Hamburg. Mehr als 2000 Teilnehmer zogen durch die City. Die geplante Abschlusskundgebung auf dem Fischmarkt hat der Veranstalter abgesagt.
Sie fürchten eine ausgedehnte Überwachung und Missbrauch bei der Auswertung von Daten: Rund 2200 Teilnehmer zogen am Freitag durch die Hamburger Innenstadt und protestierten gegen das neue Polizeigesetz. Nach einer Auftaktkundgebung war der Protestzug gegen 17.45 Uhr am Hansaplatz in St. Georg gestartet. Ziel der Demonstranten war ursprünglich der St. Pauli Fischmarkt, wo eine Abschlusskundgebung geplant war. Doch bis dahin kamen die Teilnehmer der Demo nicht. Nach einer Zwischenkundgebung auf der Reeperbahn erklärten die Verantwortlichen die Versammlung für beendet.
Wegen der Demonstration kam es in der Innenstadt am Nachmittag und Abend zu Verkehrsbehinderungen, weil zahlreiche Straßen gesperrt waren. Zunächst war die Alt- und Neustadt betroffen. Gegen 18 Uhr zogen die Demonstranten über die Mönckebergstraße bis zum Jungfernstieg. Dabei wurde der Demonstrationszug von etwa 150 behelmten Polizisten begleitet. Immer wieder riefen die Teilnehmer "Haut ab!" in Richtung der Beamten. Im Demonstrationszug wurden Fahnen geschwenkt. Zudem wurden am Jungfernstieg Bengalos gezündet, an der Mönckebergstraße AfD-Plakate zerstört.
Auch auf dem Weg Richtung St. Pauli kam es immer wieder zu Zwischenfällen. So zündeten zwei Menschen auf einem Dach eines Wohnhauses am Valentinskamp Pyrotechnik. In der Nähe der Glacischaussee wurden Polizeikräfte mit Pyrotechnik beworfen, aber nicht getroffen. Gegen 19.15 Uhr erreichte der Protestzug die Feldstraße. Laut Polizei wurden ab diesem Zeitpunkt auch die Straßensperren in der Alt- und Neustadt aufgehoben. Rund um das Schanzenviertel kam es hingegen wegen Straßensperrungen zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Nach einer Zwischenkundgebung auf dem Neuen Pferdemarkt zogen die Teilnehmer gegen 19.45 Uhr weiter Richtung Reeperbahn.
Erneut wurden Bengalos gezündet. Auf der Reeperbahn gab es erneut eine Kundgebung. Gegen 20.20 Uhr erklärte die Versammlungsleitung die Demonstration für beendet. Ursprünglich war die Demonstration bis 21 Uhr angemeldet. Die Polizei war während des Protestzuges mit rund 1400 Beamten vor Ort, auch Wasserwerfer wurden in Bereitschaft gehalten.
St.-Pauli-Fans hatten die Demonstration initiiert
Hinter der Demonstration steckte ein Bündnis verschiedener Gruppierungen, darunter der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni Hamburg (AStA), der „Chaos Computer Club“, die Partei Die Linke und die Grüne Jugend. Die Initiative war von Fanclubs des FC St. Pauli ausgegangen. Wegen der Beteiligung von extremistisch eingestuften Gruppen wie„Interventionistischen Linke“ (IL) und „Roter Aufbau Hamburg“ begleitete die Polizei den Aufzug mit einem größeren Aufgebot.
Hamburg Wasser kündigte bei Twitter an, wegen der Demonstration und "auf polizeiliche Empfehlung" das Kundencenter am Ballindamm eine Stunde früher als üblich zu schließen.
Neues Polizeigesetz ist umstritten
Die Organisatoren lehnen die geplante Reform des Polizeigesetzes in Hamburg strikt ab. „Mit den Änderungen verschiebt sich die Sicherheitspolitik weiter in Richtung eines autoritären Sicherheitsstaates“, heißt es auf der Webseite der Organisatoren. Kritisch wird unter anderem die Festlegung von "gefährlichen Orten" durch die Polizei gesehen. In Anlehnung an frühere Proteste wurde eine Klobürste als Symbol der Demonstration gewählt.
Der Senat und die Regierungsfraktionen betonen dagegen, dass die geplanten Ergänzungen des Entwurfs für das Polizeigesetz – etwa Fußfesseln für extremistische „Gefährder“ nötig und auf bestimmte Fälle begrenzt sein. Auch sollten etwa die Befugnisse des Datenschutzbeauftragten nicht ausgeweitet werden, dieser habe jedoch die Möglichkeit, mit einer gerichtlichen Klage mögliche Rechtsverletzungen durch die Polizei feststellen zu lassen.
Staatstrojaner sollen in Hamburg nicht eingesetzt werden
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hatte Hamburg auf besonders umstrittene neue Maßnahmen wie den Einsatz von Staatstrojanern verzichtet.
Das etwa in Bayern bereits aktive "Predictive Policing", bei dem mithilfe einer umfangreichen Datenauswertung künftige Straftaten vorhergesagt werden sollen, kommt in Hamburg nicht zum Einsatz. Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hatte sich entsprechende Modelle unter anderem in den USA angesehen, aber auf eine Investition in die Software verzichtet.