Hamburg. Hass im Internet: Till Steffen hatte Sozialdemokraten für Umgang mit “Hate Speech“ kritisiert. Die SPD reagiert scharf.

Möglichst mehr Strafanzeigen, mehr Staatsanwälte und Druck auf Facebook & Co.: Das sind die Eckpunkte einer Offensive gegen „Hate Speech“ im Internet, die Justizsenator Till Steffen (Grüne) im Gespräch mit dem Abendblatt angekündigt hat. Bei der SPD im Rathaus löste das Interview jedoch Befremden aus – Anlass ist die Kritik Steffens, dass auch die SPD im Senat lange Zeit nicht erkannt habe, dass ein strikteres Vorgehen gegen Hass und Hetze im digitalen Raum nötig sei.

Er weise die Vorwürfe Steffens „in aller Schärfe zurück“, sagte Dirk Kienscherf, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bürgerschaft. „Es ist eine falsche und geradezu abwegige Behauptung, dass wir uns auch nur ein einziges Mal gegen eine konsequente Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hass im Internet gestanden hätten“, so Kienscherf.

SPD wirft grünem Senator Untätigkeit vor

Im Gegenzug warf er selbst dem Justizsenator Steffen eine Untätigkeit in dem Bereich vor. „Ich bin sehr verwundert darüber, dass die Justizbehörde noch immer keine Gesamtstrategie gegen Rechtsextremismus vorgelegt hat“, so Kienscherf. Steffen habe zudem jüngst „die Chance verpasst, nach dem Anschlag von Halle auch bundesweit klar zu artikulieren, dass die Staatsanwaltschaft für den Kampf gegen Rechts weiter gestärkt werden muss“. Auch deshalb sei die Kritik an der SPD fehl am Platz. „Ich erwarte, dass die Justizbehörde ihre Hausaufgaben macht“.

Wörtlich hatte Till Steffen gesagt, dass er bereits seit Jahren an einem konsequenteren Vorgehen des Rechtsstaates arbeite – dabei aber auf „große Widerstände“ getroffen sei. „Man kann etwa klar sagen, dass Olaf Scholz (ehemaliger SPD-Bürgermeister, die Red.) mich immer ausgebremst hat. Da hieß es dann, ich sei gegen das Internet“, so Steffen. „Ich bin eben für Gesetze, die man durchsetzen muss – auch im Netz“. Inzwischen habe sich die Haltung anderer Parteien zu dem Thema gebessert.

25 gewalttätige Übergriffe aus Hass in Hamburg

Aus einer aktuellen Statistik der Justizbehörde geht hervor, dass es auch in Hamburg statistisch zweimal im Monat zu einem gewalttätigen Übergriff mit einem Hassmotiv kommt. Laut Justizbehörde wurden seit Jahresbeginn 136 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten der Hasskriminalität eröffnet. Darunter waren 25 Ermittlungen nach gewalttätigen Übergriffen – 15 mit fremdenfeindlichem Hintergrund sowie drei islamfeindliche Taten, eine aus Christenhass und sechs Angriffe auf Schwule, Lesben und Transsexuelle.

In 52 Fällen wurden die Taten im Internet begangen. Steffen geht angesichts der Verrohung in sozialen Netzwerken von einer sehr hohen Dunkelziffer aus: „Viel zu wenige Menschen zeigen die Beleidigungen an.“ Dies liege auch an fehlendem Vertrauen, dass die Täter wirklich bestraft würden.

Eine neue Koordinierungsstelle soll dabei helfen, die Opfer zu einer Strafanzeige zu bewegen. Zudem brauche es einfachere Möglichkeiten, im Internet Strafanzeige zu erstatten. Um zusätzliche Verfahren schnell bearbeiten zu können, sollen neue Staatsanwälte eingestellt werden. „Den Bedarf wird die Justizbehörde nun ermitteln“, sagte Steffen.