Hamburg. HSV-Boss Hoffmann sieht finanzielle Nöte bei einem Saisonabbruch. Hecking schildert, wie die Spieler mit Corona umgehen.

Einen Tag nach dem kurzfristig abgesagten Geisterspiel bei Greuther Fürth hat der HSV den Trainingsbetrieb bis Dienstagnachmittag ausgesetzt. „Wir haben eine Mannschaft, die das Wohl der Gesellschaft reflektiert und auch der Meinung ist, dass das gesellschaftliche Leben über dem Fußball steht. Das hat man deutlich gespürt. Wir gehen damit, so sensibel es geht, um", sagte Trainer Dieter Hecking im Gespräch mit dem Abendblatt.

Der HSV-Coach wirkte am Sonnabend recht entspannt im Umgang mit der Coronakrise im Fußball. Tags zuvor war Hecking noch Zeuge eines in dieser Form noch nie da gewesenen Durcheinanders geworden. Nach ewigem Hin und Her hatte die DFL schließlich rund zwei Stunden vor dem geplanten Anpfiff in Fürth den kompletten Spieltag abgesagt.

Obwohl er selbst betroffen war, zeigte Hecking Verständnis für das Vorgehen der Funktionäre. „Eine Komplettabsage ist im Sinne des Spielbetriebs, denn es bringt gar nichts, wenn eine Mannschaft drei, vier Nachholspiele hat und diese im Juni nachholen muss, während andere schon mit der Saison durch sind", sagte der 55-Jährige. „Von daher habe ich großes Verständnis für die Vorgehensweise.“

Coronavirus: HSV vor ungewisser Zukunft

Anders als die Ligarivalen Hannover 96 und 1. FC Nürnberg, deren Teams sich in Quarantäne befinden, hat sich beim HSV noch keiner mit dem Coronavirus infiziert. Hamburgs Coach sieht für den Verein deshalb noch keinen Grund zur Panik, mahnt aber zur Vorsicht.

„Für uns ist alles noch nicht so richtig greifbar, weil wir glücklicherweise keinen Corona-Verdachtsfall in unseren Reihen haben. Dadurch können wir erst mal normal weiterarbeiten, sofern das möglich ist bei dem, was links und rechts passiert", sagte Hecking. „Trotzdem wissen wir, dass sich daran jederzeit etwas ändern kann.“

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Der HSV steht wie der gesamte deutsche Profifußball vor einer schweren Zeit, da überhaupt nicht absehbar ist, ob und wann die aktuell bis 2. April ausgesetzte Saison fortgesetzt werden kann. Etwas Licht ins Dunkel könnte am Montag die außerordentliche Mitgliederversammlung der DFL in Frankfurt mit Vertretern aller Erst- und Zweitligisten bringen.

„Wir wollen erst einmal bis Dienstag abwarten, weil am Montag auf der Vollversammlung über Maßnahmen diskutiert wird, wie die Liga jetzt weiter vorgehen wird und ob es realistisch ist, dass wir am 6. April gegen Stuttgart spielen", sagte Hecking.

Fehlen 700 Millionen? Hoffmann über Finanznöte

Sollte es sogar zum Saisonabbruch kommen – ein Szenario, über das aktuell diskutiert wird –, hätte dies dramatische finanzielle Folgen für den Verein. Dem HSV würden Liquiditätsengpässe drohen, die bis zur Insolvenz führen könnten. "Die Saison in der Zweiten Liga zu Ende zu spielen, ist das wirtschaftliche Rückgrat für einen Verein wie den HSV", sagte Clubboss Bernd Hoffmann bei "NDR 90,3".

Ein vorzeitiges Saisonende konnte ein Finanzloch von rund 700 Millionen Euro in die Kassen der Erst- und Zweitligisten reißen. Sollten die restlichen acht Spieltage ausfallen, fehlen schätzungsweise 330 Millionen Euro aus der TV-Vermarktung, 240 Millionen Euro aus dem Sponsoring und 130 Millionen Euro an Ticket-Einnahmen.

Jedem vierten Club droht die Insolvenz

Die DFL signalisierte bereits, den Clubs beim anstehenden Lizenzierungsverfahren entgegenzukommen. Aber auch die DFL unterliegt großen Zwängen – und die Vorgaben des Insolvenzrechts sind eindeutig. Jedem vierten Verein soll gar die Insolvenz drohen, wenn der Spielbetrieb nicht fortgeführt wird.

Deshalb sind bereits erste Stimmen nach einem Solidaritätsfonds laut geworden. Doch daran hat nicht jeder Verein Interesse. Schon jetzt ist daher sicher, dass es eine hitzige Debatte am Montag in Frankfurt werden dürfte. Mit offenem Ausgang – auch für den HSV.