Hamburg. Übt die Politik einen zu großen Einfluss auf die Strafverfolger aus? Der Bund Deutscher Kriminalbeamter teilt Fröhlichs Vorwürfe.

Übt die Hamburger Politik einen unangemessenen Einfluss auf die Staatsanwaltschaft aus? Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich hatte von „Vereinnahmungstendenzen“ gesprochen, relativierte die Aussagen nach einem Gespräch mit Justizsenator Till Steffen (Grüne) jedoch deutlich. Nun spricht auch die Vertretung der Kriminalbeamten von Problemen bei der Unabhängigkeit der Strafverfolger.

„Natürlich wird die Staatsanwaltschaft politisch massiv gesteuert“, sagte Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), dem Abendblatt. Nach seiner Erfahrung geschehe dies meistens subtil. „Allein über die Personalsteuerung lassen sich Effekte erzielen. So werden Abteilungen, in denen eine umfassende Strafverfolgung nicht politisch opportun ist, mit wenig Personal ausgestattet“.

Zudem würden politisch brisante Fälle mitunter offenbar gezielt Halbtagskräften zugeteilt, um sie mutmaßlich in die Länge zu ziehen. Es komme auch vor, dass „bestimmte Staatsanwälte, die ihren Aufgaben nachgehen, mit der Berichtspflicht und einem Haufen an zusätzlichen Fällen lahmgelegt werden“. Letztlich hingen persönliche Karrieren immer am Wohlwollen des Justizsenators, so Reinecke. „Allein das ist beeinflussend.“

Staatsanwaltschaft will Vorgang nicht mehr kommentieren

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft wollte die Aussagen Reineckes nicht kommentieren. Jörg Fröhlich hatte im Gespräch mit dem Abendblatt über „Vereinnahmungstendenzen der Justizverwaltung“ geklagt – ohne explizit seinen Dienstherrn, Justizsenator Till Steffen (Grüne), oder den Hamburger Senat zu nennen – und wörtlich gesagt: „Wir als Staatsanwälte haben das Gefühl, dass man uns zunehmend in unserer originären Rolle entmündigt und für justizfremde Zwecke missbraucht.“

Zudem plädierte er für die Abschaffung oder Einschränkung der Berichtspflicht gegenüber dem Dienstherrn – in Hamburg ist dies Justizsenator Steffen. Schließlich verfügten die Anklagebehörden durch ihre Ermittlungsarbeit über „politisch hochbrisante Erkenntnisse“ und seien damit „ein sehr wichtiges Insti­tut zum Machterhalt“.

Nach einem rund 40 Minuten langen Treffen zwischen Fröhlich und seinem Vorgesetzten Till Steffen am Mittwoch klang der „General“ indes viel konzilianter. In einer gemeinsamen Mitteilung heißt es nun: .„Ich möchte klarstellen, dass es in Hamburg keine Einflussnahme seitens der Politik auf die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften gegeben hat“, so Fröhlich. „Auch einen Missbrauch der Berichtspflicht gibt es in der Hamburger Praxis nicht.“

SPD fordert Befassung im Ausschuss

Er habe im Abendblatt nur in „allgemeiner Form auf die mit der Anbindung der Staatsanwaltschaften an die Exekutive verbundenen Gefahren“ hinweisen und für eine größere Nähe der Behörde zur Judikative werben wollen. Steffen wiederum betonte: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, das heißt, die Staatsanwaltschaften brauchen eine Kontrolle durch gewählte In­stitutionen, sonst fehlt ihnen die demokratische Legitimation. Die hierbei erlangten Informationen werden selbstverständlich nur zu diesem Zwecke genutzt“, so Steffen. Er sei aber offen dafür, „die Diskussion über eine stärkere Unabhängigkeit wieder aufzunehmen“.

Ganz anders waren Fröhlichs Äußerungen hingegen bei der Opposition und der mitregierenden SPD angekommen,. „Die bisher sehr vagen und grundsätzlichen Vorhaltungen von Generalstaatsanwalt Fröhlich bedürfen der Konkretisierung und Aufklärung. Der Justizausschuss der Bürgerschaft muss sich mit diesem Thema befassen“, so SPD-Justizsprecher Urs Tabbert. Eine Befassung des Justizausschusses fordern auch die AfD- und die CDU-Fraktion.