Hamburg. Der prominente Bäcker startet zwei neue Projekte. Mit Gürol Gür beliefert er Großkunden. Bald eröffnet er einen neuen eigenen Laden.
Wer ist der echte Gaues? Die Frage stellen sich all jene, die das Brot von Jochen Gaues lieben – aber angesichts der Vielzahl der Bäckereien mit diesem Namen langsam stutzig werden. Erst Broterbe Gaues, dann Bäcker Gaues und jetzt, ganz neu in Eppendorf: Der echte Gaues – in einer Filiale der Schanzenbäckerei. Ach ja, und am Lehmweg backt ab Januar auch ein echter Gaues in einem kleinen Laden … Was ist da los?
Ortstermin beim Schanzenbäcker in Wandsbek. Wir sind mit dessen Chef Gürol Gür verabredet – und mit Jochen Gaues, dem Mann, um den sich alles dreht. Die beiden machen nämlich seit Kurzem gemeinsame Sache. „Im Sommer hat Jochen mir geschrieben und mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm zusammenzuarbeiten“, sagt Gür. Hatte er. Und so trafen sich die beiden so ungleichen Männer und wurden sich schnell einig: Gaues soll in Wandsbek sein Ciabatta oder das Sylter Brot für seine Großkunden wie Cornelia Poletto oder Tim Mälzer fertigen. Gür stellt die Backstube zur Verfügung, sorgt für die pünktliche Belieferung. Der Gewinn wird geteilt.
Gaues – ein sehr bewegtes unternehmerisches Leben
Für Jochen Gaues ist es ein weiterer Neuanfang in einem sehr bewegten unternehmerischen Leben. Zwei Insolvenzen waren dabei, aber auch jede Menge prominenter Fans seiner Backwaren. 1989 machte sich Jochen Gaues zum ersten Mal mit einer Bäckerei selbstständig. Die ging 2002 in die Insolvenz. „Meine Scheidung hat mich kaputtgemacht“, sagt Gaues heute. Kurz darauf folgte der zweite Versuch mit seiner zweiten Frau Betty. Gaues wurde berühmt, Sterneköche kauften sein Brot, nach ganz Europa lieferte er. Ehefrau Betty führte als Geschäftsführerin den Laden. Doch trotz des großen Erfolges musste Gaues erneut Insolvenz anmelden. Das war 2013.
Beim dritten Unternehmen, der Bäcker Gaues GmbH, war er wohl auch deshalb nur noch angestellter Backstubenleiter. Auch seine Frau und sein Sohn arbeiteten bis zum Sommer für das Unternehmen, das in der Hansestadt neun Filialen betreibt und seinen Sitz in Isernhagen hat. Gaues hatte seinen Namen gegeben und die Rezepte für die begehrten Brote. Gegründet hat die Bäckerei Kira Koenemann, die bis heute Inhaberin des Unternehmens ist.
Zuletzt war Jochen Gaues Backstubenleiter
„Jochen Gaues war bis Juli unser angestellter Backstubenleiter. Während er jetzt neue Wege gehen möchte, bleiben wir bei den beliebten Originalrezepten und bewährter traditioneller Backkunst. Wir wünschen ihm alles Gute“, sagt sie über den Weggang des Bäckers. Und Gaues erzählt: „Stück für Stück hat das so nicht mehr funktioniert für mich.“ Er habe eine große Sehnsucht danach verspürt, wieder sein eigenes Ding zu machen: „Ich wollte backen, aber ich wollte endlich auch wieder den direkten Kontakt zu meinen Kunden.“ Deshalb kündigte die gesamte Familie Gaues also bei Bäcker Gaues. Und begann, sich nach neuen Möglichkeiten in der Hansestadt umzusehen.
„Zuerst gab es die Idee, eine Bäckerei zusammen mit einem Investor zu übernehmen.“ Die gestaltete sich aber als so kompliziert, dass Gaues die Reißleine zog. „Doch nun hatte ich ja schon allen erzählt, dass ich zurück nach Hamburg gehe“, sagt er. „Da musste ich mein Versprechen ja auch wahr machen.“ Nur wie, wenn man nach zwei Insolvenzen auch lieber kein Unternehmen mehr gründen sollte: „Ich bin einfach kein Kaufmann. Ich kann nur gut backen“, sagt der Bäcker zu Recht.
Das Brot vom echten Gaues für Mälzer, Poletto und Co.
Doch eines hat Gaues – und das sind Kontakte. Jeden kennt er. Und jeder kennt ihn. „Und so habe ich mich an Gürol, den Schanzenbäcker, erinnert“, sagt Gaues. Seiner Frau und seinem Sohn habe er erst einmal gar nichts von der Idee erzählt, sondern sich mit dem Unternehmer einfach mal getroffen. „Wir waren uns sofort einig.“ Es folgten zwei Termine, um in der riesigen neuen Backstube des Unternehmens Probe zu backen. „Die ist ja einfach abartig groß“, sagt Gaues und lacht. „Und dann diese riesigen genialen Öfen.“
Gür ist mit der Schanzenbäckerei erst vor einem halben Jahr in die neuen Räumlichkeiten gezogen. „Es war mir wichtig, dass die modernen Maschinen meine Mitarbeiter entlasten. Schließlich ist das hier teilweise harte körperliche Arbeit“, so Gür über die Konzeption der neuen Zentrale. „Außerdem wollte ich eine möglichst ökologische Backstube bauen.“ Und das sei ihm auch gelungen. Acht Millionen Euro wurden hier investiert. Fünf davon in Grundstück und Gebäude, drei Millionen Euro in die Maschinen. „Es bringt unfassbar viel Spaß, hier zu backen“, sagt Gaues und führt einen durch die riesigen Hallen, als sei es schon seine Bäckerei.
Mittlerweile beliefern die beiden gemeinsam 13 bis 15 der alten Großkunden von Bäcker Gaues, darunter Cornelia Poletto und Tim Mälzer. Aber auch das Restaurant Störtebeker in der Elbphilharmonie, das Hotel Fontenay und das Grand Hotel Elysée. „Stück für Stück sollen es jetzt immer mehr werden“, so Gür, der ganz anders als Gaues eher zurückhaltend ist. Sie wollen sich die wichtigen Kunden langsam zurückerarbeiten. „Damit wir auch garantieren können, dass die Qualität immer stimmt.“ Einen neuen Fahrer muss Gür unter anderem jetzt erst einmal für die vielen neuen Strecken einstellen.
Am Lehmweg entsteht gerade eine neue kleine Bäckerei
Cornelia Poletto war eine der Ersten, die mit Gaues zu seiner neuen Produktionsstätte gewechselt ist. „Ohne Gaues geht es nicht“, sagt Hamburgs bekannteste Köchin. „Jochen Gaues ist ein total verrückter Typ, der nun mal einfach das beste Brot backt. Und das beste Brot brauchen wir.“
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Diese Sätze sind es, die der „verrückte“ Gaues liebt und braucht. „Mir hat dieser direkte Kontakt so gefehlt“, sagt er. Deshalb sei er auch unheimlich glücklich über die Zusammenarbeit mit dem Schanzenbäcker. Doch dabei soll es nicht bleiben: Gaues steht kurz vor der Eröffnung einer eigenen Bäckerei in Eppendorf. Am Lehmweg wird derzeit noch gebaut, noch wird hier erst ein weiterer echter Gaues angekündigt. Ab dem 3. Januar soll es dort in einem kleinen Laden wieder das Gaues-Brot zusammen mit Gaues-Bedienung geben. „Meine Frau wird die Geschäftsführerin sein, mein Sohn, ein weiterer Bäcker und ich übernehmen dann die Produktion und den Verkauf. Endlich wieder mit den Kunden reden, ich kann es gar nicht erwarten.“
Im Podcast: Bäcker Gaues – wer ist denn nun der echte?
Auch für das Fernsehen ist Gaues immer wieder aktiv
Derzeit backt sein Sohn bereits täglich in Wandsbek in der großen Backstube mit. Gaues ist alle zwei Tage vor Ort. Immer wieder trifft er sich mit Gür, um über die Rezepte zu diskutieren und das weitere Vorgehen zu besprechen. „Wir haben die ersten Brote von Jochen bereits in unser Sortiment übernommen. Weitere werden folgen“, so Gür.
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Gaues selbst will sich künftig zwischen den zwei Standorten aufteilen, der Backstube in Wandsbek und der kleinen Bäckerei in Eppendorf. Dazu kommen einige Fernsehengagements des Bäckers, gerade hat er eine Folge bei „The Taste“ abgedreht. „Ich bin der Meinung, wir Bäcker sind noch viel zu wenig im Fernsehen vertreten“, sagt er. „Dabei begeistern sich die Menschen so sehr dafür, was wir hier machen.“
Der Bäcker ist von dem neuen Konzept mit Gür überzeugt. „Die Qualität für unsere Kunden kann eigentlich nur steigen“, sagt er. Bisher sei das Brot aus der Nähe von Hannover angeliefert worden. Jetzt wird wenige Kilometer entfernt produziert. „Das wird man mit Sicherheit schmecken.“ Es gehe doch schließlich nichts darüber, ein warmes Brot am Morgen in den Händen zu halten. Und Gür ergänzt: „Jochen ist ein verrückter Typ, aber er kann unglaublich gut backen. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit gut funktionieren wird.“