Hamburg. 2021 Abfahrten fielen aus. Abhilfe sollen drei weitere Schiffe schaffen. Kommt Expresslinie nach Finkenwerder?

Das Büro von Tobias Haack liegt auf einem Ponton in der Elbe, unweit der Fischauktionshalle. Von seinem Schreibtisch aus hat der Hadag-Chef die 26 Fähren der Hochbahn-Tochter fest im Blick. Im Sommer lief es nicht rund. 2021 Abfahrten fielen nach Abendblatt-Informationen allein im Zeitraum von Anfang Januar bis Ende September aus, davon rund 1000 im Juni und Juli. Der Grund war „Personalmangel. Aber dieses Problem haben wir inzwischen in den Griff bekommen. Es wurden neue Schiffsführer eingestellt, wir haben jetzt rund 100 Mitarbeiter und davon sind zehn Auszubildende“, sagte Haack, der seit Juli 2018 für das Unternehmen verantwortlich ist.

In den Sommermonaten geraten die Schiffe häufig an ihre Kapazitätsgrenzen. Insgesamt gab es von Januar bis Mitte Oktober 1962 Besetzt-Meldungen (wir berichteten). In diesen Fällen mussten Fahrgäste an Land zurückbleiben. Besonders die Pendler auf der Linie 62 zwischen Finkenwerder und den Landungsbrücken waren davon betroffen. „Wir brauchen natürlich aufgrund der hohen Nachfrage mehr Kapazitäten. Es ist ärgerlich, wenn Fahrgäste nicht befördert werden können, weil bereits die zugelassene Passagierzahl erreicht ist. Das Ziel muss natürlich sein, dass wir so gut wie gar keine Besetzmeldungen mehr haben“, sagte Haack.

Hadag erwartet mehr als neun Millionen Fahrgäste

In diesem Jahr erwartet die Hadag mehr als neun Millionen Fahrgäste. Exakte Zahlen gibt es noch nicht, aber das städtische Unternehmen geht von einem Fahrgastzuwachs von etwa 1,5 Prozent aus. Das heißt: Es wird noch enger auf den Schiffen. Abhilfe soll eine Erweiterung der Flotte schaffen. Drei neue Fähren sollen nach Abendblatt-Informationen angeschafft werden. Der Aufsichtsrat wird sich demnächst mit dem Thema beschäftigen und muss der Beschaffung der Schiffe zustimmen. Das Gremium entscheidet auch darüber, ob die neuen Fähren Kapazitäten für 250 oder 400 Fahrgäste haben. Danach soll es eine europaweite Ausschreibung geben.

2021 könnten die neuen Fähren dann fahren, und Haack müsste für den Betrieb bis zu zehn neue Mitarbeiter einstellen. Über Geld spricht der Hadag-Vorstand nicht, aber dem Vernehmen nach kostet ein neues Schiff je nach Größe vier bis sieben Millionen Euro. „Das ist eine Investition in die Zukunft. Wir können unser Angebot nur ausweiten, wenn wir mehr Kapazitäten schaffen“, so Haack.

Emissionsfreie Fähren

Dem Hadag-Chef ist wichtig: „Wir setzen auf einen umweltschonenden Antrieb per Batterie oder sogar mit Brennstoffzelle. Ziel ist es, in den kommenden Jahren die Fähren der neuen Generation so umzurüsten, dass diese mit Wasserstoff und damit emissionsfrei fahren. Dafür muss aber noch eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden.“ Die neueren Schiffe „Elbphilharmonie“ und „Kehrwieder“ fahren bereits mit diesel-elektrischem Antrieb.

Außerdem hat fast jedes Bestandsschiff ein Modul zur Abgasnachbehandlung. Dem Vernehmen nach sucht die Hadag aktuell auch auf dem Gebrauchtmarkt nach Schiffen, um kurzfristig mehr Kapazitäten zu schaffen. In der Sommersaison waren aber so gut wie keine passenden Modelle zu haben. „Wir haben den Markt im Blick und würden, wenn es passt, natürlich auch eine gebrauchte Fähre kaufen“, sagte Haack.

Pendler fordern Expresslinie

Die Hadag-Linie 62 zwischen den Landungsbrücken und Finkenwerder fährt derzeit tagsüber im 15-Minuten-Takt und hält zwischendurch an sechs Haltestellen. Pendler fordern, dass es eine Expresslinie geben soll, die nur einmal in Neumühlen stoppt und ansonsten durchfährt. „Unser Ziel ist es, neue attraktive Angebote für die Fahrgäste zu schaffen. Eine Option ist eine solche Expresslinie, aber wir prüfen auch eine Verdichtung auf einen Zehn-Minuten-Takt“, kündigte Haack im Abendblatt-Gespräch an.

Auf der Linie 72 zwischen den Landungsbrücken und der Elbphilharmonie gilt zur Zeit ein 20-Minuten-Takt. „Diese Linie ist sehr beliebt, deshalb ist hier auch ein 15-Minuten-Takt denkbar“, sagte Haack. Auch neue Fährverbindungen, zum Beispiel nach Wilhelmsburg, werden dem Vernehmen nach geprüft.

Legendäre Kioske

Die Hadag-Fähren sind vor allem auch bei Touristen und Junggesellenabschieden beliebt, die sich damit auf eine günstige Hafenrundfahrt begeben. Es gilt der HVV-Tarif. Wer sich zum Beispiel eine 9-Uhr-Gruppenfahrkarte für 12,20 Euro für bis zu fünf Personen kauft, kann stundenlang auf der Elbe schippern. Das soll auch so bleiben: „Wir freuen uns darüber, dass auch die Touristen die Hadag-Fähren schätzen. An der Preispolitik wird sich nichts ändern.“ Die Hadag hat einen Zuschussbedarf durch die Stadt von rund zwölf Millionen Euro.

Legendär sind die Kioske auf den Hadag-Fähren. Dort wird noch Bier verkauft, ansonsten gilt innerhalb des HVV ein Alkoholverbot. Allerdings gibt es auf den neuen Fähren bereits keine Verkaufsstellen mehr. Auf älteren Schiffen werden die Kioske teilweise zurückgebaut, „um mehr Platz für Personen mit Handicap, für Kinderwagen und Fahrräder zu schaffen“, sagte Haack. Stattdessen werden Getränkeautomaten eingebaut.

Nicht nur für die Hadag ist Haack verantwortlich, sondern auch für die ATG Alster-Touristik GmbH, die Rundfahrten auf der Alster anbietet. In diesem Jahr erwartet die Hochbahn-Tochter insgesamt 380.000 Fahrgäste. Das sind 20.000 weniger als noch in 2018.