Hamburg. Grabungstagebuch Teil 13: Die Zeit wird knapp, aber das Zwischenfazit fällt trotz Orkan “Sabine“ gut aus.

Kay-Peter Suchowa schaut kurz irritiert, rechnet rasch im Geiste und sagt dann: „Stimmt.“ Wobei ein unausgesprochenes „leider“ mitschwingt. Denn es ist schon Halbzeit bei der Grabungskampagne der Archäologen an der Neuen Burg. Gelegenheit also, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen.

Dass die durchaus positiv, aber eben nicht euphorisch ausfällt, hängt mit dem Faktor Zeit zusammen. Zunächst hatte sich der Beginn der Ausgrabung verzögert, weil die Einrichtung und Absicherung der Grube viel schwieriger und aufwendiger war als zunächst gedacht. Und dann kam im Februar der Sturm – wie berichtet, war das Zelt weggerissen worden. Drei Wochen hat das gekostet. Weil aber das Ende der Ausgrabung im August nicht nach hinten verschoben werden kann (die Straße muss wieder hergerichtet werden), fehlen einige Wochen aus dem ursprünglichen Zeitplan.

Erfolge der Hamburger Ausgrabungen: der Burgwall

Grabungsleiter Kay-Peter Suchowa zieht Zwischenbilanz.
Grabungsleiter Kay-Peter Suchowa zieht Zwischenbilanz. © Kaja Weber | Kaja Weber

„Wir sind aber keineswegs unzufrieden“, sagt Suchowa. Gefragt nach den Erfolgen, nennt er sofort den Burgwall. Zur Erinnerung: Dort, wo heute die Ruine der Nikolaikirche steht, war ab 1021 die „Neue Burg“ gebaut worden. Im 12. Jahrhundert gab man sie auf, ebnete alles ein und errichtete ab etwa 1190 die Neustadt.

Reste des alten Walls der Burg wurden schon früher an verschiedenen Stellen gefunden – jetzt aber ist Suchowa mit seinem Team auf die höchste Stelle gestoßen. „Wir haben 5,01 Meter über Normalnull gemessen und sind sicher, dass es der höchste Punkt ist“, berichtet er.

Burgtor zum Hafen wurde nicht gefunden

Der Wall bestand aus einer Holz-Erde-Konstruktion. Die gefundenen Baumstämme werden demnächst dendrochronologisch untersucht. Mit dieser Methode kann anhand der in den Jahresringen ablesbaren Wachstumsphasen exakt bestimmt werden, wann der Baum gefällt wurde. Alte Funde datieren aus den Jahren 1021 bis 1024. „Falls unsere Funde älter oder jünger sind, wissen wir, dass der Bau der Burg entsprechend länger gedauert hat“, sagt Suchowa.

Die Hoffnung, ein Burgtor zum Hafen am Nikolaifleet gefunden zu haben, hat sich dagegen nicht bestätigt. „Das sah nur zunächst so aus, passt aber mit den Befunden der Erdschichten nicht zusammen.“

Freigelegte Mauern aus dem 13. bis 17. Jahrhundert

Reste der mittelalterlichen Wohnbebauung haben die Archäologen erwartungsgemäß reichlich gefunden. Die freigelegten Mauern stammen aus dem 13. bis 17. Jahrhundert – das lässt sich an Größe und Firm der Steine sehr gut erkennen.

Ob an dieser Stelle aber schon in den Anfangstagen der Neustadt Häuser standen, lässt sich anhand der Funde noch nicht eindeutig beantworten. „Damals wurden die Häuser kreisförmig um einen Platz herum gebaut, und die Historiker vermuten, dass dies zeitgleich geschah“, sagt Suchowa. Ob es aber Holz- oder Steinbauten waren, weiß man nicht so genau.

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Immerhin gibt es Keramikfunde, die aus dieser Zeit stammen könnten. „Allerdings lassen sich Scherben nie exakt datieren, sondern immer nur einer Epoche zuordnen“, sagt Suchowa. Ob beispielsweise eine Ton-Kanne 1190 oder 1210 hergestellt wurde, ist unmöglich festzustellen. Aber vielleicht gibt es ja noch Holzfunde, die sich eben viel genauer datieren lassen.