Hamburg. Hamburg: TK testet Modellprojekt an den eigenen 14.000 Mitarbeitern. Per Video-App in die Arztpraxis und die Apotheke.
Die in Hamburg beheimatete Techniker Krankenkasse testet ihre App für den virtuellen Arztbesuch, das elektronische Rezept und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU, „gelber Schein“) an ihren eigenen 14.000 Mitarbeitern. Das Modellprojekt kann ab Dezember jeder TK-Angestellte nutzen, wenn er krank ist.
Mithilfe der App und einem Smartphone oder Tablet-Computer können die Patienten die virtuelle Praxis eines Anbieters aus Schleswig-Holstein besuchen (IFE-Gesundheitszentrum in Nehmten). Dort können die niedergelassenen Ärzte sie über die Video-App „untersuchen“, Diagnosen stellen und sie bei Bedarf krankschreiben. Zunächst sind sieben Krankheitsbilder behandelbar, unter ihnen Magen-Darm-Infekte, grippale Infekte, Rückenschmerzen und Migräne. Weitere Krankheiten sollen hinzukommen.
TK: Krankschreibung von zu Hause
TK-Vorstandschef Jens Baas sprach von einer „komplette Behandlungskette“, die man erstmals durchgängig digital dokumentiere.
Und die TK will diesen Service auch anderen Arbeitgebern anbieten. Dadurch müssen Patienten nicht mehr krank mit Infekten in die Arztpraxen gehen und können sich von zu Hause krankschreiben lassen. Arbeitgeber verringern ihren bürokratischen Aufwand. Allerdings gibt es auch Kritik an diesem Verfahren, unter anderem von Datenschützern und Ärzten. Die TK spricht allerdings von einer Verschlüsselung von beiden Enden der Datenkette aus.
Zava bietet Arztpraxis im Internet
Arztbesuche im Internet bietet unter anderem auch die Plattform Zava an (früher: DrEd), die vom Hamburger Unternehmer David Meinertz gegründet wurde. Das noch in London beheimatete Unternehmen expandiert derzeit nach Norddeutschland. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg will bis zum nächsten Jahr einen umfassenden Terminservice für Hamburgs niedergelassene Ärzte im Netz anbieten. Asklepios forderte vom Hamburger Senat eine koordinierte Strategie für die Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Der Bundestag hat gerade ein Gesetz verabschiedet, mit dem der „gelbe Schein“ abgeschafft werden soll. Die Krankmeldung soll digital an den Arbeitnehmer und die Krankenkasse gehen. Zurzeit ist es so, dass es drei Papier-Scheine gibt: für die Krankenkasse, den Arbeitgeber und eine für die eigenen Unterlagen. Patienten müssen in Zukunft nur noch ihrem Arbeitgeber mitteilen, dass sie krankgeschrieben sind. Die Daten sollen digital zur Krankenkasse und zum Arbeitgeber gehen.
Digitaler "gelber Schein": Was man einsparen kann
Und hier kritisiert die TK, dass das Gesetz mal wieder nicht weit genug gehe. TK-Vorstandschef Jens Baas sagte: „Hier wird eine Chance vertan. Die Fassung für den Arbeitgeber muss weiterhin ausgedruckt werden. Bei 75 Millionen Krankmeldungen, die bundesweit jedes Jahr anfallen, könnten mit der vollständigen Digitalisierung der Krankschreibung künftig weitere Millionen bedruckte Blätter eingespart werden.“
Das will die TK nun mit ihrem Modellprojekt beweisen. Dazu werden auch Hamburger Apotheken einbezogen, in denen die digitalen Rezepte eingelöst werden können – mit einem QR-Code auf dem Smartphone. Mit im Boot ist die Privilegierte Adler Apotheke in Wandsbek. Die Patienten können sich die Medikamente im Großraum Hamburg auch liefern lassen.
TK-Chef Baas glaubt, dass sich durch die endlich beschleunigte Digitalisierung im Gesundheitswesen „die Versorgung in den kommenden Jahren erheblich verändern“ werde. Vom Milliarden-Flop elektronische Gesundheitskarte ist keine Rede mehr.