Hamburg . Nach Kritik an Labor LPT: Senat und UKE richten Professur zur Suche nach Methoden ein, die Tests an Lebewesen ersetzen sollen.
Als nach den Bildern von gequälten Hunden und Affen aus einem Labor der umstrittenen Firma LPT im November mehr als 13.000 Menschen in Hamburg für ein Ende von Tierversuchen auf die Straße gingen, rückte dadurch auch wieder stärker die Frage nach dem Stand der Forschung zu Ersatzmethoden in das öffentliche Interesse.
Die Hansestadt hatte sich diesbezüglich bisher nicht übermäßig stark engagiert: Ein zweijährlich vergebener, mit 50.000 Euro dotierter Preis und drei mit insgesamt 500.000 Euro geförderte Forschungsprojekte am Uniklinikum Eppendorf (UKE) zur Vermeidung von Tierversuchen – viel mehr konnte der rot-grüne Senat nicht vorweisen.
Zum Vergleich: In Berlin fördert der dortige Senat ein neues Zentrum für Alternativmethoden zu Tierversuchen von 2018 bis 2022 mit 1,8 bis zwei Millionen Euro – pro Jahr. Kurz nach der Großdemonstration gegen Tierversuche in der Hamburger Innenstadt drehte sich auch eine heftig geführte Bürgerschaftsdebatte um das Thema, die Opposition sprach von schweren Versäumnissen.
UKE bekommt neue Professur
Diese Kritik insbesondere von den Linken und der CDU-Fraktion wollte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) offenbar nicht auf sich sitzen lassen, gerade so kurz vor der Bürgerschaftswahl. Am Donnerstag verkündete Fegebank, dass am UKE eine Professur zur Erforschung von Ersatzmethoden für Tierversuche eingerichtet wird. Die Grünen-Fraktion hatte zwar vor Kurzem bereits angekündigt, dass sie sich für eine solche Stelle einsetzen wolle, aber nicht über Details oder konkrete Pläne gesprochen.
Fegebank erklärte am Donnerstag, Hamburg könne einen „wertvollen Beitrag“ leisten, alternative Forschungsmethoden zu fördern und weiterzuentwickeln. „In Zukunft wollen wir über Heilmethoden für schwere und tödliche Erkrankungen verfügen, die ohne Tierversuche entwickelt wurden“, sagte die grüne Wissenschaftssenatorin und Bürgermeisterkandidatin. Unser Ziel ist es, die Anzahl an Tierversuchen am UKE und in der Medizin insgesamt zu reduzieren und perspektivisch ganz abschaffen zu können.“
Professorenstelle soll im Herbst besetzt werden
UKE-Dekan Prof. Uwe Koch-Gromus erklärte, mit der Einrichtung der Professur gehe das UKE „noch einen Schritt weiter, um den verantwortungsvollen Umgang mit Versuchstieren zu stärken“. Die zusätzliche Stelle wird von der Wissenschaftsbehörde und der Medizinischen Fakultät im UKE finanziert und soll zum Herbst 2020 besetzt werden.
Laut Wissenschaftsbehörde soll der neue Forschungsbereich demnach für 2020 mit bis zu 250.000 Euro ausgestattet werden. Die Behörde trage davon mindestens 50 Prozent, so Behördensprecher Sebastian Ackermann. Es soll dabei um mehrere Ansätze gehen, die mit dem 3R-Prinzip (Refinement, Reduction, Replacement) beschrieben werden. „Refinement“ steht für das Bemühen, durch verbesserte Untersuchungsmethoden den Stress und das Leiden der Versuchstiere zu reduzieren; „Reduction“ bedeutet, dass etwa durch statistische und methodische Verbesserungen die Zahl der notwendigen Tierversuche verringert werden kann; „Replacement“ steht dafür, dass ein Tierversuch durch eine andere Methode ersetzt wird.
Tierversuche nicht ganz zu vermeiden
Um Krankheitsursachen zu finden und neue Therapien zu entwickeln, seien Wissenschaftler im UKE allerdings „nach wie vor auf Tierversuche angewiesen“, erklärten das Klinikum und die Wissenschaftsbehörde. „Viele wissenschaftliche Fragestellungen können nur an einem lebenden Organismus genauer erforscht werden, insbesondere komplexe Prozesse, an denen verschiedene Organe des Körpers beteiligt sind.“
Der jetzt gestartete Versuch, langfristig ohne Tierversuche auszukommen, wurde am Donnerstag auch von der Grünen-Fraktion begrüßt. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass es Katharina Fegebank als Wissenschaftssenatorin gelungen ist, gemeinsam mit dem UKE eines unserer zentralen grünen tierschutzpolitischen Ziele noch in dieser Wahlperiode auf den Weg zu bringen“, sagte Grünen-Gesundheits- und Tierschutz-Politikerin Christiane Blömeke. „Unabhängig davon, welches wissenschaftliche Erkenntnisinteresse verfolgt wird, darf die Wissenschaft nicht bei Tierversuchen stehen bleiben.“