Hamburg. Forscher suchen nach den Ursprüngen der Hamburger Neustadt. Jetzt wurde eine Lücke im Wall entdeckt. Grabungstagebuch, Teil 4.
Dass Kay-Peter Suchowa gut gelaunt zur Begrüßung kommt, ist nichts Besonderes. Der Archäologe ist immer guter Stimmung, wenn er graben darf (und nicht im Büro sitzen muss). Diesmal aber gibt es einen speziellen Grund – und der hat etwas mit einer Birkenwurzel, einer alten Burg und einem Hafentor zu tun.
Das bedarf einer Erläuterung – denn erklärtes Ziel der Forscher ist es ja, nach den Ursprüngen der Hamburger Neustadt zu suchen, die – laut schriftlichen Quellen Ende des 12. Jahrhunderts – hier zwischen Willy-Brandt-Straße und Großem Burstah entstand. Zuvor aber stand dort die „Neue Burg“, die in den Jahren 1021 bis 1024 gebaut worden war. „Die Burg aber wurde, wohl Ende des 11. Jahrhunderts, aufgegeben und lag brach“, sagt Suchowa. Und weil sich niemand mehr um den Burgwall kümmerte, hielt die Natur wieder Einzug – und so wuchs dort auch eine Birke, deren Wurzeln die Archäologen jetzt freigelegt haben.
Birkenwurzel verrät Höhe des Walls
Sehr alt geworden ist sie nicht, vielleicht 40 Jahre, dann wurde sie beim Bau der Neustadt gefällt. „Weil die Birke aber auf dem Wall gewachsen ist, kennen wir jetzt seine Höhe: 4,85 Meter über Normalnull“, so Suchowa. Die bisher höchste gefundene Stelle lag bei 4,45 Meter.
Dass die genauen Maße der Burg nun bekannt sind, ist schon ein unerwarteter Erfolg. Es könnte aber auch noch viel besser kommen. Suchowa zeigt jetzt auf den Boden und die dort erkennbaren unterschiedlichen Schichten, die alle mit einer Nummer versehen wurden. Sie verraten ihm, dass es hier eine Lücke im Wall gegeben haben muss. Warum? „Es könnte sein, dass hier beim Bau der Neustadt eine Grube ausgehoben wurde“, sagt der Archäologe. Für wahrscheinlicher hält er aber eine andere These: Dass hier das Hafentor der Neuen Burg war.
Hamburgs erstes Hafentor
Die Burg lag ja direkt am Wasser. Damals war es ein natürlicher Alsterarm, heute der Nikolaifleet. „Ganz sicher hatte die Burg eine sogenannte Schiffslende, einen Anlegeplatz also, um die Burg zu versorgen“, erläutert der Archäologe. Zwar gab es an dieser Stelle noch keine Kaimauern, aber Vorrichtungen, um die Schiffe an Land zu ziehen und dort zu be- und entladen. Der Ort der aktuellen Ausgrabung wäre also ein logischer Platz für ein Hafentor gewesen.
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Archäologisch und schriftlich belegt ist jedenfalls, dass hier im 13. Jahrhundert der erste „echte“ Hafen der Stadt gebaut wurde: mit Kaimauern und dem ersten Hafenkran der Hamburger Geschichte. Erst mit dem Wachstum der Stadt und der Eindeichung der Inseln Grimm und Cremon wanderte der Hafen in Richtung Elbe. Als dann die Alster aufgestaut wurde und der Fluss an dieser Stelle immer weniger Wasser führte, baute man den ersten Elbhafen.
Über das viel ältere Hafentor der Burg wird es wohl im Februar Gewissheit geben. „Dann ist die Ausgrabung so weit fortgeschritten, dass wir Gewissheit haben sollten“, sagt Suchowa.