Hamburg. Derzeit touren die Projekt-Verantwortlichen der Bahn durch Hamburg, um Politiker und Gremien über die Pläne zu informieren.

Sein Auto auf den Autoreisezug fahren, während nebenan ein ICE für den nächsten Einsatz präpariert wird? Ab 2025 wird dies nach den Plänen der Bahn Realität. Dann soll die neue Autoreisezuganlage in Eidelstedt auf dem Gelände des ICE-Werks in der Nähe des S-Bahnhofs Elbgaustraße fertig sein. Noch starten die Züge vom Bahnhof Altona, der bekanntlich zum Diebsteich verlegt werden soll.

Derzeit touren die Projekt-Verantwortlichen der Bahn mit einer Präsentation durch Hamburg, um Politiker und Gremien über die Pläne zu informieren. Zuletzt machte das Team im Verkehrsausschuss Altona Station. Insgesamt war die Resonanz positiv. „Die Lösung wirkt überzeugend. Es wird keine Grünfläche versiegelt, die Anbindung an den Verkehr ist gut“, sagt Benjamin Harders von den Grünen.

Projekt hat für die Bahn immense Bedeutung

Dieses Lob kann die Bahn gut gebrauchen. Gemessen an den Gesamtkosten von mindestens 360 Millionen Euro für die Verlegung des Fernbahnhofs zum Diebsteich wirken die veranschlagten 20 Millionen Euro für die Autoreiseanlage zwar eher bescheiden. Und doch hat das Projekt für die Bahn immense Bedeutung. Hintergrund: 2018 hatte das Oberlandesgericht einem Eilantrag des Verkehrsclubs Deutschlands (VCD) stattgegeben und einen Baustopp für den neuen Fernbahnhof verhängt, da am neuen Bahnhof keine Verladestation für Autoreisezüge geplant war.

Die Bahn prüfte unter Hochdruck sechs Standorte für den Bau einer Verladestation: Neben Elbgaustraße Nord noch Elbgaustraße Süd, Bornmoor (Nähe S-Bahn Eidelstedt), Langenfelde, Neumünster sowie Moorfleet. Erreichbarkeit, Flächenverfügbarkeit, Umweltschutz und eine kundengerechte Lage gaben den Ausschlag für den Standort neben dem ICE-Werk. „Mit diesem Standort ist eine einfache Anreise über die Autobahn sowie das Hamburger Straßennetz möglich. Zudem wird mit der Nutzung des vorhandenen Betriebsgeländes die Umwelt geschont“, sagte eine Bahnsprecherin dem Abendblatt.

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Der Lärmschutz sei gesichert: „Wir installieren entsprechenden Schallschutz. Kein Anwohner muss befürchten, dass es am Standort Eidelstedt lauter wird.“ In Eidelstedt plant die Bahn vier Rampen für die Verladung, die Anlage ist laut Bahn deutlich großzügiger als in Altona, wo beim Beladen der Züge Bahn-mitarbeiter mit Kordeln Bahnhofsbereiche absperren müssen.

Im Schnitt 40 Fahrzeuge werden pro Tag verladen

Mehrere Mitglieder des Verkehrsausschusses Altona äußerten dennoch die Sorge, dass die Anlage zu klein dimensioniert sein könnte, falls es einen Boom bei Autoreisezügen geben sollte. „Nach Gesprächen mit den Autozug-Betreibern gehen wir nicht davon aus, dass sich die Zahlen in der Zukunft erhöhen werden“, sagt dazu die Bahn, die sich bereits 2016 aus diesem Bereich verabschiedet hat.

Seitdem teilen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) sowie zwei private Anbieter das Geschäft unter sich auf. In Altona wurden laut Bahn 2018 insgesamt 14.000 Autos verladen, also im Schnitt 40 Fahrzeuge pro Tag. „An absoluten Spitzentagen könnten es maximal 440 Autos sein, die über den Tag verteilt die Autoreisezuganlage anfahren oder verlassen“, sagt die Bahnsprecherin zu dem geplanten Projekt.

Sorge vor Staus auf der Elbgaustraße

Die SPD-Fraktion im Bezirk Eimsbüttel sorgt sich um die Verkehrssituation auf der ohnehin hoch belastete Elbgaustraße. „Insbesondere im Bereich der Auffahrt zum ICE-Werk sind immer wieder Rückstaus zu beobachten, die durch Linksabbieger verursacht werden, weil dort in Fahrtrichtung Eidelstedt keine separate Linksabbiegerspur vorhanden ist. Ohne verkehrsbauliche oder -technische Maßnahmen würde sich diese Situation durch die Autoreisezuganlage am geplanten Standort weiter verschärfen.“ Für die Bezirksversammlung am Donnerstag hat die SPD einen Antrag eingereicht, die Verkehrssituation neu zu justieren. Die Bahn sieht das Ganze entspannt: „Die Elbgaustraße passieren jeden Tag 20.000 Fahrzeuge. Da fallen die Autos, die die Autoreisezuganlage nutzen werden, nicht weiter ins Gewicht.“

Die Anlage selbst plant der Konzern funktional, für die kulinarische Versorgung wird im Wartebereich ein Snack-Automat eingerichtet. Zwar kommen vor allem die Kunden aus Skandinavien sehr früh, diese würden aber die Wartezeit gern für einen Trip per S-Bahn in die Innenstadt nutzen.

Ausbau der Carsharing-Konzepte

Offen bleibt, ob sich die Investition für die Bahn überhaupt rechnen kann. „Lohnt sich das überhaupt?“, wollte nicht nur Jan Sommermeyer (FDP) aus dem Mobilitätsausschuss Eimsbüttel wissen. Vieles deutet daraufhin, dass das eigene Auto auch im Urlaub an Bedeutung verlieren wird, zumal der Ausbau der Carsharing-Konzepte immer weiter voranschreitet. Zudem verstärken viele Ferienorte ihre Anstrengungen im öffentlichen Nahverkehr.

Die Bahn verweist auf die juristische Situation: „Nach Eisenbahnrecht sind wir verpflichtet, den Standort Hamburg zu erhalten, da es in Altona eine solche Anlage gibt. Dies würde auch selbst dann gelten, wenn dort nur ein Zug mit einem Auto am Tag fahren würde.“

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Ohnehin richtet sich der Fokus des Konzerns auf das große Ganze, den Bau des neuen Fernbahnhofs. Weiterhin suchen Senat und Bahn mit den Projektgegnern, dem VCD-Nord und der Bürgerinitiative Prellbock Altona, bei Runden Tischen nach einem tragfähigen Kompromiss. Auch für die Stadt ist die Verlagerung des Fernbahnhofs wichtig. Schließlich sollen auf dem Gelände der Gleisanlagen 1900 Wohnungen im zweiten Bauabschnitt der Neuen Mitte Altona entstehen.