Hamburg. Mindestens 30.000 Menschen demonstrierten am Freitag für besseren Klimaschutz. Fridays for Future geht von noch mehr Teilnehmern aus.
Die Menschenmassen waren nicht ganz so groß wie noch im September – trotzdem war es ein sehr starkes Zeichen für den Klimaschutz: Bei der Großdemo der Bewegung „Fridays for Future“ zählte die Polizei am Freitag in Hamburg 30.000 Teilnehmer, die Organisatoren selbst sogar noch deutlich mehr. „Das ist unsere Antwort auf eure Politik! 55.000 Menschen gehen in Hamburg gegen Symbolpolitik und für Klimagerechtigkeit auf die Straße“, twitterten sie. Der bunte, friedliche und kreative Protest prägte das Bild in der gesamten City.
Dabei fängt am Freitagvormittag alles recht gemächlich an. Nur etwa 1000 Menschen versammeln sich zunächst am Startpunkt an der Kreuzung Willy-Brandt-Straße/Domstraße. „Ich hatte viel, viel mehr erwartet“, sagt die Demonstrantin Heinke Eulenschmidt, die sich ein Schild um den Hals gehängt hat, auf dem „HVV kostenlos für Alle“ steht. Ihre Freundin Susanna Müller sagt: „Das kommt noch, ganz sicher“. Und sie behält recht: Zum offiziellen Beginn um 12 Uhr stehen bereits 10.000 Menschen auf der Straße, bei klarer Kälte und Sonnenschein.
Der Rapper Courtier übernimmt auf der Bühne das Aufwärmen, es ist wieder die schon typische „Fridays for Future“-Mischung aller Altersklassen vor Ort: Familien mit Kindern und selbstgebastelten Schildern, auf denen „Greta hat Recht – das Wetter wird schlecht“ oder „Oma, was ist ein Schneemann?“ steht. Studenten mit ganz eigenen Parolen („Für Sex im Wald – auch in 100 Jahren noch“) und ältere Menschen sind ebenso zahlreich vertreten. Ganz vorn machen sich sehr junge Schüler bereit, mit großen Bannern vorwegzumaschieren.
Klimaschützer und Shopping-Kundschaft mischen sich
Als die mehreren Zehntausend Teilnehmer schon die Domstraße hinauf zur Steinstraße ziehen, kommen noch immer weitere Teilnehmer von der Willy-Brandt-Straße nach. Ein Polizeihubschrauber kreist über dem Geschehen. Auch linksradikale Gruppen beteiligen sich wie angekündigt in kleinen Blöcken – sie fordern auf Transparenten die Abschaffung des Kapitalismus, bleiben dabei aber friedlich. Die Organisatoren der Demo wollten sich vorab nicht ausdrücklich von Bündnissen wie „Ende Gelände“ distanzieren. Es gebe „unterschiedliche Forderungskataloge“, man teile jedoch dasselbe Grundanliegen.
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Aus einem großen Lautsprecherwagen dröhnt Musik von Peter Fox („Alles Neu“), als der lange Protestzug durch die Innenstadt zieht. Die Großdemo fällt mit der Rabattschlacht des „Black Friday“ im Einzelhandel zusammen: Die Mönckebergstraße ist am Mittag voll mit Hamburgern auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken und Schnäppchen. Ein Teil der Demonstranten skandiert: „Leute, lasst das Shoppen sein, reiht euch in die Demo ein“. Auf der Gegenseite queren einzelne Passanten mit großen Paketen des Elektromarktes Saturn am Hauptbahnhof die Demonstranten, um zu ihren geparkten Autos zu gelangen.
Von Fridays for Future weiter zum Black Friday?
Brigitte Engler vom City Management sagte bereits vor Beginn der Demonstration, sie rechne mit einem umsatzstarken Tag – voraussichtlich würden viele Hamburger erst die Demo besuchen und anschließend noch zum Shoppen gehen. Am Nachmittag sagt Engler: „Das wird ein Umsatz wie an einem guten Advents-Sonnabend“. Besonders viel gekauft würden Schmuck, Düfte, Kaschmir und Haushaltswaren. In der Europa Passage hätten Sicherheitsmitarbeiter in einem Geschäft sogar den Zugang regulieren müssen, weil der Andrang so groß war.
Ein zuvor befürchtetes Verkehrschaos bleibt im Innenstadtbereich aus. Die Polizei sperrt jedoch die Straßen entlang der Route der Demonstranten ab – die Teilnehmer müssen immer wieder kurz stehenbleiben, damit die Tausenden Menschen hinter ihnen aufholen können. Zeitweise erstreckt sich der Demonstrationszug etwa von der Kaiser-Wilhelm-Straße über den Stephansplatz bis zurück zur Lombardsbrücke. Die längere Route war eine Lehre aus der ersten Großdemo im September, als die Spitze des Aufzugs das Ende der Demonstration schnell eingeholt hatte.
Deichkind sorgen für den krönenden Abschluss
Etwas später als geplant erreicht der Protestzug um 14.15 Uhr wieder den Startpunkt an der Willy-Brandt-Straße zur Abschlusskundgebung. Die Spitzenpolitiker der Hansestadt sind diesmal nicht bei der groß angelegten Klimademonstration zu sehen.
Die grünen Hamburger Senatoren Katharina Fegebank und Jens Kerstan erneuerten jedoch am Freitag ihre Kritik am Klimapaket der Bundesregierung. Der „laute Weckruf“ der Demonstranten finde in Berlin bislang kein Gehör. Am Dienstag will der Senat voraussichtlich seinen eigenen Klimaplan beschließen, der unter anderem eine Solardachpflicht für Neubauten beinhalten soll.
Den Abschluss der Großdemonstration bildet der Auftritt der Hamburger Hip-Hop- und Elektropunk-Kombo Deichkind. „Die Zeit für Veränderungen am System ist jetzt“, ruft der Rapper Philipp Grütering von der Bühne. Etwa 1500 Fans springen zum letzten Song „Illegale Fans“, kurz darauf wird der „Klimastreik“ offiziell beendet.
Laut Polizei waren etwa 980 Beamte im Einsatz, um den Aufzug abzusichern – die letzten Sperrungen sollten gegen 20 Uhr aufgehoben werden. Bis zum Abend gab es keine Zwischenfälle. „So, wie es immer sein sollte“, sagte ein Polizist vor Ort.