, sich in Quarantäne zu begeben. Jedenfalls nicht innerhalb des gewohnten Umfeldes. Bestes Beispiel ist eine Familie in der Nachbarschaft. Die Mutter ist mit ihrer Tochter seit zweieinhalb Wochen in Costa Rica unterwegs und soll am Montag planmäßig wieder in Hamburg landen. Ihr Mann war mit dem Sohn in Tirol Ski fahren und ist jetzt in Hamburg in häuslicher Quarantäne. Nun überlegen sie, wer im Haus bleibt und wer zu Freunden zieht, damit wenigstens die halbe Familie die andere Hälfte mit Lebensmitteln versorgen kann.

Oder Francine (19), die mit der Familie ihrer Freundin Ellen (21) im Skiurlaub war. In ihrer Studenten-WG in Bonn wären zwei Mitbewohner betroffen, das wollte sie ihnen nicht zumuten. Ihre Eltern leben in Hamburg, der Vater ist selbstständig. Für ihn wäre eine zweiwöchige häusliche Quarantäne finanziell schwierig zu verkraften. Also zieht Francine jetzt für zwei Wochen zur Familie ihrer Freundin, mit der sie im Urlaub war – und Francines Mutter versorgt alle mit Lebensmitteln. Die Eltern von Ellen sind beide Ärzte und hatten sich spontan entschieden, mit dem Auto aus dem Skiurlaub zurückzufahren, um das Ansteckungsrisiko im Zug zu vermeiden.

Jugendliche begeben sich in Quarantäne

Einkäufe für Nachbarn in häuslicher Isolation.
Einkäufe für Nachbarn in häuslicher Isolation. © Genevieve Wood | Genevieve Wood

Auch für den Hamburger Abiturienten Niklas (18) war die Rückkehr nicht unproblematisch. Er war ohne seine Eltern im Tiroler Skiort Serfaus, und auch in seiner Familie musste improvisiert werden. Sein Vater wollte nun ins Hotel ziehen, Niclas Mutter und seine Schwester nehmen die zweiwöchige Quarantäne in Kauf, damit Niklas in sein Zuhause zurückkann.

Die Schülerin Laura (17) konnte ebenfalls nicht zurück zu ihren Eltern. Ihr Vater ist Arzt, ihre Mutter ist Krankenschwester in der Notaufnahme, beide wollen ihre Arbeitsfähigkeit nicht gefährden. Laura ist daher zu ihrem Freund gezogen, um ihre Quarantäne dort zu verbringen.

Drei Viertel der Plätze im ICE blieben leer

Meine Familie lebt nun ebenfalls komplett in häuslicher Quarantäne. Unser älterer Sohn, der im Süden der Republik studiert, wollte ebenfalls seine WG-Mitbewohner nicht behelligen und hat am Ende unseres gemeinsamen Skiurlaubs kurzerhand ein Zugticket nach Hamburg gebucht.

Apropos Zugfahren: Umweltfreundlich waren wir mit dem Zug im Urlaub und mussten entsprechend mit der Bahn am Sonnabend auch wieder zurück nach Hamburg. Aber wir hatten ein schlechtes Gefühl, als Urlauber in einem Risikogebiet in einem Waggon mit Bahnfahrern zu sitzen, die vielleicht nur von München nach Kassel mussten. Etwa drei Viertel der Plätze im ICE blieben aber ohnehin leer.

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In unserem Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis gab es meines Wissens bislang keinen bestätigten Corona-Fall, und auch wir fühlen uns fit und gesund. Die Entscheidung, uns von anderen fernzuhalten, ist trotzdem die richtige.

Eine liebe Freundin hat am Sonnabend für uns eingekauft und die Tüten vor die Tür gestellt. Frisches Gemüse, Obst, Eier, Milch, Joghurt – alles, was man nach einem Urlaub nicht mehr im Kühlschrank hat. Viele Freunde und auch Nachbarn, die unsere Situation kennen, haben ebenfalls angeboten, für uns einzukaufen. Diese Art der Hilfe und Solidarität ist großartig. Und ganz ehrlich: Die Quarantäne in den eigenen vier Wänden abzusitzen ist hundertmal besser als in einer Ferienwohnung ohne diese Unterstützung.