Hamburg. SPD, Grüne, CDU, FDP und Linke stellen einen gemeinsamen Antrag zum “jüdischen Leben in Hamburg“ vor. Warum die AfD nicht dabei ist.
Die Bornplatzsynagoge im Grindelviertel war einst die größte Synagoge Norddeutschlands – bis sie von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Nun setzen sich fünf Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft in einem interfraktionellen Antrag dafür ein, dass sie am selben Ort wiederaufgebaut wird.
Bis Ende des Jahres sollen die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie der Bürgerschaft vorgelegt werden, heißt es in dem Antrag, den die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen gemeinsam mit den Fraktionen der oppositionellen CDU, Linke und FDP am Mittwoch in der Bürgerschaft einreichen wollen. Und die Hamburger sollen sich mit Spenden daran beteiligen können.
Bornplatzsynagoge: Wiederaufbau für CDU Herzensangelegenheit
„Wir wollen den jüdischen Hamburgern den zentralen Ort zurückgeben, der ihnen von den Nationalsozialisten genommen worden ist“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Das gemeinsame Vorgehen der fünf Fraktionen sei – gerade in Zeiten des Wahlkampfes – das stärkste Signal, das eine Stadt aussenden könne. CDU-Fraktionschef André Trepoll ist überzeugt: „Eine Stadt, die einzigartige Konzertsäle und Hochhäuser baut, kann auch zerstörte Synagogen wieder aufbauen.“ Für die CDU sei der Wiederaufbau eine Herzensangelegenheit.
Es gehe darum, jüdisches Leben in Hamburg zu fördern und erlebbar zu machen, erklärte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks. „Denn das jüdische Leben hat einen festen Platz in unserer weltoffenen Stadt.“ Die FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels sprach von einem bewegenden Moment. „Angesichts eines wiederaufkeimenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft ist der Wiederaufbau auch ein wichtiges Signal.“ Er könne „die fast vollständige Vernichtung auch der Hamburger Juden nicht wiedergutmachen“, betonte die Linken-Politikerin Christiane Schneider, sei aber dennoch wichtig, um jüdisches Leben und jüdische Kultur in Hamburg sichtbar zu machen.
Bornplatzsynagoge – Machbarkeitsstudie kostet 600.000 Euro
„Die einhellige Unterstützung der Bürgerschaft berührt uns Hamburger Juden sehr“, sagt Philipp Stricharz, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Hamburg. Sie setze einen Impuls für die Zukunft jüdischen Lebens in Hamburg. Stricharz sprach von einem „großartigen Zeichen für die Vielfalt, aber auch für die Einheit unserer Stadt“. Die jüdische Gemeinde wünscht sich nach Stricharz Worten einen Bau, der sich architektonisch möglichst eng am Original orientiert. Die Synagogennutzung solle im Vordergrund stehen, wünschenswert sei aber auch ein großer Veranstaltungsraum, so dass das Gebäude als Tagungszentrum dienen kann. „Wir wollen Nutzungsmöglichkeiten, von denen auch die Stadt etwas hat“, so Stricharz.
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Bot die frühere Synagoge Platz für 1200 Gläubige, benötige man heute wohl einen Betraum für etwa 500 Menschen, erklärte er. Auch wenn die 600.000 Euro teure Machbarkeitsstudie Genaueres ergeben wird: Vermutlich dürfte der Neubau der Synagoge damit kleiner ausfallen als das Original.
Fünf bis sechs Jahre für Errichtung der Synagoge realistisch
Das wäre auch deshalb günstig, weil der Bornplatz heute kaum ausreichend Raum bietet. Nach dem Abriss der Ruinen der 1938 weitgehend zerstörten Synagoge, für die die Jüdische Gemeinde damals selbst bezahlten musste, errichtete man direkt angrenzend einen Hochbunker, der heute denkmalgeschützt ist und von der Universität genutzt wird. „Wie man mit diesem Bunker umgeht, ist die zentrale, zugleich auch die kniffeligste Frage, die mit viel Sensibilität beantwortet werden muss“, sagte Grünen-Politiker Tjarks.
Auch was aus der jetzigen, ebenfalls denkmalgeschützten Synagoge an der Hohen Weide werde, steht nicht fest. Hier soll die Machbarkeitsstudie gleichfalls Lösungen liefern. Wenn alles gut laufe, sei ein Zeitraum von fünf bis sechs Jahren für die Errichtung der neuen Synagoge realistisch, glaubt Stricharz.
Einmütigkeit unter den Fraktion – AfD war nicht eingeladen
Bei der Finanzierung des Neubaus am Bornplatz sehen die Fraktionschefs Hamburg, aber auch den Bund in der Pflicht, der bereits die Machbarkeitsstudie bezahlt. Wie teuer die neue Synagoge werden könnte, lasse sich noch nicht abschätzen. Klar ist aber: Die Hamburger sollen den Wiederaufbau mit Spenden unterstützen können.
„Ich fest davon überzeugt, dass sich viele Menschen in der Stadt freuen würden, einen finanziellen Beitrag zu leisten, um damit die Schaffung eines neuen, sichtbaren Ortes für jüdisches Leben in Hamburg zu unterstützen“, sagte Anna von Treuenfels. Ähnlich äußerten sich die anderen Fraktionschefs. Gedacht wird an Einzelpersonen, vermögende Mäzene und Stiftungen. CDU und Grüne begrüßen die Idee eines Fördervereins, wie er in Berlin zur Wiedererrichtung einer Synagoge gegründet wurde.
Ein in Stein eingelassener Grundriss erinnert an Synagoge
Bei den fünf Bürgerschaftsfraktionen herrschte große Einmütigkeit; die sechste Fraktion – die AfD – war nicht eingeladen. Angesichts des Auftritts der Partei und ihres Verhaltens nach dem Anschlag von Halle sei man gut beraten, sie bei diesem Thema nicht einzubeziehen, hieß es einhellig. Die AfD kann dieses nicht nachvollziehen. Sie habe in der Vergangenheit bereits „ganz klar und eindeutig gemacht, dass sie den Wiederaufbau der Bornplatz-Synagoge unterstützt“, sagte AfD-Sprecher Robert Offermann dem Abendblatt.
Auf dem Bornplatz erinnert heute ein in den Stein eingelassener Grundriss an die einstige Synagoge im Grindelviertel. Landesrabbiner Shlomo Bistritzky hatte sich für einen Wiederaufbau ausgesprochen. Sein Vorschlag stieß auf nahezu einhellige Zustimmung. Die Liberale Jüdische Gemeinde Hamburg fordert ihrerseits die Rettung der Ruine eines Tempels in der Poolstraße. Dies sei ein wichtiges Anliegen, das man aber getrennt vom Synagogen-Wiederaufbau am Bornplatz angehen müsse, erklärten die Fraktionsvorsitzenden.