Greta, Jatta und der Exzel-Lenzen: Wer 2019 Hamburg prägte und welche besonderen Bilder haften bleiben.
Liebe Leserinnen und Leser,
2019 wird als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem ein kleines Mädchen und Millionen von Schülern die Welt verändert haben. Greta Thunberg. 2019 war das Jahr von „Fridays for Future“ und dem Kampf gegen die Klimakrise, in dem Hamburg eine große Rolle spielt: Zur Demonstration am 20. September kamen zwischen 70.000 und 100.000 Menschen aller Altersgruppen, Kinder und Jugendliche genauso wie Parents und Grandparents for Future.
Solch eine gewaltige (und friedliche) Demonstration hat es in der Stadt lange nicht gegeben, sie zeigt, wie sich das Denken vieler Hamburger in wenigen Monaten verändert hat. „Hamburg ist eine überdurchschnittlich starke Stadt, was Mobilisierung angeht. Es gibt ein unfassbares Netzwerk an Menschen, die sich beteiligen und einbringen“, sagt Luisa Neubauer, eines der bekanntesten Gesichter von „Fridays for Future“ und selbst geborene Hamburgerin.
Hamburg als "Klimaleuchtturm"?
„Hamburg könnte zu einem Klimaleuchtturm in Europa werden. Es gibt keine ökologisch-visionäre Großstadt in Deutschland, das wäre eine so unfassbare Chance für Hamburg. Woran es Hamburgern ja nicht mangelt, ist Stolz und Selbstvertrauen, wieso übertragen wir das nicht auf den Kampf für den Klimaschutz?“ 2019 war der Start. Nicht nur in diesem Bereich. Erinnerungen an ein aufregendes und alles in allem Mut machendes Jahr.
Alles Gute für 2020 wünscht Ihr
Lars Haider
Greta Thunberg in Hamburg
Sie ist das Gesicht der Klimaschutz-Bewegung mit weltweiter Strahlkraft: Greta Thunberg, die in wenigen Tagen 17 Jahre alt wird, bei einer Kundgebung von „Fridays for Future“ am 1. März. Es ist der erste Auftritt der Schwedin in Deutschland.
Viele Tausend Besucher sind auf den Rathausmarkt gekommen, um sie aus der Nähe zu sehen. Und viele weitere Freitagsdemonstrationen sollten folgen.
E-Scooter
Sie wurden als „umweltfreundliches Fortbewegungsmittel“ angepriesen, doch dann entpuppten sie sich als Spielzeug der Spaßgesellschaft.
Mehr als 3000 E-Scooter sind in Hamburg zugelassen, doch die wenigsten Nutzer halten sich an die Regeln. Häufig kommt es zu Unfällen mit Verletzungen, die Roller stehen oder liegen auf Straßen und Plätzen herum, und – obwohl das Fahren dort verboten ist – ist man auf Bürgersteigen nicht mehr sicher vor ihnen. So mancher Hamburger sagt inzwischen: Es reicht!
Uni Hamburg: Exzel-Lenzen
Hamburg kann doch Erste Liga: Die Universität bekam am 18. Juli den Exzellenz-Titel und stieß damit in die Elite der deutschen Unis auf. Das bedeutet nicht nur viel Renommee, sondern auch 164 Millionen Euro extra vom Bund, verteilt auf sieben Jahre. Bürgermeister Peter Tschentscher und Uni-Präsident Dieter Lenzen feierten das mit Forschern sowie Gästen, Sekt und Konfetti.
Online Marketing Rockstars
Keine steife Messe, sondern ein Festival ist das jährliche Treffen der Online Marketing Rockstars (OMR) geworden. Vor acht Jahren hatte Gründer Philipp Westermeyer (Foto: bei der Begrüßung in diesem Jahr) mit einer Digitalkonferenz begonnen. 200 Leute kamen zur Premiere. In diesem Jahr, am 7. und 8. Mai, strömten 50.000 Besucher in die Messehallen. Es ist die größte Veranstaltung ihrer Art in Europa
Bauer-Power: Trecker-Demo
Weniger Gülle, weniger Pestizide, mehr Tierwohl: Was den Landwirten an strengeren Regeln bevorsteht, lässt viele um ihre Existenz fürchten.
Am 14. November machten sich aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Bauern mit 3500 Traktoren zur Demo nach Hamburg auf den Weg. Das erwartete Verkehrschaos blieb zwar aus, aber schwere Behinderungen wie hier auf der Willy-Brandt-Straße gab es schon.
Schwamm drüber!
Wer hat denn da am „Schwamm“ geknabbert? Eine Kunstinstallation, die der Journalist und Künstler Michel Abdollahi am 23. Mai zum 70. Jahrestag des Grundgesetzes auf der Reesendammbrücke aufgebaut hat, wies schon am Tag darauf Löcher auf. Das zwei mal drei Meter große Werk zeigte einen gewöhnlichen Haushaltsschwamm und sollte negative Energien wie Hass, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz aufsaugen.
Grundgesetz – der Film
Autobahn A7: Deckel drauf!
Deckel drauf – und Ruhe! Am 6. Dezember wurde auf der Autobahn 7 in Schnelsen der erste Lärmschutztunnel offiziell eröffnet. Fünf Jahre hatte der Bau gedauert, der jene Schneise, die die A 7 einst schlug, in dem Bereich wieder schließen soll.
Vertreter von Bund, Projektentwicklern und Baufirmen sowie Hamburgs Wirtschafts- und Verkehrssenator Michael Westhagemann (parteilos) freuten sich beim Durchschneiden des obligatorischen Bandes.
CSD und Koalition: Regenbogen und bald Grün-Rot?
Beim Christopher Street Day Anfang August wirkten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) noch wie ein trautes Polit-Paar.
Dann, im November, war es damit vorbei: Fegebank ließ sich für die Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 als Bürgermeisterkandidatin aufstellen und eröffnete die direkte Konfrontation mit Tschentscher. Nicht ohne Chancen: In Umfragen haben die Grünen mit 26 Prozent ihr Ergebnis gegenüber der letzten Wahl mehr als verdoppelt, während die SPD nur noch bei 28 Prozent und damit gut 17 Punkte unter dem Ergebnis von 2015 liegt. Rot-Grün, wie bisher, oder diesmal Grün-Rot? Das ist hier die Frage.
KZ-Prozess um Bruno D.
Mit einem Aktendeckel gegen Fotografen abgeschirmt wurde Bruno D. am 21. Oktober in den Verhandlungssaal des Landgerichts gefahren. Dort muss sich der 93 Jahre alte ehemalige SS-Wachmann des Konzentrationslagers Stutthof wegen Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen verantworten. Er soll zwischen dem 9. August 1944 und dem 26. April 1945 „die heimtückische und grausame Tötung insbesondere jüdischer Häftlinge unterstützt“ haben. Wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten wird sich der Prozess bis mindestens Mitte Februar.
Bezirkswahl 2019: Auszählung in der Barclaycard Arena
Vor leeren Rängen: Hunderte Wahlhelfer zählten am 27. Mai in eigens dafür aufgebauten Kabinen in der Barclaycard Arena die Stimmzettel der Bezirksversammlungswahlen. Insgesamt waren die Grünen der große Gewinner dieser Wahlen: In vier von sieben Bezirken gewannen sie die meisten Sitze. Ein Vorgeschmack auf die Bürgerschaftswahl im Februar 2020?
Pretty Woman
Hamburgs neues Traumpaar: Als Musical feierte die Filmromanze „Pretty Woman“ am 29. September im Stage Theater an der Elbe Europa-Premiere. Waren in der Kinoversion von 1990 noch Richard Gere und Julia Roberts die Stars, sind hier Patricia Meeden als Prostituierte Vivian und Mark Seibert als Geschäftsmann Edward zu sehen. Die Musik für das Musical komponierte Bryan Adams.
Tina – das Musical
Und noch eine Premiere in der deutschen Musicalhauptstadt: Am 3. März sorgte im Operettenhaus an der Reeperbahn schon die erste Vorstellung von „Tina – Das Tina Turner Musical“ für komplette Begeisterung. Das lag nicht zuletzt am Auftritt der echten Rock-Queen Tina Turner, deren bewegte und bewegende Lebensgeschichte das Werk erzählt. Sie steht übrigens links. Rechts ihre Darstellerin Kristina Love.
Pink mit irrer Show in Hamburg
Was für eine Show: 43.000 Fans feierten am 8. Juli im Hamburger Volksparkstadion den spektakulären Auftritt von US-Superstar Pink. Obwohl sonst ausgesprochen bodenständig, hob Pink erst einmal ab. An einer Mischung aus pinkfarbenem Kronleuchter und schwingendem Turngerät hing sie in einem schwarz-glitzernden Catsuit singend über der Bühne.
Keine Panik, Udo!
Panikpräsident trifft Bundespräsident: Udo Lindenberg nahm am 2. Oktober anlässlich des Tages der Deutschen Einheit von Frank-Walter Steinmeier das Bundesverdienstkreuz entgegen. Das Staatsoberhaupt ehrte zwölf Frauen und 13 Männer für ihren Mut, „zu widersprechen, anders zu denken, neue Wege zu gehen und Grenzen zu überwinden“. Udo sagte, sein Ziel sei es gewesen, mit seinen Liedern „für konstruktive Unruhe zu sorgen“. Mission erfüllt!
Die Nase: Nagano hat den richtigen Riecher
Eine Nase verlässt ihren Besitzer und macht sich selbstständig, bis die ganze Stadt darüber spricht. Die Gesellschaftssatire, die um 1870 in St. Petersburg spielt und von Dmitri Schostakowitsch vertont wurde, eröffnete am 7. September die Saison in der Hamburger Staatsoper. Das Ungewöhnliche: Karin Beier, Intendantin des Schauspielhauses, hat sie inszeniert, es war ihr erster „Ausflug“ an den Gänsemarkt. Die musikalische Leitung lag in Kent Naganos Händen.
Pyromanisch: Derby HSV vs. St. Pauli
Sie können’s nicht lassen: Neben einer Leuchttafel mit Hinweisen auf das Verbot, Pyrotechnik abzubrennen, brannten Fans des FC St. Pauli im Heimspiel gegen den HSV am 10. März reichlich Pyrotechnik ab. Auf der gegenüberliegenden Tribüne taten HSV-Fans es ihnen gleich.
Das Spiel gewann der HSV mit 4:0, doch musste er 150.000 Euro Strafe wegen des Zündelns seiner Anhänger bezahlen. Der FC St. Pauli war mit 100.000 Euro dabei. Das Ganze wiederholte sich übrigens im Derby der aktuellen Saison, das St. Pauli mit 2:0 gewann.
Der Fall Bakery Jatta
Wer ist dieser Mann? An der Identität des HSV-Profis Bakery Jatta entzündete sich ab August eine bundesweite Debatte: Der Flüchtling aus Gambia heiße tatsächlich Bakary Daffeh, sei drei Jahre älter als angegeben und habe in Gambia bereits in der U-20-Nationalelf gespielt, hatte die „Bild“-Zeitung behauptet.
Drei Zweitliga-Vereine legten daraufhin Einspruch gegen die Wertung ihrer Niederlagen gegen den HSV ein, bei denen Jatta eingesetzt wurde. Begründung: Dessen Spielberechtigung sei unwirksam. Inzwischen bestätigten mehrere deutsche Behörden die Korrektheit seiner Papiere. Die drei Vereine zogen ihre Einsprüche zurück.
Eisern beim Triathlon in Hamburg
Schwimmen, laufen, Rad fahren: Mehr als 10.000 Sportler maßen sich am 6. und 7. Juli beim 18. Hamburger Wasser Triathlon, dem weltweit größten Wettkampf dieser Art. Bei den Mixed-Staffeln ging es vor mehr als 250.000 Zuschauern sogar um den Weltmeistertitel. Die deutsche Staffel – zu ihr gehörte auch Jonas Schomburg (Foto) – holte Silber. Drei Wochen später starteten 2500 Athleten zur härtesten und längsten Distanz in dieser Sportart, dem Ironman.
Der Aufsteiger – die Hamburg Towers
Erster! Mike Taylor, Trainer der Hamburg-Towers-Basketballer, bejubelte am 4. Mai mit einem abgerissenen Korbnetz die Meisterschaft seines Teams in der zweiten Liga, nachdem es mit 99:94 gegen die Nürnberg Falcons gewonnen hatte. Der Aufstieg in die Erstklassigkeit war schon einige Tage zuvor gefeiert worden. Er gilt nicht nur als sportlicher Triumph, sondern setzt auch gesellschaftlich im Stadtteil Wilhelmsburg, in dem die Towers einst als Jugend- und Sozialprojekt begannen, ein Zeichen.
Beach Boys mitten in Rotherbaum
Eimsbüttel gegen den Rest der Welt: Julius Thole (r.) und Clemens Wickler vom ETV kämpften am 6. Juli im Halbfinal-Match der Beachvolleyball-WM am Hamburger Rothenbaum. Sie wurden am Ende sensationell Vize-Weltmeister. Und die zehntägige Veranstaltung mit 96 Mannschaften sowie mehr als 130.000 Besuchern bewies einmal mehr, dass Hamburg auf der Weltkarte des Sports eine feste Größe geworden ist.
Abschied von Rüdiger Kowalke
Abschied von einer Legende: In der Nienstedtener Kirche erwiesen am 8. März 250 Angehörige, Freunde und Weggefährten dem Gastronomen Rüdiger Kowalke die letzte Ehre, darunter Uwe Seeler, Michael Stich, Dagmar Berghoff und Ian Karan.
Kowalke war im Alter von 71 Jahren einem Krebsleiden erlegen. Der gelernte Koch und Hotelfachmann hatte ab 1981 das Fischereihafen-Restaurant zu einer ersten Adresse für Fischgourmets in Deutschland gemacht. Zu seinen Gästen zählten neben Helmut Kohl und Angela Merkel auch Prinz Charles und dessen damalige Frau Diana sowie Stardirigent Leonard Bernstein.
Alter Schwede! In Gold!
Wer war das? Plötzlich glänzte der Alte Schwede, jener 217 Tonnen schwere Findling am Elbstrand bei Övelgönne, in Gold. Am 2. Januar machten Spaziergänger die ersten Selfies. Die Sprühaktion nahmen Hamburger eher mit Freude zur Kenntnis. Doch schon nach wenigen Tagen war der Lack ab: Wind und Wetter ließen die Goldfarbe verblassen. Und Ende Monats rückten Arbeiter an, um die Reste der Farbe auch noch zu tilgen.
Unterwäsche? Bitte einfach geradeaus!
Verfahren! Autounfälle von betagten Menschen beim Ein- oder Ausparken passieren am laufenden Band. Häufig werden dabei Ladenlokale schwer beschädigt. Der Fahrer dieses Wagens – ein 85 Jahre alter Bramfelder – war am 30. April im Alstertal-Einkaufszentrum vom Parkdeck aus eine Treppe hochgeschossen, hatte die geschlossenen Eingangstüren des Kaufhauses durchbrochen und war 25 Meter weiter mit zwei Rädern über einem Lichthof hängen geblieben. Wie durch ein Wunder wurde nur der Fahrer leicht verletzt. Er durfte seinen Führerschein behalten.
Unglück vor Blankenese
David gegen Goliath – nur dass es diesmal anders ausging als im Alten Testament. Am 10. Februar kam ein 400 Meter langer Container-Riese vom Kurs ab und rammte die 25 Meter lange Elbfähre „Finkenwerder“, die am Anleger Blankenese lag. Bei so viel Massen-Unterschieden zog natürlich die Fähre den Kürzeren. Die Drei-Mann-Besatzung kam mit dem Schrecken davon, Passagiere waren zum Glück nicht an Bord.
Michael Batz verzaubert mal wieder Hamburg
Immer wieder bezaubernd: Vom 6. bis zum 15. September hüllte Künstler Michael Batz den Hafen in magisches blaues Licht. Während der Cruise Days wurden die spektakulären Bilder wieder in alle Welt gesendet. Da darf natürlich die Elbphilharmonie nicht fehlen, ebenso wenig die Köhlbrandbrücke. Diesmal waren sogar der Fernsehturm und der Leuchtturm Neuwerk dabei.